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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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Lena schon beim letzten Mal die Luft hatte anhalten lassen. Graha flog meist voraus, und sie bemerkte, wie wachsam Maredd und Etron waren. Der Krieger mit der Narbe im Gesicht hielt seinen Bogen gespannt in der Hand. Auch Maredd würde sein Schwert sicher sofort ziehen, sollte es notwendig sein.
    »Mir wäre es lieber gewesen, mithilfe der Geister zu reisen«, hörte sie Maredd zu seinem Freund sagen, nachdem sie endlich die steinerne Brücke überquert hatten.
    »Denkst du denn, Rodhakan sind in der Nähe?«, fragte Lena mit dünner Stimme.
    »Nachdem sie erst kürzlich diese Gegend unsicher gemacht haben, mag es sein, dass sie sich nun andere Jagdgründe gesucht haben.«
    Ständig hatte Lena das Gefühl, von unsichtbaren Augen beobachtet zu werden. Augen von Wesen, die nur darauf warteten, sich aus einem Gebüsch, hinter einem Felsen oder einem Baum auf sie zu stürzen. Sie bemühte sich, das zu beherzigen, was Amelia ihr geraten hatte. Ganz bewusst atmete sie tief ein und aus, dachte an die, die sie liebte, versuchte, ihre innere Stärke zu finden und einen Panzer aus Kraft um sich herum aufzubauen. Einen Schutzschild, den niemand durchdringen konnte, der sie und alles schützte, was ihr wichtig war. Ob es ihr tatsächlich gelang, ihre Aura zu stärken, konnte sie nicht sagen, aber in jedem Fall ließ dieses Gefühl, hilflos ausgeliefert zu sein, nach, und sie zuckte nicht mehr bei jedem Knacken im Unterholz zusammen.
    An einem Bergsee legten sie eine Rast ein, tränkten die Pferde und genossen selbst das glasklare Wasser. In stummer Eintracht verspeisten sie Brot und Früchte, und Lena beobachtete fasziniert, wie sich die Lichtstrahlen auf dem gefrorenen Rand des Sees brachen. An einer Stelle erschien sogar ein Regenbogen.
    »Was hältst du davon, die Wassergeister zu rufen?« Etron deutete auf den See und gab Graha nebenbei ein Stück seines Brotes. Der Bussard nahm es vorsichtig in seinen Schnabel und schluckte es in wenigen Happen herunter.
    Bedächtig wiegte Maredd den Kopf. »Die Wassergeister sind wankelmütig, manchmal setzen sie einen an der falschen Stelle ab.«
    »Hm.« Noch einmal biss Etron in sein Brot, dann packte er es fort.
    »Als ich hergekommen bin, sind wir doch auch mit dieser Wasserfrau gereist«, warf Lena ein.
    »Das ist richtig. Aber dort oben«, seine Hand deutete nach Norden, »sind uns die Geister des Himmelsflusses auch sehr gewogen.«
    »Dann sind es immer unterschiedliche?«
    »Natürlich«, entgegnete Maredd. »Es gibt mächtigere und schwächere Naturgeister. Letztendlich können sie alle die Gestalt annehmen, die sie wollen. Maryden beispielsweise sind niedere Geisterwesen des Wassers, die selten einen Grund darin sehen, uns zu helfen.«
    »Maryden.« Mit Grauen dachte Lena an die kleinen Gestalten, die sie hatten ertränken wollen.
    »Aber die Geister der Bergseen haben uns schon häufig geholfen«, wandte Etron ein.
    »Nun gut, dann lass es uns versuchen.« Mit seinem Pferd am Zügel näherte sich Maredd dem schimmernden See. Er kniete sich ans sandige Ufer, tauchte seine Hände in das Wasser, wobei die dünne Eisschicht brach, und benetzte dann sein Gesicht mit dem kühlen Nass. »Herren der Seen, der Flüsse und Quellen. Wir ehren euch und erbitten eure Hilfe.«
    Gespannt sah Lena zu. Etron bedeutete ihr, ebenfalls heranzutreten. Der Bussard blieb auf seiner Schulter sitzen.
    Zunächst rührte sich nichts, aber als Lena schon vorschlagen wollte weiterzureiten, bildeten sich leichte Ringe in der Mitte des Sees, breiteten sich aus, und das Wasser begann regelrecht zu brodeln. Blasen stiegen im Zentrum des Bergsees auf, und urplötzlich erhob sich eine gewaltige, mehrere Meter große Gestalt. Zunächst erkannte Lena nur fließendes Wasser, das dann zu Eis erstarrte. Eine Männergestalt mit Haaren aus Eiskristall kam langsam näher. Nun beugte sich der Kopf ein wenig zu ihnen herab, hellblaue Augen blickten sie aus einem Gesicht an, das harmonisch, aber gleichzeitig auch kalt und bedrohlich anmutete.
    »Wer stört die Geister des Wassers, wer erbittet unsere Hilfe?«, ertönten Worte aus seinem Mund mit den blauen Lippen, so klar und kalt wie ein frostiger Wintermorgen.
    »Maredd und Etron von den Tuavinn, Graha, Etrons Anam Cara, und Lena, gekommen von jenseits der Schwelle.« Maredd und Etron verbeugten sich ehrfürchtig, sogar der Bussard senkte sein Haupt. Lena tat es ihnen gleich.
    »Eine Nachfahrin jenes Volkes, das ihr einst hierherbrachtet und das Elvancor nun in seinen

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