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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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wie sehr ich dich liebe. Lena biss sich auf die Unterlippe, fürchtete schon, Ragnar könnte ihren Gedanken gehört haben. »Wenn du es mir nicht sagen kannst, dann meinetwegen Aravyn, aber bitte, friss nicht alles in dich hinein«, riet sie ihm schließlich.
    Stumm musterte er sie, und sie sehnte sich danach zu wissen, was in ihm vorging.
    »Aravyn«, flüsterte er heiser, »nein, ihr kann ich es erst recht nicht sagen. Lena, versprich mir, das, was ich dir nun verrate, keinem der anderen zu erzählen, nicht einmal Maredd oder Amelia.«
    Verwirrt runzelte sie die Stirn, ein mulmiges Gefühl beschlich sie, aber schließlich nickte sie.
    »Die Rodhakan, sie haben so viele Menschen umgebracht.« Jedes seiner Worte kam so schwerfällig heraus, als müsse er es mit Gewalt aus dem Mund pressen.
    »Ich weiß, Ragnar, das war fürchterlich, aber …«
    Ungeduldig hob er die Hand. »Ein Mann konnte entkommen, derjenige, der mich am Arm verletzt hat. Sie haben ihn verfolgt, sie haben uns bedrängt und …« Er schluckte schwer. »Sie haben den Kreis immer enger um uns gezogen, uns belauert, ich hatte das Gefühl, sie würden versuchen, in mein Innerstes einzudringen.«
    »Das war sicher schrecklich, aber sag, wie konntest du entkommen, und haben sie den Mann umgebracht?«
    »Nein, haben sie nicht«, Ragnar lachte bitter auf. »Ich verstehe es bis heute nicht. Einer von ihnen trat vor, in Gestalt eines Tuavinn. Er sah mich an, eine Ewigkeit, wie mir schien. Dann machte er eine Handbewegung, der Kreis der Rodhakan öffnete sich. Ich lasse dich ziehen , sagte er zu mir. Ein Geschenk an dich. Wir sind nicht die dunklen Feinde, für die du uns hältst. Werde einer von uns, und du wirst bekommen, wonach du dich in deinem Inneren sehnst. Auf einmal waren sie fort – haben mich einfach gehen lassen und mich mit diesem nagenden Gefühl des Zweifels zurückgelassen.« Voller Verwirrung sah er sie an. »Lena, ich weiß nicht mehr, was richtig und was falsch ist, und ich verstehe das nicht.«
    Auch Lena hatte keine Ahnung, was das zu bedeuten hatte, aber jetzt umarmte sie ihn doch und spürte, wie er zitterte. »Ich verstehe es auch nicht, aber ich bin froh, dass du entkommen bist.«
    »Die Schatten wollen etwas von mir«, flüsterte er. »Lena, mir ist so verdammt kalt.«
    Sie wusste ganz genau, dass er nicht die Kühle der Nacht meinte, sondern etwas ganz anderes, das auch sie spürte. Daher drückte sie ihn an sich, versuchte, ihn mit ihrer Anwesenheit zu trösten, und beinahe schien es ihr, als würde die Nacht ihren schützenden Schleier über sie beide senken.
    Etwas Kaltes fiel auf Lenas Nasenspitze, und sie öffnete verdutzt die Augen. Einen Moment lang wusste sie nicht, wo sie war. Ein brauner Umhang lag über sie gebreitet, und als sie sich umdrehte, blickte sie in Ragnars Gesicht. Ihr Kopf ruhte auf seinem Oberschenkel, und er lächelte sie unsicher an.
    »Ich bin eingeschlafen.« Fröstelnd rieb sie sich die Oberarme, dann richtete sie sich ruckartig auf. Sie traute ihren Augen kaum. »Es hat ja geschneit!« Tatsächlich lag rund um sie herum eine dünne Schneeschicht.
    »Ich wollte dich nicht wecken, du hast so tief geschlafen.« Vor Ragnars Mund bildeten sich weiße Wölkchen, als er sprach.
    »Aber wie kann das sein?«, meinte sie erstaunt. »Noch gestern Abend war es warm und mild, ich habe meine Füße in den Teich gesteckt, und jetzt …«, sie brach ab und schüttelte den Kopf. »Ist das wieder so ein Wunder Elvancors, wo auch die Jahreszeiten eine andere Bedeutung haben?«
    »Mag sein.«
    Lena bemerkte, dass ihm die Überzeugung in der Stimme fehlte.
    »Du hättest mich besser wecken sollen«, rief sie nun und sprang auf. »Du musst ja ein Eiszapfen sein.« Sie reichte ihm seinen Umhang, aber er schüttelte den Kopf.
    »Komm, lass uns gehen.« Mit gerunzelter Stirn blickte er auf ihre nackten Füße. »Soll ich dich tragen?«
    »So weit kommt’s noch.« Sie ließ sich von dem Stein gleiten, fluchte aber leise, als ihre Füße den Schnee berührten. Dennoch biss sie die Zähne zusammen und ging neben ihm her.
    »Wegen all dem, was du heute Nacht gesagt hast …«, fing sie an.
    »Vergiss es besser.«
    »Nein!« Energisch fasste sie ihn an der Schulter. »Ragnar, erzähl es deinem Großvater, er wird wissen, was zu tun ist. Sie können dich vor den Rodhakan beschützen.«
    »Nein, das geht nicht. Er hat ohnehin schon meinetwegen genügend Ärger. Du hast mir versprochen, nichts zu sagen!«, erinnerte er sie.
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