Das Reich der Finsternis - Verdammt: Band 2 (German Edition)
Finola nickte, rief sie empört: »Und uns lässt du hier eine Ewigkeit suchen!«
»Vielleicht hatte ich es vergessen«, meinte die Koboldin, aber keiner wollte ihr so recht glauben. Brock schnaubte abfällig durch die Nase. Dennoch half es nichts, Finola für alles die Schuld zu geben. Sie mussten sich in ihrer Enttäuschung eingestehen, dass sie in eine Sackgasse geraten waren. Egal, ob dieser Schatz nun noch irgendwo existierte oder nicht, sie besaßen nun zwar einen Schlüssel, doch keinerlei Hinweise, wo sie mit ihrer Suche weitermachen sollten.
Drunten im Hof knirschte der Kies unter den Reifen eines Fahrzeugs. Cera lief zum Fenster in der Giebelwand, das zur Auffahrt hin zeigte, wedelte eifrig mit dem Schwanz und bellte kurz auf. Das konnten keine ungebetenen Besucher sein.
»Ich würde sagen, Grand Myrna ist aus dem Krankenhaus zurück«, meinte Patrick. Mona erhob sich und klopfte sich den Staub aus ihrer Jeans.
»Ja, ich denke, wir sollten hinuntergehen.« Sie streckte die Hand nach dem Brief aus. »Darf ich ihn haben?«
Finola protestierte und verlangte, nur die Hüterin des Schlüssels dürfe ihn behalten. Ehe Brock reagieren konnte, hatte sie ihm den Brief aus den Händen gerissen.
»He!«, protestierte er. »Gib ihn mir zurück!«
Aber Finola hörte nicht auf ihn. Sie schnappte sich das Kästchen, stopfte den Schlüssel und den Brief hinein und verschwand.
»Natürlich macht sie sich wieder unsichtbar«, stöhnte Patrick, der gehofft hatte, wenigstens einen Blick auf ihr Versteck erhaschen zu können. Doch diesen Gefallen tat ihm die Koboldin nicht. Nun, im Moment konnten sie eh weder mit dem Brief noch mit dem Schlüssel etwas anfangen.
Von der Diele klangen nun Schritte zu ihnen herauf. Und dann Grand Myrnas Stimme: »Mona, Patrick, seid ihr im Haus? Dann kommt runter.«
Die Kinder beeilten sich, vom Dachboden zu steigen, ihr Aufenthalt dort würde nur Fragen nach sich ziehen. Während ihre Großmutter sich sicher nicht die Mühe machen würde, mit ihrem verletzten Bein hier heraufzusteigen, war es Brenda trotz ihrer Körperfülle durchaus zuzutrauen. Brenda schien eine aufmerksame Beobachterin. Gepaart mit ihrer überaus großen Neugier würde sie die Kinder sicher nicht so einfach davonkommen lassen und sie mit Fragen quälen, was sie bei solch schönem Wetter auf dem Dachboden zu suchen hatten.
Mona und Kylah halfen Cera die steilen Stufen hinunter. Kaum hatten sie die Hündin losgelassen, lief sie bereits bellend die Treppe in die Diele hinunter und begrüßte die Großmutter.
»Sie sind ja doch im Haus. Hatte ich also richtig gehört«, vernahmen sie ihre Stimme. Kylah zögerte.
»Soll ich mich hier oben verstecken, bis die Luft rein ist?«, fragte sie ein wenig zaghaft.
Die Zwillinge sahen sie erstaunt an. »Nein. Warum denn? Hat Grand Myrna dir verboten, das Haus zu betreten?«
Sie schüttelte den Kopf. »Aber Brenda mag mich nicht sonderlich.«
»Na und?«, rief Patrick aus. »Das ist nicht Brendas Haus, und es geht sie nichts an, wen wir zu Gast haben. Komm mit. Ich glaube, dass du Grand Myrna durchaus willkommen bist. Warum sonst hat sie erlaubt, dass deine Familie das alte Stallungshäuschen auf ihrem Grund bezieht?«
Kylah nickte zwar und folgte den Zwillingen die Treppe hinunter, dennoch wirkte sie so verzagt, wie Mona sie noch nie erlebt hatte. Sonst war Kylah stets die, die forsch voranging. Die keine Furcht zu kennen schien. War sie unten in der Finsternis des Höhlenlabyrinths zwischen Elfen und Gnomen, die ihnen nicht freundlich gesinnt waren, nicht die mutigste unter ihnen gewesen?
»Ah, da seid ihr ja«, begrüßte Grand Myrna die Kinder fröhlich. »Was tut ihr denn hier im Haus, wenn draußen die Sonne scheint? Das irische Wetter ist launisch wie ein Kobold. Man muss es nutzen, wenn es sich gerade einmal von seiner freundlichen Seite zeigt!«
Sie strahlte die Zwillinge an und schloss auch Kylah in ihre freundliche Begrüßung ein. Nur Brendas Miene erschien Mona ein wenig abweisend.
»Guten Tag Mrs O’Connor«, sagte Kylah mit ungewohnt hoher Stimme und reichte ihr die Hand. Sie knickste gar und zog sich dann schnell wieder drei Schritte in den Hintergrund zurück.
Ein wenig erstaunt stellt Mona fest, dass Mut und Selbstsicherheit nicht absolut waren. Es kam immer auf die Umgebung und die Situation an. Kylah war mit Höhlen und mit Magischen vertraut. Doch in Gesellschaft von Menschen, die sie nicht gut kannte, fühlte sie sich offensichtlich genauso hilflos
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