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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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glichen, spitz und messerscharf.
    »Heute ist mein Glückstag!« sagte Marco Minho und stieß Gilberto den Ellbogen in die Seite. »Gratulieren Sie mir.«
    »Zum zukünftigen Schrumpfkopf?«
    »Ich habe soeben eine neue, völlig unbekannte Hunderasse entdeckt.«
    »Diese häßlichen Kläffer da?«
    »Es gibt keine häßlichen Hunde. Es gibt nur verschiedene. Ganz gleich, wie ein Hund aussieht, wenn man in seine Augen blickt, spürt man sein Herz. Haben Sie jemals einem Hundeblick widerstehen können?«
    »Ich hatte Besseres zu tun, als Hunden in die Augen zu sehen.«
    »Schade, Gilberto, da haben Sie viel im Leben versäumt.«
    Der große Fisch Arapaima, den die Indianer auch Pirarucu nennen, wurde mit beifälligem Geschwätz aufgenommen und sofort in eine der großen Hütten getragen. Der Anführer, der sich als Häuptling des Stammes entpuppte, winkte Marco und Gilberto zu und führte sie zum Männerhaus. Dort lagen nebeneinander vier große Affen, ein Pekaris, auch Nabelschwein genannt, und sechs große Schildkröten mit einem hornigen, graugelben Panzer – das Abendessen des Stammes, erlegt mit Giftpfeilen oder Blasrohren.
    Marcos Gesicht glänzte vor Freude. Er legte seinen Arm um die Schulter des Häuptlings, und merkwürdigerweise ließ dieser es zu, daß so ein fremdes Wesen ihn berührte.
    »Nummer zwei«, rief Minho begeistert. »Eine bis jetzt völlig unbekannte Schildkrötenart.«
    Der Häuptling, der ihn ja nicht verstand, lachte dennoch mit ihm. Vielleicht dachte er, daß die Jagdbeute auch den weißen Menschen erfreute. Dann machte er die gleiche Handbewegung wie vorher Marco, was hieß: Du bist mein Gast. Alles gehört auch dir.
    »Bisher gab es vor allem am Amazonas sieben Schienenschildkrötenarten, die eßbar sind, die Gruppe der Podocnemis. Sie sind groß, schmecken hervorragend und werden deshalb von den Indianern besonders gern gejagt. Andere Schildkröten, wie die Matamata – lateinisch Chelus fimbriatus –, sind ungenießbar.«
    »Sie haben Sorgen, Senhor«, erwiderte Gilberto erregt. »Ich denke an meinen Kopf, und Sie sprechen lateinisch mit mir!«
    »Das ist mein Beruf. Aber warum haben Sie noch Angst? Einen Gast tötet man nicht. Die Gastfreundschaft ist bei den Wilden noch echt und unverfälscht, im Gegensatz zu unserer zivilisierten Gesellschaft, die mit einem Gast tafeln und ihn hinterher umbringen kann. Eine Spezialität der Mafia. So etwas gibt es hier nicht.«
    Mit sichtbarem Stolz führte der Häuptling seine Gäste durch das Dorf. Die Frauen und Kinder kamen aus ihren Hütten und Verstecken hervor und starrten die fremden Wesen mit der weißen Haut und den seltsamen Körperbedeckungen an. Alle Scheu war verflogen. Nun kam die Neugier zum Vorschein und ließ auch sie zutraulicher werden. Einige Frauen berührten sogar vorsichtig die Hose und das Hemd von Marco und schwatzten dann aufgeregt miteinander. Wie sich das anfühlt! So weich und geschmeidig, ganz anders als die Tücher aus Palmfasern oder geschlitzten Lianen.
    Der Häuptling führte sie auch zu einem Uferstück, wo man mit dicken Baumstämmen und Steinen eine große Bucht vom Fluß abgetrennt hatte. In diesem stehenden Gewässer schwammen und krabbelten eine Menge besonders großer Schildkröten; einige von ihnen waren so groß, daß Gilberto sie auf einen Zentner Gewicht schätzte. Der Häuptling sah Marco fragend an. Minho nickte ihm anerkennend zu und klatschte in die Hände. Große Freude ließ das Indianergesicht aufleuchten. Händeklatschen, das verstand ein jeder, auch im Dschungel bei den Indianern.
    Marco wandte sich an Gilberto, der ohne viel Interesse die Bucht anblickte.
    »Es ist erstaunlich, daß es hier auch so etwas gibt.«
    »Was?«
    »Eine Schildkrötenfarm, wie man sie sonst nur in der Várzea, den überschwemmten Gebieten des Amazonasbeckens, zur großen Regenzeit findet. Da kann der Fluß Hochwasser bis zu zwölf Meter haben.«
    »Das kenne ich.« Gilberto verzog den Mund. »Obwohl mein Haus weit vom Ufer entfernt und auf Stelzen steht, habe ich schon mal nasse Füße bekommen.«
    »Um nicht zu verhungern und natürlich um Geld zu verdienen, legen die Indianer von Várzea solche Schildkrötenfarmen an. Eine solche Zucht ist einträglicher als eine Viehherde. Vor allem werden Schildkröten der Art Arrau gezüchtet, Podocnemis expansa …«
    »Aufhören!«
    »Die Arrau-Schildkröte ist ein phänomenales Tier. In einem Teich von der Größe von einem Hektar – Platz ist ja genug vorhanden im Regenwald

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