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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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ihr einen Finger auf den Mund.
    »Sei ruhig. Wir verstecken uns.« Mit diesen Worten kroch er unter eine annähernd mannshohe Wurzel.
    Lena war das nicht ganz geheuer, aber allein hier draußen bleiben wollte sie auch nicht. Daher sank sie ebenfalls auf die Knie und krabbelte hinter Kian her. Zum Glück weitete sich der Spalt in der Wurzel bald, und sie befanden sich in einem halbwegs geräumigen Hohlraum unter einer alten Eibe.
    »Kian, was hat das alles zu bedeuten?«
    »Wir sollten schweigen, nur für den Fall, dass wir die Verfolger nicht abgeschüttelt haben.« Sein Arm legte sich um sie, und er rieb ihr kurz die Schulter. »Später werde ich versuchen, es dir zu erklären.«
    »Na prima«, grummelte Lena. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie in die Dunkelheit, lauschte auf verdächtige Geräusche. Hier ein Rascheln, dort ein Knacken, dann ein unzuordenbarer Ruf, und jedes Mal zuckte Lena zusammen, doch Kian drückte stets beruhigend ihre Hand.
    Sie vermochte die Zeit kaum zu schätzen, aber es schienen ihr Stunden zu sein, die sie in diesem Versteck kauerten.
    Noch einmal lauschte Kian in die Dunkelheit, dann begann er zu sprechen. »Ich denke, jemand hat das Gespräch mit meinem Onkel belauscht und den Crosganianern verraten, auf welchem Weg wir reisen.«
    »Kann es nicht dein Onkel gewesen sein, der mich verriet?«
    »Nein«, versicherte er nachdrücklich. »Er hält die Jagd nach den Amuletten für Irrsinn und sieht große Gefahren darin, wenn die Crosganianer tatsächlich über die Schwelle zurückgehen würden.«
    Also in meine Welt , dachte Lena. »Aber was wollen sie dort?«, fragte sie laut.
    »Manch einer spricht davon, dass Nemetos behauptet, dort ließen sich Gold, Silber und Edelsteine leichter abbauen als in Elvancor, wo sie von Tuavinn und Berggeistern beschützt werden. Andere glauben, er wolle sich seine alte Welt wieder untertan machen und ohne die übrigen Fürsten herrschen.«
    »Dann will Nemetos zurück?«
    »Mag sein.« Kian stieß die Luft heftig aus. »Ich möchte nur wissen, wer uns belauscht hat. Denn normalerweise würden alle Onkel Ureat zur Seite stehen. Es sei denn, es handelte sich um jemanden, der dich nicht mag oder fürchtet …«
    »Irba«, stöhnte Lena.
    »Wir sollten sie nicht voreilig verurteilen, aber es wäre möglich.«
    Nun war sich Lena sicher, Irbas garstige Stimme vernommen zu haben, als die Fremden angegriffen hatten.
    »Und was tun wir jetzt?«
    Selbst wenn es stockdunkel war, spürte Lena Kians Blick auf ihrem Gesicht.
    »Ich sehe mich kurz draußen um, dann entscheiden wir, ob wir warten oder fliehen.«
    Schon hörte Lena, wie Kians Kleider raschelten und er sich erhob.
    »Soll ich nicht besser mitkommen?«
    »Nein, warte hier. Ich bin gleich wieder da.«
    Die Vorstellung, ganz allein zurückzubleiben, war beinahe mehr, als Lena ertragen konnte. Was war, wenn Kian sie im Stich ließ? Wenn er getötet oder verletzt wurde? Sie kauerte sich zusammen, lauschte auf jedes noch so ferne Geräusch. Instinktiv tastete Lena nach ihrer Rocktasche und hätte beinahe hysterisch aufgelacht. Seitdem sie in Elvancor war, hatte sie kein Handy mehr und es, ehrlich gesagt, auch nicht vermisst. Mal abgesehen davon, dass es ihr ohnehin nichts genützt hätte. Aber jetzt wünschte sie sich verzweifelt einen beruhigenden Lichtschein, zumindest auf die Uhr sehen zu können, auch wenn diese hier nicht von Bedeutung war. Dann musste sie an Ragnar denken. Wo war er jetzt?
    »Lena!« Sie zuckte heftig zusammen, als sie diesen leisen Ruf hörte.
    »Ja.«
    »Komm heraus, soweit ich sehen kann, ist niemand in der Nähe.«
    Erleichtert atmete sie auf, kroch aus ihrem Versteck und stellte sich neben Kian.
    »Wir müssen leise sein. Vielleicht gelingt es uns, unentdeckt den Wald zu verlassen.«
    Den Wald verlassen – die Aussicht, endlich aus dem Eibenwald herauszukommen, sagte Lena durchaus zu. Daher folgte sie Kian nur zu gern, erschrak aber jedes Mal, wenn sie auf einen morschen Ast trat oder eine Wurzel übersah. Sie hatte das Gefühl, völlig tollpatschig durch die Gegend zu stolpern, während Kian mit bewundernswerter Geschmeidigkeit und annähernd lautlos durch die Bäume eilte. Das Gefühl, von unsichtbaren Augen beobachtet zu werden, jagte Lena ständig eisige Schauer über den Rücken. Ob es nun Geister oder ihre Verfolger waren, konnte sie nicht sagen. Lediglich hier und da warfen Sterne oder die magische Triade ihr Licht durch das dichte Blattwerk. Als Kian auf einmal abrupt

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