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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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hinab und wandte sich dann Kian zu. »Können deine Augen sehen, um wen es sich handelt?«
    Der jüngere Mann kniff die Augen zusammen, dann schüttelte er den Kopf. »Leider nicht.«
    »Drei Männer nähern sich, einer mit weißem Vollbart. Sie tragen einfache grüne Umhänge.«
    Staunend sah Ureat zu Maredd auf, der gelassen in die Ferne spähte. Sicher lag Ureat eine Frage auf der Zunge, wie er das so genau sehen konnte, aber dann räusperte er sich. »Es muss wohl eine Abordnung aus Ceadd sein.«
    Da trat Maredd noch einen weiteren Schritt vor. »Hinter ihnen reitet eine Frau, auch ihr Haar zeigt die Farbe der Gipfel der Berge von Avarinn.«
    »Es waren doch nur drei Krieger vereinbart«, merkte Etron an.
    Ureat wand sich, dann zuckte er mit den Schultern. »Wenn Euer Freund recht behält, handelt es sich lediglich um eine alte Frau – möglicherweise eine Magd. Und Kian und ich sind ohnehin nur zu zweit …«
    »Wir werden sehen.« Maredds Blick schweifte für einen flüchtigen Moment über den Himmel, und Lena glaubte zu verstehen. Graha würde sie warnen, sollten sich die Menschen nicht an die Abmachung halten.
    Sonnenlicht spiegelte sich auf metallenen Armschienen und Helmen, und auch die frisch gefetteten Lederharnische glänzten in der Sonne, als die Neuankömmlinge heranritten. Den Mann mit dem Vollbart, der sich von den anderen durch seinen Silberschmuck an Hals und Armen unterschied, hatte Lena schon einmal gesehen: beim Triadenfest in Ceadd.
    Als Kian unterdrückt aufstöhnte, erkannte sie auch einen seiner Begleiter – Ruven.
    »Fürst Gobannitio mit seinen Wachen Ruven und Iret«, stellte Ureat die drei Männer vor.
    Ruvens Miene war ernst, nur als Lena ihm in die Augen blickte, hob sich einer seiner Mundwinkel, und er zwinkerte ihr zu.
    Die Frau, die kurz darauf ihr Pferd energisch den Berg hinauftrieb, sorgte bei Lena für ebenso wenig Begeisterung wie zuvor Ruven bei Kian.
    »Irba!«, wunderte sich nun auch Ureat, gewann aber rasch wieder die Fassung »Sie ist eine Älteste aus Talad«, klärte er Maredd und Etron auf. »Da wir nun zu dritt sind, werdet Ihr hoffentlich keinen Anstoß daran nehmen.«
    »Nur ein Ältester ist ja wohl kaum ausreichend für solch wichtige Entscheidungen, deshalb habe ich mich auf den Weg gemacht«, fauchte Irba postwendend, bedachte alle Anwesenden mit einem prüfenden Blick und rutschte ächzend vom Pferd. »Kian, bring das Tier fort.«
    Sogleich machte sich Kian auf den Weg. Auch der Fürst und seine Wachen stiegen ab.
    Das schmale, von einer aristokratischen Hakennase und Vollbart beherrschte Gesicht von Fürst Gobannitio war auffallend ernst. Aus seinen durchdringenden graublauen Augen musterte er die Tuavinn argwöhnisch, Lena betrachtete er mit unverhohlener Neugier. Selbst wenn sich zahlreiche Falten um Mund und Augen abzeichneten, so wirkte er bei Weitem jünger, als er sein konnte. Doch wie sollte auch jemand aussehen, der nach Lenas Maßstäben Jahrtausende gelebt hatte?
    »Sicher steht uns ein ereignisreiches Treffen bevor.« Gobannitio legte seinen Umhang ab und setzte sich auf einen flachen Stein. Ruven und der andere Wächter blieben dicht hinter ihm stehen.
    Lena fragte sich, wie seine Worte gemeint waren, denn der Fürst hatte sie recht emotionslos vorgetragen. Die Stimmung, die sich ausbreitete, hingegen, war alles andere als emotionslos. Jeder versuchte, den anderen einzuschätzen und abzuwägen, ob Gefahr drohte.
    »Ihr werdet hungrig von der Reise sein. Lasst uns gemeinsam essen.« Etron bot den anderen einige Früchte an, und Lena war dankbar für die willkommene Abwechslung, auch wenn sie gar keinen Hunger verspürte.
    Während des schweigsamen Essens reichte Etron Lena plötzlich den Bogen, eingewickelt in ein Tuch, zusammen mit einem Tiegel voll Öl und einem Köcher voller Pfeile. »Du kannst ihn ausprobieren und später einölen. Damit wird das Holz geschmeidig.«
    »Das mache ich gerne«, freute sich Lena und entfernte den Stoff. Staunend betrachtete sie den Bogen, und ihre Finger fuhren über eingeschnitzte Spiralen und Knoten, die mit Blättern, Ästen und Blüten verbunden waren.
    Sie erhob sich, spannte den Bogen, nahm einen Pfeil, zog die Sehne auf und zielte auf einen morschen Baumstamm. Mit einem Surren löste sich der Pfeil, verfehlte den Stamm ganz knapp. Aber ein zweiter und dritter fanden ihr Ziel. Lena war begeistert, mit diesem Bogen fiel es ihr sehr viel leichter zu schießen.
    »Welch ein Meisterwerk«, staunte Kian.

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