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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten
Autoren: Aileen P. Roberts
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tobte. Lena selbst fühlte sich wie im Auge eines Sturmes, wo die Zeit stillzustehen schien.
    »Ich sehe das, was dich umgibt, deine Aura aus Schatten, aus Dunkelheit«, fuhr sie fort und zeigte mit dem Finger auf den Rodhakan. »Du bist nicht Lucas!«, schrie sie. Ihre Worte waren noch nicht verklungen, da verschwamm die Gestalt. Einen Moment lang schimmerte ein Wesen durch, von dem Lena glaubte, es schon einmal zu Gesicht bekommen zu haben. »Du bist ein Eibengeist!«, schleuderte sie ihm entgegen, denn sie erinnerte sich an Arihans Vermutung.
    Für den Bruchteil einer Sekunde stand tatsächlich einer jener drei Meter großen Geister vor ihr, die sie im Wald von Ceadd erblickt hatte. Die ungewöhnlich langen Finger, die in Dornen endeten, formten sich zu Krallen. Auch dieser Eibengeist bestand vollständig aus winzig grünen Blättern, trug statt Haaren eine Krone aus spitzen Nadeln und hatte Augen, die so rot wie die Beeren dieser Bäume leuchteten. Kian sog die Luft ein, und auch Aravyn rückte näher an Lenas Seite, doch einen Augenblick später hatte der Rodhakan wieder die andere Form angenommen.
    »Ragnar! Hast du gesehen, was er ist? Was er wirklich ist?«, rief Lena, in der Hoffnung, die kurze Veränderung würde Ragnar zur Einsicht bringen. Und endlich war Leben in Ragnars Augen zu sehen.
    Den kurzen Moment der Ablenkung nutzte Aravyn, spurtete an dem Rodhakan vorbei an Ragnars Seite. Sie ergriff seinen Arm und hielt das Schwert vor sich ausgestreckt. »Bleib weg von ihm!«, zischte sie dem Rodhakan zu. Auch wenn ihrer Stimme ein leichtes Zittern zu entnehmen war, hegte Lena keinen Zweifel an ihrer Entschlossenheit.
    Mittlerweile war es den Tuavinn gelungen, den Schutzkreis der Feinde aufzulösen, daher sprang auch Arihan herbei. Sein grauer Umhang wehte hinter ihm her. Der Tuavinn stieß mit seiner Klinge nach dem Rodhakan, dessen Blick von rechts nach links huschte. Er war eingekreist, dennoch schaffte er es, im letzten Moment auszuweichen. Mit einer geschmeidigen Bewegung setzte Arihan nach, musste sich allerdings ducken, als sein Gegner ein Schwert unter seinem Umhang hervorzog und nach ihm schlug. Arihans graues Haar flog durch die Luft, als er zur Seite wirbelte. Der Rodhakan folgte ihm und holte zu einem erneuten Schlag aus. Lena glaubte schon, es wäre um Arihan geschehen, doch dieser griff nun blitzschnell an, erinnerte selbst fast schon an einen rasenden Schemen und drängte den Rodhakan in Richtung See zurück. Auch Etron, Eryn und sogar Targon, der wohl an der Seite der Bergmänner herbeigeeilt war, schlossen sich Arihans Kampf an.
    Als zu guter Letzt Morqua mit einem mächtigen Sprung über einige Feinde hinwegsetzte und auf den großen Rodhakan zuhielt, verflüchtigte sich dessen Erscheinung – und plötzlich war er verschwunden.
    Ohne sich umzusehen oder auf die anderen Kämpfenden zu achten, stürzte Lena zu Ragnar. Mit Tränen in den Augen blickte sie zu ihm auf. »Es tut mir leid, ich wollte dich nicht verletzen, nur verhindern, dass die Rodhakan über die Schwelle treten.«
    Stumm betrachtete er sie, anschließend Aravyn und Kian.
    »Was habe ich getan?«, flüsterte Ragnar.
    »Du hast dich von den Rodhakan beeinflussen lassen«, erklärte Lena.
    Ragnar schüttelte sich, dann streckte er seinen unverletzten Arm aus und fasste ihre Hand. »Ich war mir … so sicher! Mehr als alles andere habe ich mir gewünscht, meinen Vater zu treffen«, stammelte er. »Stattdessen habe ich mich von einem Rodhakan in den Bann ziehen lassen und war völlig weggetreten. Danke, dass du mich aufgehalten hast.«
    In Lenas Hals bildete sich ein Kloß.
    »Die Wunde ist nicht allzu tief«, versicherte Aravyn, während sie behutsam den Stoff an seinem Ärmel aufriss. »Trink das hier, Ragnar, es ist ein Gegengift von Lenas Großmutter.«
    Kurz betrachtete er die kleine Flasche, schluckte die Medizin, hielt Lena mit seinem Blick jedoch gefangen, und sie konnte sich auch kaum von ihm lösen.
    »Siehst du jetzt ein, dass etwas mit dir nicht stimmt?«, fragte sie leise. »Ich glaube, Arihan hat recht.« Sie schluckte schwer. »Du musst dich mit Aravyn verbinden! Du brauchst deine Anam Cara.«
    »Ja, ich …«, er schüttelte sich, drehte sich aber unvermittelt um. »Maredd!«
    »Ich habe ihm die Medizin gegeben«, versicherte Eryn ihm, doch ihr Blick sprach Bände. »Ich befürchte nur, es ist zu spät.«
    Auch Arihan kniete neben Maredd, große Sorge stand in seinem Gesicht.
    Jäh ertönte der Schrei eines Bussards
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