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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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wie du es vielleicht nennen würdest. Ist die Seele der Pflanze bereit, ihr Dasein in Elvancor für uns aufzugeben, wird sie es dir sagen.«
    »Ich traue mich schon überhaupt nicht mehr, irgendetwas anzufassen oder auf etwas zu treten«, jammerte Lena.
    Doch Eryn lachte nur hell auf. »Komm, wir werden es gemeinsam ausprobieren.« Behutsam führte sie Lenas Hand zu einer hüfthohen Blume, an deren Stängel Hunderte Blüten in Glöckchenform hingen. Lenas Hände schlossen sich um den Stiel, sie spürte die kleinen Härchen.
    »Denkst du, die Blume möchte mit uns gehen?«, flüsterte Eryn.
    »Ich … weiß nicht.«
    »Schließ deine Augen, spüre das Leben der Pflanze.«
    Sie tat, wie ihr geheißen, aber sie musste sich eingestehen, dass sie nichts dergleichen fühlen konnte.
    »Lass dir Zeit«, hauchte die Kriegerin ihr ins Ohr.
    Auch wenn sich Lena zunächst albern vorkam, nach einer Weile spürte sie eine gewisse Ruhe in sich, und auf einmal nahm sie ein Pulsieren unter ihren Fingern wahr. Als sie sich zu ihr umdrehte, nickte die Kriegerin.
    »Frag die Blume, ob sie mit uns kommen will.«
    In Gedanken richtete sich Lena an die Blume, zog ganz vorsichtig an dem Stängel, bemerkte jedoch einen Widerstand, etwas, das ihre Hände förmlich von der Blume wegdrängte. Also ließ sie sie los.
    »Ich glaube, sie will nicht«, sagte Lena zögerlich.
    »Sehr gut, Lena«, lobte Eryn. »Du hast es gespürt!«
    »War vielleicht Zufall.« Doch jetzt war Lenas Ehrgeiz geweckt. Sie ging zu einem kleinen Bach, an dessen Ufer rote Blumen mit länglichen grünen Blättern wuchsen. Sanft strich sie über eine, dann eine zweite Blüte, und als sie bei der dritten vorsichtig am Stängel zog, löste sich diese ganz leicht aus der Erde. Strahlend drehte sie sich zu Eryn um.
    »Ich glaube, jetzt habe ich es verstanden!«
    Die Kriegerin umarmte sie freudig und nahm ihr Gesicht in ihre Hände. »Du bist dabei, Elvancors Seele zu verstehen.«
    »Aber sag mal«, betreten blickte Lena auf ihre Füße. »Trampeln wir dann nicht andauernd auf irgendwelchen Geistern oder Seelen herum?«
    Ein Schmunzeln zeichnete sich auf Eryns Gesicht ab. »Die Erde und das Gras, die Steine und Felsen sind dazu geschaffen, die Wesen Elvancors zu tragen. Achte und ehre sie, so werden sie sich nicht gestört oder gar beleidigt fühlen.«
    Lena nickte, trotzdem fühlte sie sich plötzlich seltsam, als sie über das Gras schritt. Sie hatte das Gefühl, alles Leben pulsieren zu spüren. In den Bäumen, den Büschen, dem Wasser. Gemeinsam mit Eryn füllte sie mehrere Beutel und einen Korb mit Pflanzen, dann schlenderten sie zurück. Auf halbem Weg kam ihnen Morqua mit lautem Gebrüll entgegengesprungen.
    »Auch Maredd ist heil zurückgekehrt«, verkündete Eryn.
    Vor der großen Höhle standen mehrere Tuavinn in kleinen Gruppen um einzelne Feuer herum. Lena überlegte, ob sie herbeigeeilt waren, weil die Kunde von Yaras Geburt sie erreicht hatte, oder aber wegen der Rodhakan und dem bevorstehenden Treffen mit den Menschen. Mit Kelchen oder Bechern in den Händen unterhielten sie sich. So manch neugieriger Blick traf Lena, viele der Tuavinn sah auch sie heute zum ersten Mal.
    Doch lange währte das Interesse an ihr nicht, denn die Anwesenden wandten sich den köstlich duftenden Speisen und Getränken zu, und ihre Freude galt hauptsächlich der kleinen Yara.
    »Ich werde mich jetzt umkleiden, und du solltest dich ebenfalls ein wenig frisch machen«, riet Eryn.
    Lena nickte, doch ihre Stimmung sank, als Aravyn aus der Höhle geschwebt kam, die dunkle Wildlederhose und die helle Bluse schmiegten sich an ihren schlanken Körper, den der Schein der vielen Feuer auf so anziehende Weise umschmeichelte. Ihr silberblondes Haar war an den Seiten zu Zöpfen geflochten, in die sie winzige rote Blumen eingearbeitet hatte.
    Lena wandte sich von dem niederschmetternden Anblick ab und schlenderte mit hängendem Kopf zu Amelias Hütte, erinnerte sich jedoch wieder an das Kleid, das sie mit Kian in Ceadd von dem Tuchmacher bekommen hatte, und holte es hervor. Anschließend ging sie zur Wasserfallhöhle.
    Nach der erfrischenden Dusche streifte sie das hellgrüne, fast bodenlange Kleid über und betrachtete sich im Kristallspiegel. Das korsettartige Oberteil schnürte sie so, dass ihre schlanke Taille betont wurde und das Beste aus ihrer spärlichen Oberweite herausholte. Zwar würde sie sich unter den mit Hemd und Hosen gekleideten Tuavinn ein wenig merkwürdig vorkommen, aber vielleicht

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