Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
Reittier nieder.
Das Einhorn versuchte, den blutüberströmten Kopf zu heben, und sank hilflos zurück.
„Musst du so schreien? Mein Kopf tut weh.“
Blutige Furchen zogen sich über die Flanken des Einhorns, und sein Brustkorb war eingedrückt. Sein Horn war dicht über dem Stirnansatz abgebrochen, so dass nur noch ein scharfkantiger Stumpf zu sehen war.
„Es tut mir leid“, sagte Rupert. „Es tut mir leid.“
„Nicht deine Schuld“, sagte das Einhorn. Seine Stimme brach, und es hustete blutigen Schaum.
Rupert begann zu weinen.
„Hör auf“, sagte das Einhorn unwirsch. „Du hättest sehen sollen, wie ich meine Gegner zugerichtet habe. Hast du das Ende des Regenbogens gefunden?“
Rupert nickte.
„Na schau mal einer an. Das war mal eine Queste, was, Junge? Man wird bis in alle Ewigkeit Lieder über uns singen.“
„Ja, und wieder alles völlig falsch darstellen“, sagte Rupert.
„Würde mich nicht überraschen“, sagte das Einhorn. „Ich glaube, ich werde mich jetzt ein wenig ausruhen, Junge, ich bin müde.“
„Einhorn?“
„Ich bin so müde.“
„Einhorn.“
Nach einer Weile kam Julia und kniete sich neben ihn.
„Es hat für mich sein Horn geopfert“, sagte Rupert bitter. „Was habe ich je für es getan, außer es in Gefahr zu bringen?“
„Es war dein Freund“, sagte Julia sanft.
Sie hätte ihm nicht schlimmer wehtun können.
„Rupert!“, schrie der Drache. „Dämonen!“
„Ich habe dir dein Schwert gebracht“, sagte Julia, während sie sich mühsam erhoben, und reichte Rupert die Klinge, die er am Ende des Regenbogens gefunden hatte. Rupert starrte die Waffe an und spürte heißen Zorn. Von allen Seiten stürmten Dämonen auf die Lichtung und brachten Dunkelheit. Im Feuerschein blitzten Fänge und Klauen. Der Drache richtete sich auf, eine Schwinge hing schlaff herab, aber er war unbesiegt. Julia stand vor Rupert, blutverschmiert, doch auch sie ungebeugt, und wartete darauf, dass er sein Schwert nahm und an ihrer Seite kämpfte, und das Einhorn lag sterbend zu seinen Füßen.
„Es war dein Freund.“
Rupert streckte die Hand aus und griff nach dem Schwert. Zorn und Trauer wallten in ihm auf, als ihm klar wurde, dass er keine andere Wahl hatte, als tapfer zu sterben und möglichst viele Gegner mit in den Tod zu reißen. Er schwang die Waffe, und plötzlich schienen sein ganzer Zorn, sein ganzer Schmerz, seine ganze Entschlossenheit in die Klinge und aus dieser hinaus in die lange Nacht zu strömen, immer weiter, wie ein mächtiger Schrei, der das Dunkel zum Duell forderte. Licht schoss aus dem Schwert, und die Dämonen duckten sich und wichen zurück, flohen Hals über Kopf, als ein Regenbogen mit dem Tosen gewaltiger Wasserfälle auf den Düsterwald herabdonnerte.
Die Zeit schien sich zu verlangsamen und schließlich stillzustehen. Leuchtende Farben versengten die Nacht, mähten die Dämonen nieder, die in Scharen auf den blutgetränkten Boden stürzten und reglos liegenblieben, und immer noch ergoss sich das schimmernde Licht auf die grotesken Gestalten, bis sie vergingen, ins aufgerissene Erdreich sickerten und darin verschwanden. Dann verschwand der Regenbogen, und die Nacht ergriff wieder Besitz vom Düsterwald.
In der jähen Stille wirkte das Knistern des Lagerfeuers unnatürlich laut. Mondlicht fiel durch eine breite Öffnung des verfilzten Astwerks, und wo der Regenbogen die Bäume berührt hatte, standen sie aufrecht und in voller Laubpracht. Rupert senkte langsam das Schwert und fixierte es lange, aber es war wieder nur ein Schwert. „Hm“, dachte er schließlich, „offenbar enthalten manche Legenden doch einen wahren Kern …“
„Kann mir jemand erklären, warum ich nicht tot bin?“, fragte das Einhorn.
„Einhorn!“ Rupert fuhr herum und sah, wie sein Reittier zitternd auf die Beine kam. Seine Wunden waren verheilt und hatten nur schwache Narben hinterlassen, und aus Maul und Nüstern floss kein Blut mehr. Rupert starrte das Einhorn mit offenem Mund an und untersuchte dann seine eigenen Wunden. Er hatte eine ganze Sammlung von Narben, aber nicht die Spur von Schmerzen. Er fühlte sich hervorragend.
„Mir fehlt auch nichts“, sagte eine verdutzte Stimme hinter ihm, und ehe Rupert sich umdrehen konnte, hatte Julia ihn gepackt und mit Bärenkräften an sich gedrückt. Sie legte ihm einen Arm um die Schultern, während er sich von dem Überfall erholte, und zerrte ihn im Laufschritt zum Drachen hinüber, der gerade vorsichtig seinen sauber
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