Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
blickte.
    »Pater, Sie beherrschen doch die Yanomami-Sprache?«
    »Perfekt.«
    »Und Ihr Herz schlägt für die Indios!«
    »Mein Herz schlägt für jedes Gottesgeschöpf.«
    »Ich will keine Predigt hören.« Bilac sah den eineinhalb Kopf größeren Pater scharf an. »Soweit ich informiert bin, sollte ein Priester immer die Wahrheit sprechen. Lügen sind Sünden, stimmt das?«
    »Du hast beim Religionsunterricht gut aufgepaßt, mein Sohn«, antwortete Ernesto salbungsvoll. Bilac starrte ihn entgeistert an.
    »Was … was erlauben Sie sich!« rief er dann. Ernestos Blick war voll Güte.
    »Du hast mich in meiner Eigenschaft als Priester angesprochen, mein Sohn.«
    »Lassen Sie den Unsinn, Pater! Lügen Sie nicht! Wer hat die Yanomami gewarnt?«
    »Das weiß nur Gott.«
    »Den kann ich nicht fragen.«
    »Schade.« Ernesto hob die breiten Schultern. »Ich kann Ihnen nicht helfen.« Er schüttelte scheinheilig den Kopf. »Das Dorf war leer? Sie haben keinen mehr gesehen?«
    »So ist es. Und ich kann mir vorstellen, wem ich das zu verdanken habe.« Der Coronel wandte sich ab. Seine Stimme war wieder gefährlich leise geworden. Dann sagte er: »Ich ahne, wohin sie geflüchtet sind.« Er zeigte auf die andere Flußseite. »Dort in den Wald.«
    »Dazu braucht man Kanus. Wo sind die geblieben?«
    »Ja, wo sind die geblieben?« äffte Bilac Pater Vincence nach. »Das ist mir hinterher auch aufgefallen. Alle Kanus sind weg! Und sie hatten Kanus.«
    »Eine ganze Menge.« Ernesto schüttelte den Kopf. »Sie glauben doch wohl nicht, daß die Yanomami beim Marsch durch den Regenwald ihre Kanus auf dem Rücken mitschleppen?! Sie mögen primitiv sein, aber nicht idiotisch. Viel logischer ist es, daß sie mit den Kanus flußabwärts gefahren sind, um sich dort irgendwo an einem Nebenfluß neu anzusiedeln.«
    »Daran habe ich auch schon gedacht.« Bilac blickte über den Fluß. Dicke Rauchschwaden zogen vom brennenden Dorf über ihn hinweg. »Wir werden den Rio Parima und seine Nebenarme absuchen. Wieviel Boote haben Sie, Pater Vincence?«
    »Nur die beiden Aluminiumboote. Sie fassen nicht mehr als zwanzig Mann.«
    »Ich werde in Boa Vista ein flußgängiges Schiff anfordern.« Bilac grinste hämisch. »Wir stehen nicht unter Zeitdruck. Das Dorf gibt es nicht mehr, und die Yanomami brauchen auch Zeit, bis sie ihren neuen Platz gefunden haben. Ob heute, in einer Woche oder in einem Monat – wir kriegen sie!« Er sah alle Umstehenden mit stechenden Augen an. »Ihre Warnungen waren also zwecklos! Ich glaube, Sie unterschätzen mich. Das ist ein großer Fehler. Merken Sie sich das!«
    Die Polizeitruppe zog zur Missionsstation zurück. Beja, der mit den anderen beim brennenden Dorf zurückgeblieben war, schob die Unterlippe vor. Nachdenklich blickte er in die Flammen.
    »Ich weiß nicht«, sagte er dann langsam und betont, »was mit Santo Antônio geschehen wird. Der Coronel läßt diese Niederlage nicht auf sich sitzen. Patres, rechnen Sie mit dem Schlimmsten. Wer Bilac zum Feind hat, bekommt keine Luft mehr. Und ich, das muß ich deutlich sagen, kann Ihnen nicht helfen. Nicht mehr – auch wenn ich es wollte.«
    »Wir können uns selber helfen«, antwortete Pater Vincence fest. »Und Gott wird uns auch helfen.«
    »Darauf würde ich mich nicht zu sehr verlassen. Die Politik wird in Boa Vista, Manaus und Brasilia gemacht, nicht im Himmel.« Beja wandte sich ab, und auch die anderen verließen das brennende Yanomami-Dorf. Der Rauch zog träge über den Fluß, der beißende Brandgeruch breitete sich über alles aus. »Man sagt, Politiker unterlägen einem Trägheitsgesetz … aber es kann auch schnell gehandelt werden. Denn hinter den Politikern steht die Macht des Geldes, aber wem erzähle ich das denn?! Wir wissen doch alle, worüber man nicht spricht. Wir alle sind doch mehr oder weniger davon abhängig.«
    »Ich habe nur einem zu gehorchen – Gott!«
    »Und der kann Sie vor dem Irdischen nicht schützen, Pater Vincence. Warten wir die nächsten Tage ab.«

* * *
    In der weißen, schloßähnlichen Villa von Miguel Assis in Manaus war ein wichtiger Besuch eingetroffen.
    Assis, seine schöne Frau Guilhermina und seine beiden Söhne gaben ein festliches Bankett, das den ganzen Reichtum der Assis widerspiegelte, um dem Gast zu imponieren. Livrierte Diener servierten die Getränke, legten die neun Gänge des Dinners vor. Eine zehn Mann starke Kapelle spielte Samba- und Tangoklänge, eine Tanzgruppe aus wunderschönen Mädchen zeigte

Weitere Kostenlose Bücher