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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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über die Wange. »Natürlich sind wir dir nicht mehr wirklich böse. Aber versprich uns, die Finger von Drogen zu lassen!«
    »Das verspreche ich!« Vielleicht hätte sie jetzt von Kevin erzählen sollen, aber das würde nur längere Diskussionen aufwerfen, und Lena musste zurück nach Elvancor. Eingehend betrachtete sie das Wohnzimmer, das sie seit so langer Zeit kannte. Würde sie überhaupt hierher zurückkommen? Was, wenn ihr in Elvancor etwas zustieß? Ein Kloß breitete sich in ihrer Kehle aus. Sobald sich Ragnar mit Aravyn verbunden hatte, konnte sie eigentlich ihr altes Leben wiederaufnehmen. Doch wollte sie das noch? Elvancor war so faszinierend, und sie konnte lange dort bleiben, ohne dass es hier auffiel. Aber irgendwann würde auch hier Zeit vergehen. Und da war noch Kian, zu dem sie diese eigenartige Verbundenheit spürte. Lena atmete tief durch. »Wisst ihr, wo Oma hinwollte? Hat sie ihr Handy dabei?«
    »Das Ding lag wieder mitten auf der Spüle«, stellte Manuela schnippisch fest, was Lena zum Grinsen brachte. Manche Dinge würden sicher immer gleich bleiben.
    »Ich habe gehört, wie sie etwas von Herr Krause gesagt hat.«
    »Herr Krause?«, wunderte sich Lena. »Ob der General was mit Homöopathie am Hut hat?«
    »Sicher gibt es mehrere Krauses. Aber was willst du denn so dringend von Oma?«, wollte ihr Vater wissen.
    »Ich wollte sie etwas fragen.«
    »Na, vielleicht hat sie ja ein paar Wunderkügelchen gegen großen Kummer.« Etwas spöttisch klang es ja schon aus Manuelas Mund, aber Lena zwinkerte ihr zu.
    »Jetzt komm schon, Mama, dir hat sie ebenfalls schon oft geholfen. Gib’s doch einfach zu, bei all euren Streitereien habt ihr euch trotzdem gern.«
    Wieder kehrte Stille ein, verdutzte Blicke trafen Lena. Manuela fuhr sich ein wenig unsicher durch ihre Dauerwelle. »Nun ja, Gisela hat ihre guten Seiten … manchmal«, grummelte sie.
    Leise lachend ging Lena aus dem Wohnzimmer, ließ ihre Eltern und ihre Schwester absichtlich in nachdenklichem Schweigen zurück. In ihrem Zimmer schnappte sie sich ihr Smartphone, setzte sich auf das Bett und wählte Katrins Nummer.
    »Hi Lena«, erklang die Stimme ihrer Freundin, dann räusperte sie sich. »Mensch, es tut mir so leid, was mit deinem Freund passiert ist. Ich wollte dich schon besuchen, habe mich aber nicht so recht getraut, weil ich nicht wusste, ob du lieber allein sein willst.«
    »Ja, schon gut, Katrin, ich komme zurecht«, unterbrach Lena sie. »Aber sag mal, ist meine Oma zufällig bei euch?«
    »Ich denke schon, zumindest stand vorhin ihre Ente bei uns vor dem Haus. Wahrscheinlich hat Opa wieder Probleme mit seiner Hüfte. Im Augenblick bin ich aber in Erlangen. Wollen wir uns morgen treffen?« Katrin klang ausgesprochen besorgt, und Lena hätte sie wirklich gern gesehen, doch sie wollte noch heute nach Elvancor zurückkehren.
    »Ja, vielleicht, Katrin. Habe ich dir eigentlich schon mal gesagt, dass ich froh bin, dich als Freundin zu haben?«
    »Ähm, keine Ahnung.«
    »Dann sage ich dir’s eben jetzt.«
    Wieder diese Stille, wie bei ihren Eltern.
    »Danke … Lena«, stammelte Katrin schließlich. »Halt die … Ohren steif.«
    »Natürlich, mach dir nicht so viele Gedanken um mich, mir geht es gut.« So gern hätte Lena sich Katrin anvertraut, aber diese ganze Geschichte war derart verrückt, dass ihre Freundin damit sicher überfordert gewesen wäre. Also griff sich Lena Ragnars Dolch, steckte ihn in den Hosenbund und ließ das lange Sweatshirt darüberfallen. Anschließend kehrte sie ins Wohnzimmer zurück.
    »Katrin holt mich ab, ich gehe schon mal zur Straße.« Wieder eine Lüge, aber eine notwendige. Etron wartete im Wald, und sie konnte kaum ihren Vater bitten, den Tuavinn mitsamt seinem Bussard im Auto mitzunehmen. Bei dem Gedanken daran stieg ein Lachen ihre Kehle empor, sodass sie sich rasch räuspern musste.
    »Mach das, Kind. Das wird dich ablenken«, stimmte ihre Mutter sogleich zu.
    »Vielleicht übernachte ich sogar dort«, sagte Lena vorsichtshalber. Sie wusste nicht, wie und wann sie wieder hierherkommen würde, wie die Zeit verlaufen würde, und so konnte sie ihren Eltern unnötige Sorgen ersparen.
    »Natürlich, Lena«, pflichtete ihr Vater bei.
    Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange, umarmte ihre Mutter und ihre Schwester und kämpfte mit den Tränen. »Ich hab euch lieb«, flüsterte sie, als sie zur Tür hinausging. Dann straffte sie die Schultern, zog ihre Stiefel wieder an und wollte schnell in den Garten

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