Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
Vom Netzwerk:
weißen Blüten. »Ich danke euch und hoffe, ich kann mit meinem Bogen auch wirklich etwas für Elvancor tun«, sagte sie leise. Ein Wind erhob sich, ließ den Schlehenbusch rauschen. Winzige Blüten schwebten durch die Luft, tanzten um Lena herum und verbanden sich zu einem großen Kreis.
    Ob das wieder die Schlehengeister sind? , fragte sich Lena, betrachtete fasziniert das Spiel der Blüten. Kurz darauf zerstoben diese, explodierten förmlich, und die winzigen Blütenblätter rieselten herab. Als Lena sich umdrehte, war der Krug verschwunden.
    »Dann habt ihr mein Geschenk angenommen«, flüsterte sie, kehrte zu ihren Stiefeln zurück und nahm diese in die Hand.
    Barfuß lief sie den Berg hinab über weiches Gras und Moos. Es fühlte sich überraschend gut an, wenn sich ihre Zehen in den lockeren Waldboden gruben. Als wäre ich ein Teil dieses magischen Landes ,fuhr es ihr durch den Kopf. Sie hielt kurz inne, lehnte sich an den dicken Stamm eines gewaltigen Ahorns, dessen Zweige bis fast auf die Erde hingen. »Danke, dass ich hier sein darf«, flüsterte sie aus einem Impuls heraus. Leise wogten die Äste im Wind, und für einen Moment hatte Lena den Eindruck, ein Gesicht würde sie aus den Blättern heraus anlächeln.
    Seltsam beschwingt und mit dem Gefühl, das Richtige getan zu haben, machte sich Lena auf den Weg zu den Höhlen. Dort wurde nun tatsächlich getanzt. Mehrere Tuavinn standen mit Flöten, Trommeln und einem seltsamen Instrument, beinahe wie eine überdimensionale Gitarre, vor dem Felsmassiv.
    Lena genehmigte sich noch etwas Beerenwein, und als ein junger Tuavinn namens Relian sie zum Tanzen aufforderte, ließ sie sich mitziehen. Sie tanzte, erzählte einigen der Tuavinn von ihrer Welt, und als sich das Fest langsam dem Ende näherte, machte sie sich barfuß – sie wusste nicht, wo sie ihre Stiefel gelassen hatte – auf den Rückweg zu Amelias Hütte.
    Sternenlicht fiel durch das Blätterdach und beleuchtete ihren Weg, hier und da glommen noch einige Feuer, und von irgendwoher vernahm Lena ein leises Lachen. Vermutlich handelte es sich um ein Liebespaar.
    Da sie noch nicht wirklich müde war, beschloss sie, zu dem klaren Bergbach zu gehen. Die Monde leuchteten vom Himmel herab, gaben der Umgebung einen silber-rötlichen Schein.
    Das leise Plätschern des Baches war schon ganz nah, als eine Gestalt Lenas Aufmerksamkeit erregte. Im Mondschein saß sie auf einem Stein, bewegungslos, das Gesicht den Monden zugewandt.
    »Ragnar, was tust du denn hier?« Mit wenigen Schritten war sie bei ihm.
    »Du bist leiser geworden, ich hätte dich fast nicht gehört«, stellte er mit dem Anflug eines Lächelns fest.
    Sie setzte sich neben ihn auf den Stein und versteckte die Füße unter ihrem Kleid.
    »Kannst du nicht schlafen?«, erkundigte er sich.
    »Nein«, sagte sie leise. »Aber du offensichtlich auch nicht.«
    Er seufzte nur, so als müsse er etwas Schweres einatmen. Dann betrachtete er sie, und Lena hatte das Gefühl, als sähe er sie zum ersten Mal wirklich an. »Du siehst hübsch aus in dem Kleid und mit den Blüten im Haar.«
    »Blüten?« Ihre Hand fuhr zu ihrem Kopf. Sie hatte sich keine Blüten in die Haare gesteckt, aber dann erinnerte sie sich an die Schlehengeister. »Ach ja. Gefällt es dir?«
    Ein flüchtiges Nicken, dann lehnte er den Kopf zurück.
    »Soll ich gehen? Möchtest du allein sein?«, fragte sie.
    »Nein.« Seine Stimme klang so dumpf und traurig, dass Lena ihn am liebsten in den Arm genommen hätte. Aber sie traute sich nicht. Auch wenn ihr vieles auf der Seele brannte, wollte sie ihn nicht bedrängen. Vielleicht brauchte er heute auch nur eine Freundin, die neben ihm saß und mit ihm in die Sterne sah.
    »Du hattest Spaß heute Abend, nicht wahr?«, begann er irgendwann ganz unvermittelt.
    »Ja, ich hätte gar nicht gedacht, dass die Tuavinn so feiern können«, lachte sie leise auf und berührte ihn dabei vorsichtig am Arm. »Aber dir hat es nicht gefallen, oder? Du warst nicht einmal da.«
    Er öffnete den Mund, verharrte, fuhr sich über die Augen und schüttelte den Kopf.
    »Was ist los mit dir? Ragnar, du kannst es mir erzählen.«
    »Manche Dinge kann man nicht einfach so erzählen.«
    »Habe ich nicht auch zu dir gehalten, als du mir die Sache mit dem vermeintlichen Mord an deinem Stiefvater gebeichtet hast?«, erinnerte sie ihn.
    »Ja, das stimmt.« Er blickte sie an, so viel Unsicherheit und Verwirrung, aber auch Schatten lagen in seinen grauen Augen.
    Wenn du wüsstest,

Weitere Kostenlose Bücher