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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gearbeitet, das allein ist wichtig.«
    »Rot, Blau und Schwarz sind die Lieblingsfarben der Yanomami.«
    »Den Pfeil!« Bilac schnippte mit den Fingern. Ein Polizist reichte ihm den Pfeil, mit dem Ramos getötet worden war. Der Coronel betrat die Hütte, stieß die jetzt entsetzt aufblickende Frau zur Seite, so brutal, daß sie fast über ihr Kind gefallen wäre, und hielt den roten Pfeil an den roten Korb. »Ist das nicht die gleiche Farbe?« fragte er und sah Pater Vincence provozierend an. »Ganz genau die gleiche rote Farbe! Da haben wir den Beweis, Pater! Das genügt …«
    »Sie werden in allen Shabonos der Yanomami diese rote Farbe finden. Das beweist gar nichts.«
    »Mir genügt es!« Er tippte mit dem Pfeil auf den Rand des großen Korbes und winkte mit der anderen Hand zu Ribateio hinüber. »Tenente, heute abend wird das Dorf verbrannt. Der Mörder lebt hier. Das stelle ich hiermit fest.«
    »Und der Zettel?« fragte Pater Ernesto.
    »Lassen Sie mich in Ruhe mit Ihrem dämlichen Zettel. Den kann ein Garimpeiro, der vorübergekommen ist, als makabren Scherz an den Pfeil geheftet haben. Ja, genauso war es: Der Indio erschießt Senhor Ramos, und ein Goldgräber macht sich einen verdammten Scherz. Das paßt zusammen.«
    »Sie wissen, Senhor Bilac, daß dies nicht der erste Mord ist. Es ist der zwölfte. Und immer stak ein Zettel an dem Pfeil mit einem Todesurteil. Vier Tote wurden in einem Gebiet gefunden, in das unsere Yanomami nicht hinkommen, jenseits der Goldgräbercamps. Der Rote Pfeil ist schon Tagesgespräch unter den Garimpeiros. Vier Grubenbesitzer haben eine Belohnung von 250 Gramm reinen Goldes ausgesetzt, wenn man eine Spur des Roten Pfeils entdeckt. Das alles wissen Sie – und wollen dennoch das Dorf niederbrennen.« Pater Ernesto trat drei Schritte vor und stand dicht vor Coronel Bilac, der noch immer mit dem Pfeil gegen den roten Korb schlug. »Ich weiß«, fuhr er fort, »daß die Indios für Sie keine Menschen sind. Die Welt wird anders denken, wenn ich ihr einen Mörder wie Sie vorführe.«
    »Das haben Sie gut gesagt, Pater.« Bilac sprach wieder leise, fast mit einer beschwörenden Stimme. »Das werde ich Ihnen nicht vergessen. Das bricht Ihnen und der Mission den Hals. Das ist ein Schwur, Pater, verstehen Sie, ein Schwur! Und den muß man halten.«
    Coronel Bilac ließ am Abend das Dorf der Yanomami nicht abbrennen. Er hatte einen anderen Plan gefaßt, den er als eine Warnung ansah.
    »Bringen Sie mir einen dieser Affen her«, sagte er zu Ribateio. »Irgendeinen … am besten wäre der Kerl, dem man die Schlange auf die Brust gemalt hat. Ich möchte mich mit ihm unter vier Augen unterhalten.«
    »Senhor Coronel, Sie verstehen doch Yanomami?« fragte Ribateio etwas verwirrt. »Ich dachte –«
    »Meine Sprache wird er verstehen.« Bilac griff nach dem Glas, das vor ihm auf dem Tisch stand. Weißer Rum, mit Orangensaft aufgefüllt. »Es ist eine internationale Sprache.«
    Eine halbe Stunde später lieferten Sergento Perinha und zwei Polizisten den Indio mit der gemalten Schlange bei Bilac ab. Der Yanomami hatte sich nicht gewehrt, wie der Sergento berichtete, nur der Medizinmann hatte ihn mit einer Art Öl eingerieben, bevor er abgeführt wurde. Auf dem Shabono hatte sich der ganze Stamm versammelt und sah stumm zu, wie man den Mann in den Jeep setzte und mit ihm davonfuhr. Sein Körper glänzte von dem Öl. Es stank faulig wie ein verrotteter Stumpf, aber die Pflanzensäfte, die beigemischt waren und die nur der Medizinmann kannte, drangen durch die Poren und machten den Körper schmerzunempfindlich. Was man mit dem Indio auch anstellte, er würde es ohne einen Klagelaut ertragen, so, als habe er keine Nerven mehr, die ein Schmerzgefühl ausstrahlten.
    Bilac betrachtete den Yanomami und rümpfte die Nase. »Welch ein penetranter Gestank«, sagte er voller Ekel. »Man sollte das von seiner Haut kratzen.« Ein energischer Wink der Hand galt Perinha. »Lassen Sie uns allein, Sergento.«
    Dann standen sie sich gegenüber, der stolze Indio und der bullige Weiße. Der eine nackt bis auf seinen Penisgürtel, der andere in der Uniform der Polizei, mit silbernen Sternen auf den Schulterklappen. Die mit dem Öl eingeriebene schwarze Schlange auf der Brust des Yanomami glänzte im Licht der Neonlampe an der Decke. Seit zehn Jahren gab es auf der Missionsstation elektrischen Strom; ein durch eine Sammlung in Italien geschenkter Generator erzeugte ihn. Pater Franco hatte es noch erlebt. Er drehte nach

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