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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Mensch, das sollten Sie wissen.«
    »Ich weiß es, Senhor Coronel.« Ernesto erwiderte Bilacs stechenden Blick mit Ruhe und Gelassenheit. »Jeder in Roraima kennt Ihren Ruf. Sie werden gefürchtet, das wollten Sie doch andeuten. In Boa Vista mag das möglich sein, hier in Santo Antônio kennt man keine Furcht. Mit Angst kann im Regenwald keiner überleben. Es gibt Leben oder Tod, und dazwischen ist der Tag, und jedesmal muß dieser Tag neu erkämpft werden. Mit Drohungen erreichen Sie hier nichts, gar nichts.«
    »Zum letztenmal: Wer weiß, woher der rote Pfeil kommt?!« sagte Bilac. Seine Stimme war plötzlich leise geworden, sanft, als streichele er mit Worten. Ribateio fühlte, wie es ihm kalt über den Rücken lief.
    Die Männer schüttelten die Köpfe und bemalten sich weiter. Nur in ihren dunkelbraunen, fast schwarzen Augen erkannte Ernesto ihre innere Anspannung.
    »Also gut.« Bilac wandte sich ab und winkte Ribateio heran. »Das Dorf wird heute noch verbrannt. Wer sich wehrt, wird erschossen.«
    »Wie Sie befehlen, Senhor Coronel.« Ribateio verzog keine Miene, aber sein Gesicht war blaß geworden. Verhören, auspeitschen, Dunkelhaft, Entzug von Essen und Wasser und andere kleine Tricks, mit denen man einen Schweigenden mürbe machen kann – ja, das konnte man machen. Aber ein ganzes Dorf abbrennen, die Frauen und Kinder in den Wald treiben, die Männer erschießen, das war auch Ribateio zuwider.
    »Und jetzt sehen wir uns das Dorf noch einmal an, bevor es zu Asche wird.« Bilac warf einen langen Blick auf die beiden Patres. »Sie sollten uns helfen«, sagte er mit seiner unheimlichen, gedrosselten Stimme, »aber nicht in den passiven Widerstand gehen. Vielleicht sagen Ihnen die Indios mehr, sie haben Vertrauen zu Ihnen, an Ihrer Stelle würde ich mich bemühen, das Dorf zu retten.«
    »Wir brauchen nicht zu fragen, Senhor Bilac.« Pater Vincence blickte in das Männerhaus. Der Medizinmann hockte vor seinem Feuer und rührte in einem Pflanzenbrei, dessen Zusammensetzung nur er kannte. Ein beißender Gestank wehte ins Freie. »Unsere Yanomami haben Ramos nicht getötet. Sie können es gar nicht getan haben.«
    »Beweise!«
    »Es ist ganz einfach: Die Yanomami können nicht lesen und schreiben. An dem Pfeil aber stak ein Zettel mit dem Todesurteil, in portugiesischer Sprache. Wie kann ein Analphabet schreiben, und dann noch in einer fremden Sprache?«
    Bilac sah Vincence verblüfft an. Das war ein Argument, unschlagbar, unwiderlegbar. Der auf den Pfeil gespießte Zettel konnte niemals von einem Indio geschrieben worden sein. Aber gleichzeitig erkannte Bilac auch, daß er sich in seiner Wut lächerlich gemacht hatte. Er drehte sich mit einem Ruck zu den Polizisten um, aber auf keinem Gesicht sah er auch nur die Andeutung eines Grinsens. Wer hätte das bei Bilac auch gewagt. Nur Pater Ernesto wippte auf den Zehenspitzen auf und ab.
    »Das nennt man Logik«, sagte er. »Schade, daß Sie um Ihren Nero-Effekt kommen. Der römische Kaiser ließ damals Rom anzünden, um die Christen zu vernichten, denen er jede Schuld zuwies. Wollen Sie hier am Rio Parima einen zweiten Nero spielen?«
    Bilac antwortete nicht. Nur sein Gesicht lief rot an, er drehte sich um und stiefelte an den offenen Malocas entlang.
    Die Frauen und Kinder starrten ihm treuherzig entgegen und setzten ihre Arbeit fort. Sie waren es gewöhnt, von den Weißen gemustert zu werden. Täglich kamen neue Goldsucher nach Santo Antônio, übernachteten in Zelten bei der Mission und kamen am Abend in die Shabonos, um zu tauschen. Ein Metallsieb gegen ein junges Mädchen, Seife, Zahnbürste, Zahnpasta und Schleifsteine gegen eine Nacht im Zelt. Einer hatte sogar ein Radio mit Batterien geboten für die dritte Frau des Häuptlings, ein Mädchen mit großen, noch straffen Brüsten.
    Vor einer Maloca blieb Bilac plötzlich stehen und zeigte mit ausgestrecktem Arm auf eine Frau. Sie lächelte den weißen Mann an und arbeitete ruhig weiter. Ein kleiner Junge von zwei Jahren kroch zu ihr und schmiegte sich an ihre nackte Hüfte. Die Frau kniete vor einem großen, runden, geflochtenen Korb aus Palmfasern und bemalte ihn mit beiden Händen mit roter Farbe.
    »Sieh an! Und was ist das?« rief Bilac und drehte sich triumphierend zu Pater Vincence um.
    »Eine Frau färbt ihren Korb mit roter Farbe. Sie wird aus den Früchten des Urucu-Baumes gewonnen. Die Indios nennen diese Farbe Nara.«
    »Ich will nicht über Botanik belehrt werden! Hier wird mit roter Farbe

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