Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
Vom Netzwerk:
zu üben.« Lena wollte dieses Thema nun beenden, und so glitt sie von der steinernen Bank und schwamm noch eine Runde in dem Wasserbecken.
    Als sie schließlich zu ihren Kleidern kam, stellte sie überrascht fest, dass diese tatsächlich auf dem heißen Stein getrocknet waren.
    »Möchtest du gehen?«, rief ihr Ragnar zu.
    »Na ja, sonst werden wir bald aussehen wie die verschrumpelten alten Leute bei uns im Altenheim.«
    Er lachte laut auf. »Du wirst froh sein, dem Heim entronnen zu sein, nicht wahr?«
    »Ach, na ja. Ich muss gestehen, am Ende fand ich es gar nicht mehr so schlimm. Und manche Bewohner werde ich sogar vermissen, wenn ich mit den Sozialstunden fertig bin.«
    »Dann kannst du ihnen Geschichten aus Elvancor erzählen – und vielleicht sogar die Angst vor dem Sterben nehmen.«
    »Eine schöne Idee«, Lena rümpfte ihre Nase, »aber niemand würde mir glauben, nicht einmal die Verwirrtesten.«
    »Das ist gut möglich.« Ragnar legte den Kopf schief. »Zieh dich an, ich schwimme noch eine Runde.«
    Damit drehte er um, und Lena schwang sich an den Rand des natürlichen Beckens. Die Steine fühlten sich warm an auf ihrer Haut – beinahe schon zu warm, um länger darauf sitzen zu bleiben. Sie entledigte sich ihres nassen Unterhemds und schlüpfte in Hose und Hemd. Auf dem schmalen, mit Moos bewachsenen Steg balancierte Lena bis zu der Stelle, wo ihre Schuhe standen, widerstand der Versuchung, sich umzudrehen, als sie hörte, wie Ragnar aus dem Wasser stieg, und wartete, bis er bei ihr war.
    »Hat es dir gefallen?«
    »Ja, es ist toll hier.« Lena sah zurück zu den heißen Quellen und staunte, als sich der Nebel auf einmal zusammenzog.
    »Sind das …«, begann sie, wenngleich sie keinerlei Furcht verspürte, wie es beim Erscheinen der Rodhakan stets der Fall gewesen war.
    »Nein, es sind Quellengeister. Manchmal verdichten sie sich zu Dampf und bilden diese ungewöhnlichen Formen.«
    In diesem Augenblick stieg eine Rose aus Wasserdampf auf, schwebte über den heißen Quellen und zerbarst schließlich, nur um sich gleich darauf in einen überdimensionalen weißen Schmetterling zu verwandeln. Dieser flatterte nun auf sie zu. Lena hielt die Luft an, aber Ragnar nahm beruhigend ihre Hand. Als die Quellengeister näher kamen, konnte Lena winzige, wie aus Nebel geformte Gestalten ausmachen. Ähnlich weißen Flämmchen schwebten sie dicht zusammengeschmiegt näher. Die Augen der Quellengeister waren klein wie Stecknadeln und immer nur für wenige Augenblicke zu erkennen. Lautlos glitten die Quellengeister an ihnen vorbei. Lena spürte eine sachte, feuchte Berührung auf ihrem Gesicht, die sich warm und beinahe liebevoll anfühlte. Kurz darauf stoben diese ungewöhnlichen Wesen auseinander und lösten sich auf.
    »Sie mögen dich, Lena«, freute sich Ragnar. »Mir haben sie sich bisher nur ein- oder zweimal gezeigt, dabei war ich schon viele Male hier baden.«
    »Das war sicher Zufall.« Fasziniert strich sich Lena über die Wange, die nach wie vor warm von der Berührung war. Anschließend räusperte sie sich, ließ Ragnars Hand los und deutete in Richtung des Ausgangs.
    »Möchtest du versuchen, die Geister zu beschwören, damit wir auf diesen magischen Wegen zurückkommen?«
    »Nein, das würde mir nicht gelingen.« Ragnars Gesicht verfinsterte sich.
    »Das sagt gerade derjenige, der mich heute dauernd aufgefordert hat, nicht aufzugeben, wenn mir irgendwelche Schläge nicht gelungen sind«, zog sie ihn auf.
    Aber Ragnar ging nicht weiter darauf ein. »Das ist etwas anderes«, antwortete er abweisend. »Und jetzt komm, es wird bald dunkel.« Er steuerte auf den Felsengang zu.
    Erfreulicherweise graste Devera nicht weit entfernt, und so konnten sie den Weg zu Pferd zurücklegen. Diesmal saß Lena hinter Ragnar, schmiegte ihren Kopf an seinen Rücken und versuchte, nicht daran zu denken, dass sie bald wieder auf Aravyn treffen würden. Ragnar lebte in dieser Welt weiter, sie waren gute Freunde – und das war ein wunderbares Geschenk.

Kapitel 13
    Kraftorte
    K aum kehrten Lena und Ragnar zu den Höhlen zurück, hörten sie schon von Weitem ein lautes Gespräch. Zwei Tuavinn, eine Frau mit dunkelgrauen Haaren, in denen einzelne silberfarbige Strähnen einen interessanten Kontrast bildeten, und ein Mann, der sein graues Haar lediglich schulterlang trug, standen sich gegenüber und stritten heftig.
    »Nein, das sehe ich vollkommen anders!«, ruckartig wandte sie sich von ihm ab und verschränkte die Arme vor der

Weitere Kostenlose Bücher