Das Regenwaldkomplott
vormittag einen Vertrag?«
»Ich freue mich, daß zwischen uns alles so reibungslos verläuft, Mister Yanamura.«
Assis prostete ihm mit dem Champagner zu. Yanamura hob sein Glas mit dem Fruchtsaft. »Auf unsere Zusammenarbeit!«
Yanamura schwieg, aber er stieß mit Assis an. Hinter der lächelnden Maske seines Gesichtes sah man nicht, was er dachte. Nur in seinen Augen lag ein Schimmer von Verachtung – aber das erkannte keiner.
* * *
Vier Tage waren sie nun auf dem Fluß, der für sie keinen Namen hatte.
So mühelos das Paddeln noch in der Nähe des Indianerdorfes gewesen war, so anstrengender wurde es flußaufwärts. Die Strömung verstärkte sich, abgerissene Grasinseln und tote, gebleichte Stämme trieben ihnen entgegen. Und dann sahen sie die erste Stromschnelle: ein Steinhaufen, über den das Wasser schäumte.
Sie lenkten das Kanu zum Ufer, zogen es aufs Trockene und warfen sich erst einmal erschöpft ins Gras. So lagen sie eine Weile, atmeten tief durch und hatten das Gefühl, als dampfte ihre Kleidung unter der Glut der Sonne.
»Ich habe die ganze Zeit überlegt und nachgerechnet, Senhor Minho«, sagte Gilberto Quadros, als die erste Erschöpfung überwunden war und sie nun im hohen Gras saßen. »Vielleicht klingt es zu märchenhaft, aber ich behaupte, wir sind auf dem Rio Parima. Es gibt sonst keinen größeren Fluß in dieser Gegend. Wenn das wahr ist, haben wir's geschafft. Dann erreichen wir Santo Antônio. Das ist nur eine Frage der Entfernung und der Zeit.«
»Und es gibt Siedlungen hier?«
»Bestimmt.«
»Auf meinen Karten war aber keine einzige zu finden.«
»Weil es offiziell keine Siedlungen gibt. Es sind vorgeschobene Camps der Holzfäller. Zuerst wird eine Straße in den Wald geschlagen, dann beginnt die Rodung. Aus der Luft sieht sie aus wie ein Fächer, verziert mit blitzenden Edelsteinen – das sind die Bulldozer und Raupenwagen, die Kräne und die schweren Holzlaster. Links und rechts der Straße liegen die Fertigbaracken und Zelte der Fäller. Und ein paar Wohnwagen – das sind die Puffs. Ohne Weiber geht hier gar nichts.«
Sie blieben noch eine Zeitlang sitzen, rafften sich dann auf, kühlten im Flußwasser ihr Gesicht und tranken sogar von dem Wasser, so rein schien es ihnen.
Dann gingen sie zu ihrem an Land gezogenen Kanu und blickten stromaufwärts.
»Das sind gut zweihundert Meter, die wir schleppen müssen«, sagte Minho und deutete auf die Stromschnelle.
»Nur zweihundert. Es hätte auch schlimmer sein können.« Gilberto trat drei Schritte in den Fluß hinein und musterte den Weg, den sie nehmen mußten. »Ich glaube, es ist am besten, wenn wir im Fluß bleiben und am Ufer entlang das Boot tragen. Solange wir stehen können, ist alles gut, gegen die Strömung müßten wir ankommen. Bleiben wir auf dem Land, müssen wir uns einen Weg durch den Dschungel schlagen. Das ist dann doppelte Arbeit.«
»Und die Piranhas?«
»So nahe ans Ufer kommen die nicht. Wir müssen es einfach versuchen. Packen wir es an, Senhor.«
Sie verstauten die Paddel im Kanu, hängten sich die Gewehre und ihre Sachen um. Dann traten sie an das Kanu, Gilberto vorn, Minho hinten, bückten sich und schoben die Hände unter den Kiel. Gilberto zählte laut.
»Eins … zwei … drei … hopp!«
Mit einem Ruck stemmten sie das Kanu hoch und legten es sich über ihre Schultern. Es war leichter, als sie zunächst gedacht hatten, aber immerhin doch so schwer, daß Minho für einen Moment in den Knien einknickte. Gilberto merkte es sofort.
»Haben Sie alles im Griff, Senhor?« rief er.
»Alles in Ordnung, Gilberto.«
»Können wir?«
»Wir können.«
Gilberto ging bis zu den Knien in den Fluß, dann blieb er stehen, wartete, bis Marco, der hinten ging, festen Fuß gefaßt hatte. Sie mußten sich vorsichtig vorantasten, denn das Flußbett war rutschig, mit seinen glattgeschliffenen Steinen und dem abgesetzten Schlamm, der unter ihren Schritten in dichten Wolken aufwirbelte. In Ufernähe war die Strömung nicht stark, sie war gefährlicher in der Mitte des Flusses, da, wo das Wasser um eine Steinbarriere wirbelte, schäumte und zischte. So dicht am Ufer mußten sie allerdings auf die Mangrovenäste aufpassen, in denen mehr als einmal das Kanu hängenzubleiben drohte. Tief gebückt kämpften sie sich weiter.
Mit jedem Meter wurde das Kanu schwerer und drückte sich in die Schultern ein. Schweiß rann über Minhos Gesicht, in die Augen, in den Mund, den er keuchend aufgerissen hatte, um Luft zu
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