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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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schmerzhaft in ihr Fleisch.
    Nun kam er zu ihr, seine kalten, stahlblauen Augen bohrten sich in die ihren, dann wandte er sich erneut seinem Volk zu. »Sie behaupteten, sie wollten uns im Kampf gegen die Rodhakan beistehen, doch sie hatten nur eines im Sinn.« Er wedelte mit der Hand, woraufhin zwei Krieger mit einer Bahre herbeieilten. »Uns, die Fürsten, zu töten!«
    In diesem Augenblick riss er die Laken beiseite, und ein Raunen ging durch die Menge.
    »Orteagon?«, entfuhr es Lena, als sie auf den toten Körper jenes Mannes blickte, den sie als Orteagon kannte und der als Pfand den Tuavinn gefolgt war. Völlig verwirrt betrachtete sie die Leiche, schaute zu Ragnar, der ebenso fassungslos aussah, dann wieder zu dem Alten.
    »Orteagon?«, lachte dieser. Seine Stimme überschlug sich beinahe. »Ich bin Orteagon!« Mit beiden Händen klopfte er sich auf die Brust und streckte danach beide Fäuste in die Höhe, so als hätte er seinem Volk zu einem großartigen Siegeszug verholfen. Plötzlich schnellte er vor, packte Lena mit einer Hand am Kinn. Seine knöchernen Finger quetschten ihren Kiefer schmerzhaft zusammen. »Glaubst du wirklich, ich selbst würde mich in die Hände von Tuavinn begeben?« Seine Augen bohrten sich in ihre, dann griff er nach Lenas Haaren und riss ihren Kopf herum, zwang sie, den Gemeuchelten anzusehen. »Glaubst du allen Ernstes, ich würde ihnen Vertrauen schenken, obwohl sie schon einmal zu einem Verrat derartigen Ausmaßes fähig waren?« Er schüttelte den Kopf. »O nein, mein Kind. Ganz sicher nicht. Aus diesem Grund haben wir einen Doppelgänger verwendet, und das Ergebnis ist, wie ich es erwartet habe.«
    »Lügner!«, schrie Ragnar. Voller Zorn riss er an seinen Fesseln, hörte auch dann nicht auf, als Blut an seinem Arm herablief. Er brüllte seine Wut hinaus, trat sogar nach Orteagon.
    »Seht nur her!«, rief dieser triumphierend. »Sind sie nicht wie die wilden Tiere?«
    Die Masse johlte und schrie, Köpfe nickten.
    Lena senkte den Blick und schloss die Augen. Tränen rannen ihre Wangen herab.
    »Die Tuavinn hätten das niemals getan«, hörte sie Ragnar rufen.
    Orteagon schnellte zu ihm herum. »Diesen Mann«, schon wieder deutete er auf den Toten, »haben sie als Pfand für euer Leben mitgenommen. Nun ist er tot. Späher fanden ihn, achtlos liegen gelassen am Fuße der Berge von Avarinn.«
    Auch Lena konnte sich keinen Reim darauf machen. Selbst wenn Maredd herausgefunden haben sollte, dass ihr Gast nicht der war, für den sie ihn hielten, ihn zu ermorden wäre niemals eine Option für die Tuavinn gewesen. »Weshalb sollten sie ihn töten?« Lena funkelte den Fürsten an. »Damit hätten sie doch nur riskiert, dass ihr uns ebenfalls umbringt.«
    Nun trat Fürst Nemetos näher. »Möglicherweise war ihnen das gleichgültig. Du bist lediglich ein Mensch, der junge Mann ist nicht einmal ein reinblütiger Tuavinn.«
    »Und was ist mit Etron?«, stieß sie hervor. »Er ist … oder war …«, sie schluckte schwer, »ein Tuavinn.«
    »Geflohen«, schnitt ihr Nemetos mit einer unwirschen Geste das Wort ab. »Feige im Nebel verschwunden.«
    Das konnte Lena beim besten Willen nicht glauben. Etron war ein guter Freund, niemals hätte er Ragnar und sie im Stich gelassen. Das alles war ein abgekartetes Spiel. Zumindest hörte es sich so an, als wäre Etron noch am Leben, und besonnen wie er war, hatte er vielleicht nicht eingegriffen, weil es hoffnungslos gewesen war, und lieber Verstärkung geholt. Bestimmt waren Aravyn, Targon und die anderen schon auf dem Weg. Daran glaubte sie, musste sie glauben, um nicht verrückt zu werden.
    Doch was Fürst Orteagon dann sagte, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren.
    »Da die Tuavinn den Friedenspakt so hinterrücks gebrochen haben, werden wir diese beiden nun als Opfergabe den Rodhakan überlassen.«
    Jubel ertönte – zumindest von einem Großteil der Bevölkerung.
    Entsetzen durchflutete Lena, griff nach ihr wie eine kalte Hand. Sie sah zu Ragnar, der jedoch keine Miene verzog. Plötzlich war er ruhig geworden, starrte Orteagon mit einem Blick an, der ihr einen Schauer über den Rücken jagte.
    Der alte Fürst erhob eine Hand, wartete, bis es wieder ruhig war. »Noch am heutigen Abend bringen wir diesen hier«, sein Schwert deutete zu Ragnar, »in die Berge und überlassen ihn den Rodhakan, auf dass sie unsere Stadt verschonen.«
    »Seid ihr wahnsinnig geworden?«, schrie Lena, gefangen zwischen Ärger und Angst. »Glaubt ihr denn im Ernst,

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