Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
irgendwie kam Julia das Geräusch schrecklich vertraut vor. Nicht genug, dass sie es schon auf ihrer Suche nach dem Südflügel vernommen hatte; ihr war, als müsste sie wissen, was es bedeutete, aber die Angst ließ keinen klaren Gedanken zu.
Ringsum nur Stille und Dunkel. Julia sah Bodeen an, der auf die Befehle des Seneschalls wartete. Es folgte eine kurze Dreier-Konferenz, die überwiegend aus Blicken, Achselzucken und Stirnrunzeln bestand, bis Julia die Geduld verlor und die Tür mit einem Tritt weit aufstieß.
Die Tür flog in quietschenden Angeln auf, und die schweren Holzbohlen knallten gegen die Wand. Das Echo schien sich endlos fortzusetzen, aber nichts und niemand kam, um nachzuforschen, was den Krach verursacht hatte, und so trat Julia nach einer Weile wortlos über die Schwelle, dicht gefolgt von Bodeen und dem Seneschall. Die Luft war stickig und dumpf, und der Modergeruch, der überall hing, ging Julia auf die Nerven. Der Seneschall hielt seine Laterne hoch, und dann keuchten alle drei, als der Lichtfächer auf Gold, Silber und Edelsteinen schimmerte, Pretiosen, die auf dem Boden verstreut lagen wie Spielzeug, das ein Kind umhergeworfen und nicht aufgeräumt hatte. Die Kostbarkeiten quollen aus umgestoßenen Eichentruhen, deren schwere Deckel abgerissen, deren Oberflächen angesengt und wie von mächtigen Pranken zersplittert waren. „Allem Anschein nach mit einem Brecheisen aufgestemmt“, dachte Julia wie betäubt. „Nun, wenigstens wissen wir jetzt, dass wir nicht die Einzigen hier sind.“ Sie spähte umher, aber in der engen Kammer hätte niemand die Möglichkeit gefunden, sich zu verstecken. Der Seneschall kehrte in den ersten Raum zurück, um die übrigen Türen zu öffnen, und Bodeen schob rasch sein Schwert in die Scheide, kniete neben einer der Truhen nieder und stopfte sich die Taschen mit Juwelen voll. Julia grinste und bückte sich zu ihm hinunter.
„Schleppt nicht zu viel mit“, warnte sie. „Vielleicht müssen wir uns den Weg freikämpfen.“
„Man muss die Gelegenheit nutzen“, antwortete Bodeen ruhig. „Das war schon immer mein Motto, und jeder dieser Klunker ist mehr wert als ein Jahressold. Außerdem sehe ich nirgends einen Gegner.“
„Jemand muss diese Truhen aufgebrochen haben“, sagte Julia, „und zwar erst vor kurzem.“
„Woher wisst Ihr das?“, fragte Bodeen stirnrunzelnd.
„Keine Spinnweben.“
Julia ließ ihn darüber nachdenken und schlenderte zu einem Wandhalter, an dem zwei Schwerter in ihren Scheiden hingen. Wenn es zum Kampf kommen sollte, brauchte sie eine richtige Waffe. Sie verstaute ihren Dolch im Stiefel und zog eines der Schwerter aus der Scheide, nachdem sie sorgsam die Spinnweben abgewischt hatte. Die Klinge blitzte selbst im Dämmerlicht und lag fabelhaft in der Hand. Als Julia prüfend mit dem Daumen über die Schneide fuhr, quoll Blut aus einem dünnen Schnitt.
Hinter ihr trat der Seneschall an das einzige Fenster der Kammer und drückte gegen die Fensterläden, bis sie auf knirschenden Scharnieren nach außen schwangen. Licht flutete den Raum, und über den mit Teppichen ausgelegten Boden rasten Dutzende von Spinnen, aufgeschreckt von der plötzlichen Helligkeit nach so vielen Jahren der Dämmerung. Bodeen keuchte und sprang auf einen Stuhl, aber die Tierchen fanden im Nu Zuflucht in zahllosen Ecken und Ritzen. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass alle Spinnen verschwunden waren, kletterte er so würdevoll wie möglich von seinem Stuhl. Julia schüttelte verdutzt den Kopf. Bei Ratten konnte sie das noch verstehen, aber ein solches Theater wegen einer Handvoll Spinnen?
Dann warfen sie und Bodeen sich gleichzeitig herum, als der Seneschall vor Schmerz und Entsetzen laut aufschrie.
Er ließ die Laterne fallen und stolperte blutüberströmt von der zweiten offenen Tür zurück. Im nächsten Augenblick brachen die Dämonen aus dem Dunkel jenseits der Tür hervor und fielen ihn an, gierig wie ein Fliegenschwarm, der ein Stück Fleisch erspäht hatte. Julia und Bodeen stießen ihre Schlachtrufe aus und drangen auf sie ein, und wie durch ein Wunder ließen die Dämonen von ihrer Beute ab und zogen sich ins Dunkel zurück, aus dem sie gekommen waren. Julia und Bodeen halfen dem Seneschall auf. Er blutete aus mehreren Wunden, und seine Augen starrten ins Leere, aber er atmete. Julia bückte sich geschwind, um die Laterne aufzuheben, aber das Licht war durch den Aufprall erloschen. Sie fluchte kurz und half dann Bodeen, den Seneschall ein
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