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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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Brust.
    »Noch haben sie nicht entschieden, ob ich überhaupt in die andere Welt gehen soll. Also ist es gut möglich, dass ich dabei sein werde, wenn deine Schwester ihr Kind bekommt.«
    »Dennoch war es nicht richtig, dich freiwillig zu melden!«, beharrte sie, ohne sich umzudrehen. »Die Geburt eines Kindes ist für einen Tuavinn ein außergewöhnliches Ereignis, dem du als naher Verwandter beiwohnen solltest.«
    »Als Tuavinn ist es unsere Pflicht, nicht nur die Grenzen zu hüten. Werden diese von Rodhakan übertreten, so erachte ich es als unsere Aufgabe, die Schattenbrut auch in der anderen Welt unschädlich zu machen.«
    »Es war nicht deine Schuld, dass dies geschehen ist«, brauste die Tuavinn auf, wirbelte herum, sodass ihre Haare nur so durch die Luft flogen.
    Lena bemerkte, wie Ragnar beschämt den Kopf senkte, daher strich sie ihm kurz über den Arm, ehe sie sich wieder dem Streit zuwandte. Die dunklen Augenbrauen des Tuavinn zogen sich zusammen, er schien gleich die Beherrschung zu verlieren. Doch dann besann er sich, trat auf die Frau zu und nahm sie an den Schultern. »Lass uns doch erst einmal die Entscheidung abwarten«, bat er sie, doch vergebens. Seine Gesprächspartnerin hatte sich derart in Rage geredet, dass sie seine Hände von ihren Schultern stieß, sich abwandte und mit großen Schritten davonstapfte.
    »Was war denn mit denen los?«, wollte Lena wissen.
    »Das sind Taramin und Gheros.« Ragnar schnitt eine Grimasse. »Sie streiten sich ständig.«
    »Dann sind sie keine Anam Cara?«
    »Doch, sind sie – und das schon sehr lange.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja, sie liegen sich ständig in den Haaren, aber ohne einander können sie auch nicht leben. Soweit ich es ihrem Gezänke entnommen habe, hat sich Gheros bereit erklärt, in der anderen Welt Rodhakan zu jagen, und Taramin gefällt das nicht. Du musst wissen, ihre jüngere Schwester erwartet ein Kind, und das ist ein ausgesprochen bedeutendes und seltenes Ereignis bei den Tuavinn.«
    Bis jetzt hatte Lena noch kein einziges Tuavinn-Kind zu Gesicht bekommen. Alle Vertreter von Maredds Volk waren erwachsen.
    »Dann muss diese Verbindung also nicht zwangsläufig vollkommen harmonisch sein?«, erkundigte sich Lena vorsichtig.
    »Nein, das ist sie nicht immer«, bestätigte Ragnar. »Manchmal liegt das einfach daran, dass der Seelenfreund die Schwächen des anderen widerspiegelt, woraus Uneinigkeit entstehen kann. Wenn man dazu noch bedenkt, wie lange Tuavinn zusammen sind, ist das gar nicht so ungewöhnlich.«
    Stumm musterte Lena Ragnar und überlegte, wie das wohl bei ihm sein würde. Aber wollte sie wirklich warten, bis er Aravyn vielleicht eines Tages überdrüssig wurde? Konnte sie das überhaupt ertragen, oder würde sie bis dahin in ihrer Welt nicht alt und grau geworden sein? Dann straffte sie energisch die Schultern. Im Augenblick konnte sie an Ragnars Gefühlen für Aravyn sowieso nichts ändern. Außerdem wurde sie abgelenkt, da sich eine muskulöse Gestalt vom Höhleneingang her näherte. Lena erkannte den Tuavinn wieder, der mit Maredd über Ragnar gesprochen hatte. Der geflochtene Zopf am Rücken unterschied ihn von den anderen, zudem überragte er die meisten Tuavinn mindestens um Haupteslänge.
    »Targon.« Auf der Stelle verfinsterte sich Ragnars Gesicht, und auch der Tuavinn stutzte kurz, kam dann jedoch auf sie zu.
    »Ragnar.«
    Lena bemerkte, dass in diesem einen Wort eine große Abneigung lag, mehr noch als es eben bei Ragnar der Fall gewesen war, als er den Namen des Tuavinn ausgesprochen hatte.
    »Beehrst du diesen heiligen Platz doch noch mit deiner Anwesenheit?«
    »Ich weiß nicht, was du damit sagen willst, Targon.« Seine typisch arrogante Miene zeigte sich auf Ragnars Gesicht. »Und ehrlich gesagt, interessiert es mich auch nicht.« Er ging lässig weiter und ließ Targon einfach stehen.
    Dieser bebte nun förmlich vor Zorn.
    Lena hingegen sah nur kurz zu dem großen Mann auf, dann eilte sie Ragnar hinterher. Hier in Elvancor hatte sie Ragnar noch nie so herablassend und beleidigend erlebt, aber offensichtlich scherte er sich nicht darum, was Aravyns Onkel von ihm dachte und ob dieser ihn mochte oder nicht – oder er gab es zumindest vor. Auch ihr war dieser Tuavinn nicht unbedingt sympathisch, aber so mit ihm zu sprechen hätte sie dennoch nicht gewagt, denn Targon hatte etwas Bedrohliches, Machtvolles an sich, wie sie fand.
    Im Inneren der Haupthöhle hatten sich schätzungsweise zweihundert Tuavinn versammelt. In

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