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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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ist es zu riskant.«
    Schon stürmte Targon davon. Maredd hielt sich den Arm, lehnte sich einen Augenblick lang gegen den kühlen Fels, dann eilte er hinter Targon her. Vielleicht würde Lena ja noch rechtzeitig zurückkommen.
    »Ist er endlich eingeschlafen?«, vernahm Ragnar die leise Stimme Arihans.
    Er lag auf seinem Lager in der Höhle, schloss jetzt eilig die Augen und versuchte, ruhig und gleichmäßig zu atmen.
    »Ja, schon seit einer Weile«, flüsterte Aravyn.
    »Das ist gut.« Ein tiefes Seufzen folgte, bevor Arihan weitersprach: »Ich muss unseren Leuten helfen. Die Rodhakan haben weitere Opfer gefordert, sowohl unter den Bergleuten als auch unter den Tuavinn. Zudem berichten Späher, dass die Fürsten uns immer weiter in Richtung der Höhlen drängen. Lass Ragnar schlafen und achte darauf, dass er die Höhle nicht verlässt. Ich bin zurück, sobald es mir möglich ist. Maredd ist hier, um Waffen für das Bergvolk zu holen. Doch ich werde an seiner Stelle aufbrechen, denn er ist erschöpft und wird dich mit deiner Wache ablösen, sobald er sich etwas ausgeruht hat.«
    »Gib auf dich acht, Arihan.«
    Ragnar hörte, wie sich Schritte entfernten, und als er die Augen einen Spaltbreit öffnete, sah er Aravyn, die sich unweit von ihm auf eine Decke sinken ließ und den Kopf gegen die Wand lehnte. Sie war selbst müde, das wusste er. Schon mehrfach während der letzten Tage hatte er versucht, sie zu überreden, ihm bei der Flucht aus der Höhle zu helfen, um sich dem Kampf anzuschließen, aber Aravyn war unnachgiebig gewesen. Ihre Bemühungen, ihn zu trösten, ihn zu beruhigen, hatten seine Unruhe und Wut jedoch nur gesteigert, und irgendwann hatte er ihr sogar an den Kopf geworfen, sie könne gar nicht seine Anam Cara sein, wenn sie ihm nicht vertraute. Das tat ihm heute leid, aber er musste einfach verschwinden. Es machte ihn wahnsinnig, hier eingesperrt zu sein. Er bemerkte, wie Aravyn immer wieder der Kopf auf die Brust sackte. Eine Weile wehrte sie sich dagegen, aber schließlich saß sie bewegungslos an der Wand.
    Vorsichtig schob Ragnar seine Decke zur Seite und erhob sich ganz langsam, stets darum bemüht, kein Geräusch zu verursachen. Wie alle Tuavinn besaß Aravyn sehr feine Sinne, daher schlich er auf Zehenspitzen zum Ausgang. Er nahm Aravyns grünen Umhang aus einem Regal, zog sich die Kapuze weit ins Gesicht und achtete darauf, seine dunkleren Haare gut darunter zu verbergen. Er nahm auch Aravyns Schwert, um die Verkleidung möglichst perfekt zu machen, und trat in die Haupthöhle. Hier herrschte heilloses Durcheinander. Verwundete wälzten sich am Boden, schrien vor Schmerz oder redeten im Fieberwahn vor sich hin. Als seine Großmutter in seine Richtung kam, wandte er sich eilig ab. Zum Glück beugte sich Amelia jedoch geschäftig über einen Krieger, dessen ganzes Bein von Blut durchtränkt war.
    So entsetzlich alles war – jetzt hatte er seine Chance zur Flucht. Er hielt den Kopf gesenkt, drängte sich an Männern mit Tragen vorbei. Als jemand von Weitem rief: »Aravyn, bringst du frisches Wasser von draußen mit?«, hob er die Hand, so als hätte er verstanden.
    Am Ausgang stand ein Tuavinn, aber dieser versuchte gerade, einen aufgeregten Bergmann, Ragnar erkannte ihn als Kians Onkel Ureat, zu beruhigen. Diesen Moment nutzte er, schlüpfte hinaus in das Zwielicht eines beginnenden oder vergehenden Tages. So genau konnte er das nicht mehr sagen, denn er war zu lange in der Höhle gewesen. Außerdem waren die Tage ohnehin so kurz geworden, dass es den meisten Tuavinn und ganz besonders den Menschen Sorge bereitete.
    Gern wäre Ragnar geritten, aber außer zwei Grauen, die mit hängenden Köpfen an Bäumen angebunden standen, waren keine Pferde hier, und in der Nähe stand Timena mit ihrem Kind.
    Daher eilte er zu Fuß bergab, wollte mit eigenen Augen sehen, was vor sich ging. Im Schutz der Dunkelheit rannte er durch den verharschten Schnee hinab in Richtung der Dörfer, in denen das westliche Bergvolk lebte.
    »Herr!« Widerwillig wandte sich Mitras von dem Anblick des Gemetzels ab, das sich in einem der Bergdörfer westlich von Ceadd abspielte. Während die meisten Krieger dieser Stadt sich ebenso wie die Bewohner Talads aus dem Angriff auf die Bergmenschen heraushielten, kämpften die Menschen aus Erborg und Crosgan verbissen. Sie jagten die meist schlecht bewaffneten Bergleute aus ihren Hütten, trieben sie in die Arme der wartenden Rodhakan, die ihnen alle Lebenskraft aussaugten und einige

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