Das Reich der Finsternis - Verdammt: Band 2 (German Edition)
Krankengymnastik quäle, euch ein wenig in der Bücherei umsehen und ein paar Bücher ausleihen. Das Wetter soll umschlagen, und ich fürchte, ihr werdet euch langweilen, wenn es so regnet, dass ihr nicht nach draußen könnt.«
Sogar Patrick war bei diesem Vorschlag das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Und dabei war alles, was mit Büchern zusammenhing, seine große Leidenschaft. In jedem anderen Fall hätte er diesen Vorschlag begrüßt, doch jetzt gierten sie beide nur noch danach, sich mit Kylah und den Kobolden zu treffen, um herauszufinden, welche geheime Botschaft der Brief von Grand Myrnas Urahn verbarg.
»Nein, nicht heute«, stotterte Mona nur. Ihr fiel auf die Schnelle keine Ausrede ein.
Ihre Großmutter sah misstrauisch von einem der Zwillinge zum anderen. »Es muss ja etwas sehr Wichtiges sein, das ihr heute vorhabt. Ich hoffe nur, es endet nicht wieder mit eurem Verschwinden! Also überlegt euch vorher, was ihr tut, ehe ihr euch leichtsinnig in Gefahr bringt. Ich möchte, dass ihr in der Nähe seid, wenn ich zurückkomme.«
Mona nickte eifrig und hoffte, dass sie nicht gezwungen sein würden, ihr Versprechen zu brechen. Dann endlich stieg Myrna ein. Der Wagen holperte über die unkrautüberwucherte Einfahrt, bog auf die Landstraße ein und brauste in Richtung Cong davon. Kaum war er um die Ecke verschwunden, machten die Zwillinge auf dem Absatz kehrt und rannten zur Ruine. Schon von Weitem riefen sie nach Kylah, doch es war ihr jüngerer Bruder Finn, der sie mit verkniffener Miene im Burghof empfing.
»Ach, ihr seid es«, sagte er verdrießlich. »Kylah hat keine Zeit für euch«, fügte er dann mit einem boshaften Lächeln hinzu. Enttäuscht blieb Mona zwischen den zerfallenen Tortürmen stehen. Ihr Bruder jedoch ließ sich nicht so schnell abschrecken und trat auf den Jüngeren zu.
»Warum nicht?«, wollte er wissen.
»Sie ist nicht da«, gab Finn mit einer Grimasse zurück und begann dann vor sich hinzusummen, während er mit einem Stock einige Blumen köpfte. Vielleicht war er sauer, dass sie ihn auf ihrer abenteuerlichen Suche nach der Quelle der Sehenden nicht mitgenommen hatten? Was sollten sie auch mit ihm anfangen? Kylah war, obgleich ein Jahr jünger als die Zwillinge, in Ordnung und in manchen Dingen mutiger und erfahrener als die beiden Hamburger. Aber Finn war erst acht und schien nicht gerade ein Draufgänger zu sein!
Mona trat nun auch in den Burghof. Vielleicht wollte Finn sie nur ärgern? Sie sah sich nach Kylahs Scheckpony Cioclón um, konnte aber nur die beiden Braunen entdecken, die in einer entfernten Ecke zwischen Trümmern des großen Turms grasten. Enttäuscht hob sie die Schultern.
»Dann müssen wir später wiederkommen.«
»Was wollt ihr denn von ihr?«, hakte Finn neugierig nach.
»Nichts Wichtiges«, log Patrick schnell.
Finn kniff die Augen zusammen und stemmte die Hände in die Hüften. »Dann muss ich Kylah ja sicher auch nicht sagen, dass ihr nach ihr gesucht habt«, meinte er und warf Patrick einen mürrischen Blick zu.
Mona überlegte noch, wie sie reagieren sollten, als hinter ihr Hufschlag erklang. Sie fuhr herum und sah Kylah auf ihrem Scheckpony in flottem Tempo herantraben. Dieses Mal trug das Pony einen Sattel. Zu beiden Seiten hingen zwei Satteltaschen herab. Kylah trabte bis in die Mitte des Hofes, ehe sie Cioclón anhalten ließ und von seinem Rücken sprang.
»Hallo!«, rief sie. »Wartet ihr schon lange? Ich war in Cong einkaufen. Die Vorratskiste ist fast leer und ich muss ja später noch kochen.« Sie wuchtete die sichtlich schweren Satteltaschen vom Rücken des Ponys. Patrick lief herbei und nahm sie ihr ab, während Finn nur die Hände in die Hosentaschen steckte. Kylah fixierte ihn mit zusammengeschobenen Brauen.
»Ja, steck deine Hände noch ein wenig tiefer in die Taschen, damit du mir nicht aus Versehen hilfst«, schimpfte sie.
»Wozu auch?«, schnappte er zurück. »Du hast ja jetzt deine neuen Freunde, die dir nicht mehr von der Seite weichen.« Er drehte sich um und rannte davon.
»Dein Bruder ist echt schräg drauf«, kommentierte Patrick, der Kylah zu dem kleinen Stallungshäuschen folgte, das sich im Schutz der noch aufragenden Grundmauern der ehemaligen großen Halle der Burg befand.
»Ja! Er ist aufsässig und faul«, stöhnte Kylah.
»Und vor allem eifersüchtig«, fügte Mona an. »Es gefällt ihm nicht, dass wir Freunde geworden sind.«
Kylah nahm Patrick die beiden Taschen ab und hielt in der offenen Tür inne.
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