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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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schmuddeligen, stinkenden Raum. Sie steckte die Kerze in die Halterung neben der Tür und stellte dann erstaunt fest, dass hier alles ausgesprochen sauber war. Auf einem Steinpodest standen ein Krug Wasser und eine Schüssel. In die Öffnung daneben konnte man vermutlich das verbrauchte Wasser gießen. Ein weiteres Loch in einem Stein diente als Toilette, aber dieses stank ebenfalls nicht. Daneben war ein Korb mit weichem Moos zu sehen. Das ist wohl elvancorisches Toilettenpapier ,dachte sie grinsend.
    Also verrichtete Lena ihr Geschäft, wusch sich die Hände und trat hinaus. Wie nicht anders erwartet, stand Kian noch draußen.
    »Das ist – praktisch«, meinte sie mit einem Blick auf das Toilettenhaus.
    »Kanntest du das nicht?« Sie ersparte sich eine Antwort, aber Kian fuhr ohnehin fort: »Schon die ersten Fürsten sollen diese Abtritte auf Anraten der Tuavinn eingerichtet haben. Das Jurtenmoos ist sehr hilfreich, denn es vertilgt sämtliche menschlichen oder tierischen Exkremente. Selbst in Erborg und Crosgan, wo man alles verdammt, was mit den Tuavinn in Zusammenhang steht, soll es sie noch geben. Ansonsten würde es bestialisch stinken, befürchte ich.«
    So ein Moos könnten wir in unserer Welt auch gebrauchen ,dachte Lena.
    Nachdem ihr Fluchtversuch gescheitert war, begab sie sich zurück in das kleine Zimmer und wurde bald vom Schlaf übermannt.
    Ragnar, vielleicht denkst du auch an mich.
    Nördlich von Talad lag Ragnar auf weichem Gras und betrachtete den Nachthimmel. Unzählige Sterne hingen am Himmel, hier und da sah man fremde Planeten, immer unterschiedliche, wie er schon hatte feststellen müssen. Ein leiser Wind fuhr säuselnd durch Büsche und Bäume. Tatsächlich waren Ragnars Gedanken zu Lena geschweift, aber auch andere Dinge beschäftigten ihn.
    »Wo habt ihr meinen Vater zum letzten Mal gesehen?«, fragte er seinen Großvater.
    Dieser lag neben ihm, hielt die Augen geschlossen, aber Ragnar glaubte nicht, dass er schlief.
    »Junge, du musst dich damit abfinden. Er fiel den Rodhakan zum Opfer!«
    »Niemand hat es gesehen«, protestierte Ragnar.
    Die kräftige Hand seines Großvaters schloss sich um seinen Unterarm. »Du weißt, nachdem Gavin starb, stürzte sich dein Vater in waghalsige Kämpfe. Lucas war nicht mehr er selbst, und eines Tages ritt er mitten in eine Gruppe Rodhakan, die über eine Bergsiedlung herfielen – das kann er nicht überlebt haben, so sehr mich das betrübt.«
    Schon so oft hatte Maredd ihm das erzählt, aber Ragnar wollte es nicht glauben. Und vor allem fühlte er sich schuldig, denn inzwischen wusste er, dass sein Vater seinen Seelengefährten über die Schwelle geschickt hatte, um ihn zu beschützen. Er hatte Gavin niemals gesehen, aber Maredd und Amelia hatten gemeint, nur durch ihn hätten ihn die Rodhakan so lange unbehelligt gelassen. Die Schattenkreaturen hatten Angst vor den Tuavinn, und solange sie noch keine feste Gestalt angenommen hatten, waren sie verletzlich. Aber jemanden wie Ragnar, der gar nicht wusste, welche Kräfte er innehatte, hätten sie trotzdem leicht töten oder für ihre Zwecke einnehmen können.
    »Weshalb hat sich Gavin mir nur nicht gezeigt?«, seufzte er wie schon viele Male zuvor.
    »Wir vermuten«, meinte Maredd, »dass er dich in Island gesucht hat. Er wählte einen anderen Übergang, weiter im Osten der Berge von Avarinn. Dieser führt zu einem Kraftpunkt im Norden Schottlands. Von dort aus war der Weg nach Island nicht mehr ganz so weit. Vermutlich sind viele Tage vergangen, bis er herausfand, wo du dich aufhältst.«
    »Und Vater spürte tatsächlich, als Gavin in meiner alten Welt starb?«, erkundigte sich Ragnar betrübt.
    Maredd seufzte tief. »Das spüren alle, die sich an einen Seelenfreund gebunden haben. Wenn er in großer Gefahr ist, wenn er Schmerzen hat und ganz besonders, wenn er seinen Körper verlässt. Wir vermuten, er fiel einem Rodhakan zum Opfer.«
    »Aber sag …« Diesen Gedanken hatte Ragnar zuvor noch gar nicht gehabt. »Weshalb kehrte Gavin dann nicht nach Elvancor zurück, als er starb? Sowohl Vater als auch ich kamen hierher.«
    »Gavin war ein Wesen Elvancors, und die gehen sofort in die Ewigkeit ein.«
    »Das ist nicht fair.« Wütend warf Ragnar einen Ast ins Unterholz. »Weshalb bekommt man einen Anam Cara, nur um ihn dann doch wieder zu verlieren?«
    »Weil das manchmal Teil des Lernens ist. Schmerzhaft, aber ein Lernprozess«, erklärte Maredd ruhig. »Wer sich in Geduld übt, wird seinen Anam Cara

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