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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten
Autoren: Aileen P. Roberts
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schön, dich zu sehen.«
    Irgendetwas war jedoch anders. Der Klang seiner Stimme? Oder waren es seine Augen?
    Rechts von Maredd knirschte es im Schnee. Und da war der verbliebene Crosganianer, einen aufgezogenen Bogen in der Hand. Maredd spannte sich an, schwankte, als er einen Schritt zurückwich. »Lucas, wenn noch etwas von dem übrig ist, der du einst warst …«, rief Maredd.
    »Warte!«, schrie Lucas dem Menschenkrieger zu, der sofort innehielt.
    Jetzt bemerkte Maredd, dass auch Lucas einen Bogen über der Schulter trug. Diesen nahm er nun in die Hand, und Maredd atmete erleichtert auf, als er erkannte, dass Lucas auf den Crosganianer zielte.
    »Aber natürlich … Vater!« Bedächtig legte er einen Pfeil auf die Sehne, zog den Bogen auf und wandte sich ihm ganz langsam zu. Lucas’ eben noch so freundliches Lächeln gefror wie der See, der sich hinter Maredd erstreckte.
    So gut wie möglich stand Ragnar den Bergleuten in ihrem Kampf gegen die Krieger der Fürsten bei – und derer waren es viele. Plötzlich bemerkte er eine huschende Bewegung zu seiner Linken. Irgendetwas folgte ihm parallel zur Richtung, die er gerade eingeschlagen hatte. Sofort schlossen sich seine Finger noch fester um Aravyns Schwert. Schon schnitt ihm der Schatten den Weg ab, verdichtete sich unmittelbar vor ihm. Ragnar blieb ruckartig stehen und beobachtete, wie die vagen Umrisse deutlichere Konturen annahmen und zu einem Bären wurden. War das einer der Rodhakan, die seinem Vater folgten? Oder doch eher einer von denen, die hier unter den Menschen ihr Unwesen trieben?
    »Ich bin Ragnar, Lucas’ Sohn«, sagte er daher mit fester Stimme.
    Der Bär riss sein Maul auf, Fäulnisgestank entwich dem dunklen Rachen, dann knurrte er: »Komm mit mir, er will dich sprechen.«
    Ragnar zögerte, aber der Wunsch, seinen Vater zu treffen, überstieg alle Bedenken. So führte ihn der Schattenbär wieder den Berg hinauf, eilte beinahe in die gleiche Richtung, aus der Ragnar eben gekommen war. Sie konnten nicht mehr allzu weit von dem Felslabyrinth entfernt sein, das zu den Höhlen führte. Zu ihrer Linken lag ein zu Eis erstarrter Bergsee. An dessen Ufer zeichnete sich eine Gestalt in der Dunkelheit ab. Langsam wandte sie den Kopf, hatte wohl das Knirschen des Schnees unter Ragnars Füßen vernommen und verdichtete sich zu einem Mann; ein unheimlicher Anblick, aber Ragnar straffte die Schultern und hielt langsam auf ihn zu.
    »Ragnar, mein Junge, endlich!«
    Ragnar beschleunigte seine Schritte, lächelte Lucas zögernd zu, blieb jedoch schlagartig stehen, als er erkannte, wer da am Boden lag. »Großvater?«, stieß er hervor.
    »Ein crosganianischer Pfeil hat ihn mitten in die Brust getroffen, es tut mir leid.«
    Erschüttert ließ sich Ragnar auf die Knie fallen. Maredds Brust hob und senkte sich nur noch ganz schwach.
    »Crosganianer!«, stieß Ragnar hervor. Seine Augen suchten die Umgebung ab, die Wut und der Schmerz, seinen sterbenden Großvater in den Armen zu halten, drohten ihn zu überwältigen. Gleißender Feuerschein erhellte unvermittelt den Himmel, die Erde erbebte. Ragnar blickte auf. Groteske Schatten huschten über Lucas’ Gesicht, beinahe hatte Ragnar den Eindruck, er würde lächeln, doch dann legte er den Kopf schief.
    »Wieder haben sich die Menschen gegen dich gestellt. An meiner Seite könntest du Vergeltung üben. Du und ich, Ragnar, Tuavinn und Rodhakan vereint. Lass uns jene von Elvancors Antlitz tilgen, die es nicht wert sind zu verweilen.«
    »Er lebt noch. Wir müssen ihn zu Amelia bringen«, sagte Ragnar.
    »Zu spät, mein Junge.« Lucas kniete sich neben ihn. »Du musst ihn weiter begleiten. Öffne den Pfad in die Ewigkeit.«
    »Was?« Ragnar spürte, wie Tränen auf seinem Gesicht gefroren, und im gleichen Moment begann es wieder zu schneien. »Ich … ich kann das nicht«, stammelte er. »Niemand hat es mir gezeigt. Ich konnte nur den Weg aus meiner Welt nach Elvancor erschaffen.«
    »Versuche es, Ragnar«, drängte Lucas. »Er ist dein Großvater, du musst es für ihn tun. Du wirst instinktiv wissen, wie du den Pfad öffnest. Gebrauche deine Magie!«
    »Und was ist, wenn ich versehentlich einen Weg in meine alte Welt erschaffe?«, flüsterte er.
    Hinter sich vernahm er ein Brummen, und als er sich umdrehte, entdeckte er nicht nur den Schattenbären, sondern auch die verschwommenen Gestalten weiterer Rodhakan, die sich langsam näherten. Ragnar war kalt, eiskalt, er zitterte am ganzen Körper. Er wollte Maredd
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