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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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einen Dolch. Knappe zwanzig Zentimeter lang, mit schwarzem Leder umwickelt und mit kunstvollen Knotenmustern am Knauf verziert.
    »Das ist doch deiner«, staunte sie.
    »Nimm ihn. Er ist in den Feuern der Berge von Avarinn geschmiedet und im Wasser des Himmelsflusses gehärtet. Selbst ein Rodhakan wird sein Leben aushauchen, wenn du ihn damit erwischst.«
    »Dann solltest du ihn besser behalten.« Sie streckte ihm die Waffe entgegen, doch seine Hände schlossen sich um ihre. »Ich habe mein Schwert. Bitte, es ist mir wichtig.«
    »Gut«, brachte Lena mühsam hervor. Sie hatte das Gefühl, in seinen Augen ertrinken zu müssen, und als er sich abwandte, fühlte sie sich auf einmal furchtbar einsam.
    »Bis bald, Lena.«
    Mit diesen Worten war er verschwunden, und Lena begab sich zur Höhle, wo Maredd, Etron und Graha bereits warteten. Sie verabschiedete sich von Amelia, Eryn und den anderen. Es war ein ernster Abschied und von der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen geprägt.
    »Lasst uns nun die Geister rufen«, schlug Etron vor.
    Plötzlich erschütterte ein Beben den Boden unter ihren Füßen. Die Bäume begannen zu wanken, kleine Steine lösten sich von dem Gestein der Höhle. Erschrocken blickten sie sich um, doch das Erdbeben war so schnell vorüber, wie es gekommen war.
    »Eigenartig«, murmelte Maredd und wandte sich an Etron. »Ein Berggeist sollte uns am besten führen können. Die von Lena und Ragnar beschriebene Stelle liegt am Fuße der Berge, und wir sollten in der Nähe herauskommen, aber weit genug entfernt, um beobachten zu können, ob ein Hinterhalt droht.«
    »Misstraut ihr den Menschen?« Lena sah von Maredd zu Etron.
    »Bislang waren Unterredungen mit ihnen kaum von Erfolg gekrönt«, klärte Maredd sie auf. »Ich denke nicht, dass sie uns angreifen werden, aber wir sollten wachsam sein.«
    Gemeinsam gingen sie ein Stück in den Wald hinein, Maredd warf Amelia noch einmal einen Blick zu, und sie hob die Hand zum Gruß. Leider war Ragnar nirgends zu sehen. Noch immer bedeckte Schnee den Boden, in der klaren Luft tanzten vereinzelte Schneeflocken. Lena war froh um den Umhang aus dicker Wolle und die Handschuhe, die ihr Amelia geschenkt hatte. Nachdenklich strich sie über den Knauf des Dolches – zumindest hatte sie etwas von Ragnar bei sich.
    Auf einem Felsplateau blieben sie schließlich stehen. Etron und Maredd knieten sich auf den Boden, legten ihre Hände auf den Stein, dann stimmten sie ein leises, melodisches Summen an. Der leicht vibrierende Ton ging Lena regelrecht durch Mark und Bein, tief und erdig klang es in ihren Ohren. In der festen Überzeugung, gleich einen dieser faszinierenden Naturgeister zu sehen, starrte sie auf den Boden zwischen den beiden Männern. Doch nichts geschah. Maredd und Etron sahen sich kurz an und versuchten es noch einmal, aber erneut erschien kein Geisterwesen vor ihnen. An den Blicken, die die beiden einander zuwarfen, bemerkte Lena, dass etwas nicht stimmte, doch keiner sagte ein Wort.
    »Noch sind die Monde nicht ganz voll, dennoch sollten wir rasch reiten«, erwähnte Etron nur.
    Geschmeidig sprang Maredd auf die Füße. »Ich hole die Pferde.« Schon war er zwischen den Bäumen verschwunden.
    »Ihr seid besorgt, weil der Erdgeist nicht erscheint«, stellte Lena fest.
    Der Krieger warf sich eine lange Haarsträhne über die Schulter. »Manchmal sind die Geister der Erde anderweitig beschäftigt, oder sie wollen sich uns nicht zeigen. Selten kann man mit Gewissheit sagen, dass einem ein Geist hilft. Lediglich wenn jemand in die Ewigkeit gehen will, haben sie uns noch nie im Stich gelassen.«
    »Also müssen wir die ganze Strecke reiten?«
    »Wie Maredd sagte, noch sind die Monde nicht voll, und vielleicht folgen die Erdgeister morgen unserem Ruf.«
    Es dauerte nicht lange, bis Maredd mit zwei grauen Stuten und einer Braunen am Zügel zurückkehrte.
    »Das ist ja Devera«, freute sich Lena.
    »Ragnar hat darauf bestanden, dass du sie nimmst.«
    Lena strich dem Pferd über die weichen Nüstern. Sie war froh, diese Stute reiten zu dürfen. So faszinierend die Tuavinn-Pferde auch waren, edel und kraftvoll, aber gleichzeitig sanft und gehorsam – Lena war keine geübte Reiterin, und Devera hatte sie schon früher vertraut.
    Danke, Ragnar , sandte sie ihm einen stummen Gruß, während sie mit Maredds Hilfe ihre Decke und ihr Bündel hinter dem Sattel befestigte.
    Ihr Weg führte stetig bergab, durch dichtes Waldland, später erneut an der Schlucht entlang, die

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