Das Reich der Finsternis - Verdammt: Band 2 (German Edition)
Barfuß tappte sie über den kurzen Flur ins Badezimmer. Als sie auf dem Rückweg war, blieb sie vor der Zimmertür stehen. Sie erwog, noch einmal nach der Koboldin zu rufen, als sie vom Dachboden her leise, schleifende Geräusche hörte. Also trieb sie sich noch immer dort oben herum.
Mona griff nach der Klinke und zog die Tür langsam auf. Steil und schmal führte die Treppe hinauf und verlor sich scheinbar im Nichts. Unvermittelt kehrte die alte Furcht zurück. Wollte sie wirklich mitten in der Nacht alleine da hinauf? Oder sollte sie Patrick wecken? Oder bis morgen warten?
Cera trat mit einem leisen Winseln zu ihr.
»Ach was«, raunte Mona dem Hund ins Ohr. »Oben ist nur ein Kobold. Was sollte sonst dort sein? Es gibt nichts, wovor wir uns fürchten müssten, also komm. Ich helfe dir.«
Sie packte mit der einen Hand Ceras Halsband und schob mit der anderen von hinten ein wenig nach. So gelangten sie ohne Schwierigkeiten auf den Dachboden.
Mona blieb stehen und sah sich um. Auf den ersten Blick hatte sich nichts verändert. Sie konnte nicht erkennen, was die verschiedenen Geräusche verursacht hatte. Der Mond schien zum Fenster herein und schnitt einen silbernen Streifen aus den staubigen Dielenbrettern. Der Rest schimmerte eher in schummrigem Rot. In einer Ecke raschelte es, doch das war vermutlich eher eine Maus als ein Kobold. Cera drückte beruhigend ihr warmes Fell gegen ihre Beine, war aber mucksmäuschenstill. Ihre Körperhaltung verriet, dass sie aufmerksam war, vielleicht ein wenig angespannt, doch sie konnte offenbar keine Bedrohung ausmachen.
»Finola, zeig dich«, forderte Mona noch einmal und behauptete: »Ich weiß, dass du hier bist.«
»Das kannst du gar nicht wissen«, erklang die Stimme der Koboldin. Dann wurden ihre Umrisse sichtbar. Sie trat hinter einem Stapel Kisten hervor. Einige Spinnweben hingen in ihren Locken und sie nieste herzhaft.
»Stimmt, ich habe es lediglich vermutet«, gab Mona zu und fürchtet schon, Finola würde ihr die List übelnehmen, doch die Koboldin grinste.
»Du lernst schnell. Was willst du? Es muss ja einen Grund haben, dass du mitten in der Nacht auf den Dachboden steigst und dir die Füße schmutzig machst.«
Mona sah zu ihren nackten Füßen hinunter. Selbst im Zwielicht konnte sie ahnen, dass sie fast schwarz von Ruß und Schmutz waren, die sich hier im Laufe der Jahre angesammelt hatten. Na egal.
»Ich wollte dich etwas fragen«, antwortete Mona.
»Ach ja? Und das hat nicht Zeit bis morgen?« Die Koboldin wirkte interessiert.
»Nein, ich konnte nicht einschlafen, weil ich immer daran denken musste. Und weil du hier auf dem Dachboden ständig irgendwelche Geräusche gemacht hast.«
Das Letzte ignorierte die Koboldin. Sie ließ sich auf dem Boden nieder, legte die Hand ans Kinn und sah mit ihren schimmernd braungoldenen Augen zu Mona auf.
»Nun, dann schieß mal los. Was gibt es so Wichtiges, das nicht warten kann?«
»Sind Papier und Tinte magisch?«, platzte Mona heraus.
Sie wusste nicht, was Finola erwartet hatte. Das ganz sicher nicht, denn sie starrte entgeistert zu dem Mädchen hoch. Vermutlich überlegte sie zuerst, ob Mona sie mit dieser Frage auf den Arm nehmen wollte, zumindest sagte ihr misstrauischer Blick das.
»Bitte, es ist wirklich wichtig!«
»Ja, hm, Papier stammt von Bäumen und Pergament wird aus der Haut von Tieren gemacht, und da alle Lebewesen, ja eben die ganze Natur Magie in sich tragen, ist auch ein wenig von ihr in jedem Ding. War es das? Gehst du jetzt schlafen?«
Mona schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Wenn du sagst, ein wenig Magie, ist es dann so viel, wie beispielsweise in den Kartons dort oder den alten Möbeln in der Ecke?«
Finola wandte sich um und betrachtete die in der Dunkelheit matt schimmernden Gegenstände.
»Ja, vielleicht. Mal mehr, mal weniger.«
»Ja, aber doch nicht so viel, wie beispielsweise in einem Menschen oder gar in einem Magischen, nicht wahr?«, hakte Mona nach und beobachtete die Koboldin genau. Als diese bestätigend nickte, stöhnte Mona auf.
»Das ist es! Das ist die Lösung unseres Rätsels!«, rief sie begeistert.
»Schön für dich«, brummte Finola. »Und, darf ich auch wissen, worum es geht?«
»Aber ja! Hol den Brief noch einmal aus seinem Versteck.«
Misstrauen schlich sich in Finolas Miene. »Warum? Willst du versuchen, ihn mir wegzunehmen? Das wird dir nicht gelingen. Ich bin eine Koboldin und du nur ein Menschenmädchen.«
Mona winkte ab. »Nein, ich will ihn dir
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