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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten
Autoren: Aileen P. Roberts
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an, schoss jedoch nicht, denn Mitras verharrte an Ort und Stelle. Die rötlichen Augen bohrten sich in sie, und sie bemerkte, wie ihre Hände zu zittern begannen. Der Pfeil, der an der Sehne lag, klapperte leise gegen das Holz des Bogens.
    »Ihr könnt mir widerstehen. Weshalb?«, zischte er, wagte einen Vorstoß, zog sich aber wieder zurück.
    Da surrte von hinten ein Pfeil durch die Luft, Arihan stürmte auf Mitras’ Rücken zu, hätte ihm beinahe unbemerkt sein Schwert in den Schattenleib gerammt. Doch Mitras fuhr herum, fegte den alten Tuavinn mit einer Handbewegung beiseite. Mitras’ Dornenklauen rasten in die Tiefe, wollten Arihan aufspießen. Lena reagierte reflexartig. Sie riss ihren Bogen in die Höhe, legte den letzten Pfeil auf und ließ die Sehne los. Ohne zu zielen, ohne zu denken. Das Geschoss schnellte davon. Neben ihr schnappte Kian nach Luft, stürmte gemeinsam mit Aravyn und Ragnar vorwärts, um dem Rodhakan den Rest zu geben.
    Doch in diesem Moment bohrte sich Lenas Pfeil geradewegs in Mitras’ Hinterkopf. Noch einmal drehte er sich um, richtete seine hasserfüllten Augen auf Lena. Der Eibengeist nahm innerhalb weniger Lidschläge Hunderte von Formen an, ehe sich alles in weißen Nebel auflöste. Danke , vernahm Lena mehrere Stimmen, glaubte eine sanfte Berührung an ihrer Wange zu spüren, dann erkannte sie sogar eine geisterhafte Gestalt, die sich von Mitras löste und sich über Maredd beugte.
    »Vater«, hörte Lena Ragnar flüstern.
    Der Mann mit den silbergrauen Haaren blickte Ragnar eine ganze Weile lang an, und sie vermutete, dass er mit ihm in Gedanken sprach. Tränen rannen über Ragnars Gesicht, doch kurz darauf erhob sich eine ähnliche Geistergestalt von Maredds Körper, und die beiden verschwanden mit einer plötzlichen Windböe.
    »Er ist frei, er hat Großvater mitgenommen.« Auf einmal umarmte Ragnar sie, und sie bemerkte, wie er am ganzen Körper bebte. »Du hast meinen Vater und all die anderen von dem Eibengeist befreit. Weshalb habe ich nur nicht erkannt, wer er wirklich war?«
    »Habt ihr auch all die gefangenen Seelen gespürt?«, wandte sich Lena an Kian und Aravyn.
    Beide nickten einstimmig, wirkten gar ein wenig verstört.
    »Niemals zuvor habe ich so etwas erlebt«, stammelte Aravyn, betrachtete ihr Schwert. »Schon einige Rodhakan haben ihr Ende durch mich gefunden. Aber diesmal war es anders.«
    »Lena, du hast sie erlöst!« Noch einmal schloss Ragnar sie in seine Arme, küsste sie auf die Stirn.
    Unbeholfen streichelte sie über Ragnars Haare, schaute Hilfe suchend zu Arihan und ein wenig verlegen zu Aravyn. Aber diese schien nicht eifersüchtig, sondern eher erleichtert zu sein.
    Eryn deutete in den Wald. »Die anderen Rodhakan sind verschwunden. Entweder sie haben genügend Opfer gefunden, oder der Tod ihres Anführers hat sie verwirrt. Wir müssen nach Überlebenden suchen.«
    Eryn, Etron und Arihan stapften durch den Schnee davon.
    Ein kurzes Lächeln von Aravyn, dann fasste sie Kian am Arm und sprach leise und aufgeregt auf ihn ein.
    Ragnar hingegen klammerte sich an Lena fest. »Bitte verzeih mir. Ich habe alles falsch gemacht. Hätte ich doch nur auf dich gehört.«
    »Vielleicht musste alles so weit kommen«, sagte Lena.
    Eine frische Brise wehte, die Wolken über ihnen stoben auseinander, und Sonnenstrahlen vertrieben die unnatürliche Düsternis.
    »Mein Großvater, ich habe ihn auf dem Gewissen«, flüsterte Ragnar. »Sicher war es Mitras selbst, nicht ein Crosganianer.«
    Traurig betrachtete Lena Maredds Körper und konnte sich vorstellen, wie Ragnar sich jetzt fühlte.
    »Ich wünschte, sie hätten mich umgebracht und nicht ihn. Ohne mich stände es besser um Elvancor.« Noch immer starrte Ragnar auf Maredd, konnte sich offenbar nicht von dessen Anblick lösen.
    Die tiefe Verzweiflung in seinen Augen berührte Lena, aber sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und zwang ihn, sich ihr zuzuwenden. »So etwas solltest du nicht sagen! Es gibt viele, die dich lieben. Und Maredd hätte dich sicher nicht an seiner statt sehen wollen.« Sie strich ihm über die Wange, zog ihre Hand aber schnell wieder zurück. »Ragnar, du musst dich mit Aravyn verbinden. Wenn du deine Anam Cara hast, wird so etwas wie heute nie mehr geschehen. Die Eibengeister werden dann kaum noch Macht über dich haben.«
    »Weshalb konntest du ihm widerstehen?« Ungläubig schüttelte er den Kopf. »Irgendwie ist es dir gelungen, dich seinem Bann zu entziehen.«
    »Ich weiß nicht, wie ich
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