Das Reich der Dunkelelfen - Weltennebel
ins Ohr.
»Die Gefahr ist noch nicht gebannt«, warnte sie. »Die Geister des Meeres sollen in der Nähe der Insel besonders bösartig sein. Sie versuchen mit aller Macht, Eindringlinge fernzuhalten.«
»Allerdings«, bestätigte Nordhalan kaum hörbar, und warf Aramia einen Blick zu, den sie richtig deutete: Wir sollten die Männer nicht noch mehr verängstigen, als sie es ohnehin schon sind.
Immer wenn das Segelschiff einen der hohen Wellenberge erklomm, konnte man jetzt schon für einen kurzen Augenblick die schroffe Küste der Insel erkennen, aber bevor sie auch nur überlegen konnten, wo sie anlegen sollten, kehrten die Windgeister zurück und zerrten das Boot in eine ganz andere Richtung. Erneut versuchte Aramia sie zu beschwichtigen, doch nun krochen auch nebelhafte Kreaturen am Schiff hinauf, die an die Leichen ertrunkener Seemänner erinnerten. Sie hatten menschliche Züge, sahen jedoch ungesund bläulich grün aus und streckten ihre mit Seetang behängten Hände nach den Reisenden aus. Auch diese Wesen konnte Aramia mit ihren Beschwörungen zurückdrängen, aber sofort nutzten die Windgeister die Gelegenheit und schlugen abermals zu. Heulend rasten sie um das Segelboot, zerrten an den Segeln, dass sich die Masten bogen und das Holz bedrohlich knarrte, sodass das Boot zu kentern drohte. »Holt die Segel ein, wir müssen rudern!«, brüllte Rukan gegen den tobenden Sturm, und Utz zog Torgal, Darian und Nassàr mit sich zu den Segeln, wo sie hektisch darum kämpften, diese den Windgeistern zu entreißen. Währenddessen hieben Atorian und Fendor erfolglos mit ihren Schwertern nach den schrecklichen Kreaturen, die dem Wasser entstiegen und ihre klammen Hände erneut nach den Lebenden ausstreckten. Einzig Nordhalans blaues Feuer, welches aus seinem Zauberstab schoss, drängte die Wesen ein wenig zurück. Nachdem die Segel endlich eingeholt waren, begannen alle Männer zu rudern. Aramia rannte mal hierhin, mal dorthin, und bemühte sich zusammen mit Nordhalan, die Geister in Schach zu halten. Wie ein Spielball wurde das Schiff durch die Wellen geworfen. Mit vereinten Kräften kämpften die Männer gegen die tobende See, ihre Gesichter ebenso angespannt wie ihre Muskeln, denen nun alles abverlangt wurde. Die Insel schien schon zum Greifen nahe. Aramia stand am Heck und bemühte sich, einen besonders hartnäckigen Wassergeist zurückzudrängen. Sie beugte sich gerade gefährlich weit hinab, als sie einen Warnschrei hörte. Zu spät erkannte sie, dass sich eine haushohe Welle vor dem Boot erhoben hatte, da wurde sie auch schon erfasst und über die Reling gespült.
Kapitel 11
Der Kreis der Seelen
Samukal befand sich im äußersten Verteidigungsring und übte sich im Bogenschießen. An sich bevorzugte er das Schwert, aber heute genoss er die meditative Ruhe, die sich ihm bot, wenn der Pfeil sich surrend von der Sehne löste und sein Ziel in der dicken Strohscheibe fand. Gerade legte er einen neuen Pfeil auf, als er Elysia mit Kayne an der Hand auf sich zueilen sah. Ein Lächeln überzog sein Gesicht mit dem gestutzten Bart, und er ging in die Knie, um den kleinen Jungen zu begrüßen.
Elysia rang nach Luft und hatte stark gerötete Wangen, was darauf hinwies, dass sie schnell gelaufen war. »Lord Samukal, ein Bote kam mit der Nachricht, König Rocal sei tot.« Ihre Augen waren weit aufgerissen. »Man sagt, er sei vergiftet worden!«
»Ach wirklich?« Samukal hob eine Augenbraue. »Welch ein Verlust.« Er erhob sich, zielte auf die Strohscheibe und nickte dann zufrieden, als ein weiterer wohlplatzierter Pfeil mit einem satten »Tock« genau die Mitte traf.
»Was ist, wenn es die Rache der Zwerge war?«, jammerte Elysia und nahm ihren Sohn auf den Arm. »Vielleicht wird auch Kayne Opfer ihres Zornes?«
»Sei unbesorgt«, liebevoll streichelte Samukal dem kleinen Jungen über den Haarschopf, »Kayne ist sicher, dafür verbürge ich mich.«
Und es waren auch nicht die Zwerge, die Rocal vergiftet haben, fügte er in Gedanken hinzu, und ein teuflisches Grinsen zeigte sich auf seinem Gesicht.
Immer wieder schlug Aramia Atorian auf den Rücken, und als er endlich hustend und keuchend zu sich kam, atmete sie erleichtert auf. Schließlich erbrach er einen weiteren Schwall Salzwasser und drehte sich um. Zornig blickte sie auf ihn herab und pflückte sich eine glitschige Alge aus den klatschnassen Haaren. »Verdammter Idiot, warum bist du denn ins Wasser gesprungen?«
»Ich wollte dich retten«, keuchte Atorian und
Weitere Kostenlose Bücher