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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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murmelte Lena und machte sich ebenfalls auf die Suche nach einem trockenen Fleck Erde. Wie lange dieser Baum mit den armdicken Nadeln Schutz bieten würde, war fraglich, daher hoffte sie, dass die Nacht schnell vorbei wäre.
    »Lena!«, vernahm sie Ragnars aufgeregte Stimme, und jemand griff nach ihrem Arm. War das ein Traum? Sie versuchte, die Benommenheit eines tiefen, erschöpften Schlafes abzuschütteln, hörte aber plötzlich neben sich ein Stöhnen und ein Geräusch, als ob ein Körper zu Boden fällt.
    »Ragnar, was ist los?« Eine Hand presste sich auf ihren Mund, ihre Arme wurden brutal nach hinten gezerrt, und sie zappelte, um freizukommen. Doch wer auch immer sie festhielt, war stärker als sie.
    Lena riss die Augen auf, konnte aber kaum etwas erkennen. Es war zu dunkel, kein Feuer brannte; lediglich umherhuschende Schatten konnte sie zwischen den Bäumen ausmachen. Was war hier los? Was war mit Ragnar, Etron und Kian? Ein Überfall schien nicht stattzufinden, denn sonst hätte sie Schreie, Waffengeklirr oder andere Kampfgeräusche hören müssen. Lena trat nach hinten, traf etwas und nahm ein wütendes Knurren wahr. »Halt still!« Sie glaubte, die Stimme schon einmal gehört zu haben, vielleicht bei einem der Krieger aus Erborg, sicher war sie jedoch nicht.
    »Was soll …«, stieß sie hervor, als sich die Hand von ihrem Mund löste, aber da wurde ihr ein Knebel zwischen die Zähne geschoben. Panik drohte sie zu lähmen.
    Ragnar, bitte hilf mir ,flehte sie stumm, wusste jedoch gleichzeitig, dass er das getan hätte, wenn es in seiner Macht liegen würde. Noch einmal versuchte sie, sich zu befreien, denn für einen Moment hatte sich der eiserne Griff um ihre Arme gelockert. Doch da traf sie etwas an der Schläfe, und sie spürte nur noch, wie sie auf dem nassen Boden aufschlug.

Kapitel 23
    Gefangen
    I rgendetwas kitzelte an Lenas Wange, ein fauliger Geruch stach ihr in die Nase, und als sie sich über den Kopf fuhr, ertastete sie eine Beule und zuckte zusammen. Schlagartig erinnerte sie sich an diese seltsamen Geschehnisse, den Überfall im Wald. Lena richtete sich auf und fand sich in einem düsteren, mit feuchtem Stroh ausgelegten Raum wieder. Nur spärlich fiel etwas Licht durch ein mit Eisenstäben verstärktes Fenster in der Tür. Langsam erhob sie sich und ging zur Tür – natürlich war diese verschlossen. Im Gang, den sie lediglich ausschnittweise überblicken konnte, flackerte eine Fackel.
    »Wo zum Teufel bin ich hier?«, murmelte sie. Neben der Tür stand eine Schüssel mit erkaltetem Getreidebrei, außerdem ein tönerner Kelch, in dem sich Wasser befand. Sie war durstig, traute sich jedoch nicht zu trinken – schließlich konnte sie nicht wissen, ob das Wasser vergiftet war oder zumindest ein Schlafmittel enthielt, um sie ruhigzustellen. Ihre Zelle maß knappe fünf Schritte. Die hintere Wand bestand aus dunklem, feuchtem Gestein. Rechts und links trennten grobe Holzplanken mit breiten Spalten weitere Zellen ab. Sie spähte durch eine der zahlreichen Ritzen und stellte fest, dass die Zelle links von ihr unbelegt war. In der rechten Kammer entdeckte sie einen Körper, der vor der Tür lag. Sie hielt die Luft an. »Ragnar? Etron? Kian? Ist jemand von euch hier?«, rief sie leise. Niemand antwortete. Die Angst, ihre Freunde könnten tot sein, schnürte ihr die Kehle zu, und sie konnte es nicht verhindern, dass einige Tränen über ihre Wangen rannen.
    Hatte die Fürstin von Erborg sie am Ende doch verraten, aber falls ja, was wollte sie damit bezwecken? Es war doch klar, dass die Tuavinn eine solche Tat nicht ungestraft lassen würden.
    Gebannt starrte sie durch den Schlitz im Holz, und als sich nach einer scheinbaren Ewigkeit die Gestalt am Boden rührte, fing Lenas Herz schneller zu schlagen an.
    »Hallo? Wer bist du?«, fragte sie.
    Zunächst bestand die einzige Antwort aus einem Stöhnen. Durch den Schlitz beobachtete sie, wie sich jemand bemühte, sich aufzurichten, dann vernahm sie ein undeutliches: »Lena?«
    »Ragnar?«
    »Ja – verdammt!«
    Als sie ihr Auge näher an den Schlitz presste, erkannte sie, wie er mühsam angekrochen kam und sich schwer atmend gegen die Bretterwand lehnte.
    »Was ist mit dir?«
    Er drehte den Kopf zu ihr, und im schwachen Licht sah sie all das getrocknete Blut, das über sein Gesicht gelaufen war.
    »Ich weiß nicht«, sagte er mit schwerer Zunge, »die haben mir irgendein Dreckszeug gegeben.« Nun hob er die Hände, sein Mund verzog sich vor Anstrengung.

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