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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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Sogleich ließ Urdhen seine körperlichen Formen verschwimmen, wurde zu einem Schemen, der mit dem Fels verschmolz.
    »Lange hat er den Schutz vieler Tuavinn genossen, hat in der Nähe ihrer Lagerstätten gelebt«, überlegte Mitras laut. »Doch nun ist nur Maredd an seiner Seite.«
    »Maredd ist ein mächtiger Tuavinn«, wagte Urdhen einzuwenden.
    »Ich weiß.« Ruckartig fuhr Mitras herum. »Geh auf die Jagd und sieh zu, dass du diesmal einen starken Bären fängst.« Abfällig wanderten seine Augen über Urdhens blasse Konturen.
    »Aber ein starker Geist …«, setzte Urdhen an.
    »Einen starken Geist zu bezwingen bedeutet mehr Macht für dich«, zischte Mitras. »Gewinne an Macht oder verblasse zu nichts!« Damit wirbelte er herum und machte sich auf zu seinen Gefährten. Sie würden den Jungen im Blick behalten. Wenn tatsächlich er es war, der Everon und die anderen über die Schwelle gelassen hatte, wären sie ihren Wünschen und Zielen ein großes Stück näher.
    Kian brachte Lena zu einem der Häuser am Marktplatz. Es unterschied sich kaum von den anderen, war mit Schindeln gedeckt, das Innere niedrig, von einem schmalen Gang aus zweigten drei Holztüren ab. Kian öffnete die rechte. In einer Ecke des Raumes brannte ein kleines Feuer an einer offenen Feuerstelle, über der sich auf Kopfhöhe ein Kamin auftat. Eine Frau mittleren Alters stand dort, betrachtete Lena neugierig und rührte dabei in einem Kupferkessel.
    »Gib Lena zu essen, Erena«, verlangte Kian. »Ich bin bald zurück.«
    Unter den wachsamen Augen der Frau ließ sich Lena auf der grob gezimmerten Bank nieder, die zu beiden Seiten des dunklen Holztisches stand. Erena brachte ihr eine Schüssel, und Lena begann langsam die Gemüsesuppe zu löffeln, während ihr Blick durchs Zimmer schweifte. Die schweren Vorhänge waren zurückgezogen, und so konnte sie das geschäftige Treiben auf dem Markt beobachten. Der Raum selbst war zweckmäßig gehalten, mit wenigen, einfachen Holzmöbeln und drei größeren Truhen, die was auch immer enthalten mochten. Lediglich die beiden Schwerter über dem Kamin waren auffällig. Die schartigen Klingen sprachen von einer bewegten Vergangenheit, und Lena fragte sich, ob sie jetzt nur noch zur Zierde an der Wand hingen.
    In der steinernen Mauer fand man zahlreiche Vertiefungen. Dort wurden Holzschalen, Töpfe und Löffel aufbewahrt.
    »Du bist das Mädchen, das Kian von den Tuavinn befreit hat, nicht wahr?«, erklang jetzt Erenas schüchterne Frage vom Feuer aus. Sie war dabei, Teigklumpen zu formen und anschließend auf einen flachen Stein zu legen.
    »Könnte man so sagen«, brummte Lena.
    »Kannst du dich nun erinnern, wo du herkommst?«
    Lena schüttelte den Kopf und überlegte, ob sie nicht einfach versuchen sollte zu fliehen. Vorsichtig senkte sie die Hand, legte den Löffel ab und musterte Erena. Sie schätzte die Frau als keine Gegnerin ein, die eine ernsthafte Bedrohung für sie darstellte. Mit ihrem recht untersetzten Körperbau würde sie wohl kaum mit ihr mithalten können. Schnell blickte sie zur Tür, dann wieder zu Erena. Diese hatte ihr den Rücken zugewandt. Leise erhob sich Lena, aber da hörte sie plötzlich Schritte. Schon schwang die Tür auf, und Kian betrat den Raum. Er setzte sich zu Lena an den Tisch, nickte beiläufig, als auch er eine Schüssel Suppe vorgesetzt bekam.
    »Onkel Ureat hat gesagt, wir brechen morgen auf«, erklärte er knapp.
    »Das ist schön«, entgegnete Lena und merkte dann selbst, wie lahm das klang.
    Während Kian bedächtig aß, sah er immer wieder zu ihr herüber, und Lena fragte sich, was er wohl denken mochte.
    »Wie alt bist du eigentlich, Kian?«, erkundigte sie sich, nachdem ihr das Schweigen doch zu peinlich wurde.
    »Was meinst du damit?« Fragend sah er von seinem Essen auf.
    »Na, wie viele Jahre …« Lena zögerte, da er sie ganz offensichtlich nicht verstand. »Na, wie lange du schon lebst, meine ich.«
    Er fuhr sich durch seinen dunkelblonden Haarschopf. »Die Prüfung, die mich zum Bewacher Talads machte, liegt nun schon einige Triaden hinter mir.«
    »Und wie viele?«, wollte Lena ungeduldig wissen.
    Erneut schien er sich über diese Frage zu wundern. »Ich bin mir nicht sicher, es mögen sieben gewesen sein.«
    »Wie oft taucht denn diese magische Triade am Himmel auf?«
    »Du machst dir über eigenartige Dinge Gedanken, Lena. Die Götter lassen die Triade erscheinen, wie es ihnen beliebt. Manchmal vergehen einhundert Tage, dann wieder fünfhundert.«

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