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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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heftig.
    Er deutete auf die Tasche an seinem Gürtel. »Schnell. Die Larven sind kurz vor dem Ausschlüpfen, und dann werden sie anfangen, dich von innen heraus aufzufressen. Mach den Beutel auf. Da, das schwarze Fläschchen, das kleine da. Mach es auf!«
    Sie entfernte den Stöpsel. Ein bitterer Geruch ließ sie zurückzucken.
    »Einen Tropfen auf die Fingerspitze, und dann drück den Tropfen auf die Wunde, drück ihn richtig in die Wunde. Und dann den nächsten und den nächsten...«
    »Ich ... ich kann die um meine Augen herum nicht fühlen ...«
    »Ich werde dich führen, Mädchen. Und jetzt beeil dich!«
    Der Schrecken schien kein Ende zu nehmen. Die Tinktur, ein übel riechender dunkelbrauner Saft, tötete die ausgeschlüpften Larven nicht, sondern trieb sie heraus. Heboric gab ihr erneut Anweisungen, wohin sie zu greifen hatte, als die Larven um ihre Augen und Ohren träge ins Freie krochen, und sie zupfte sie aus den Löchern, die die Stiche hinterlassen hatten. Jede Larve war ungefähr so lang wie ein abgeschnittener Fingernagel und von der einschläfernden Wirkung der Tinktur ganz benommen. Die Stiche, die sie sehen konnte, gaben ihr eine Vorstellung davon, wie es um ihre Augen und Ohren herum aussah. In ihrem Mund überlagerte die Bitterkeit der Tinktur den Geschmack des Giftes der Blutfliegen-Larven; in ihrem Kopf begann sich alles zu drehen, und ihr Herz schlug beängstigend schnell. Die Larven fielen wie Reiskörner auf ihre Zunge. Sie spuckte sie aus.
    »Es tut mir Leid, Felisin«, sagte Heboric, nachdem sie fertig waren. Er untersuchte die Stiche rund um ihre Augen, und auf seinem Gesicht lag ein mitfühlender Ausdruck.
    Ein Schauer durchlief sie. »Was ist los? Werde ich blind? Oder taub? Sag schon, was ist, Heboric?«
    Er schüttelte den Kopf, setzte sich langsam hin. »Blutfliegen-Stiche ... das Gift tötet das Fleisch. Es wird heilen, aber es werden Pockennarben zurückbleiben. Es tut mir so Leid, Mädchen. Um deine Augen herum sieht es schlimm aus, es sieht sehr schlimm aus ...«
    Sie hätte beinahe laut losgelacht; in ihrem Kopf drehte es sich noch immer. Ein neuer Schauer schüttelte sie, und sie schlang die Arme um ihren Körper. »Ich habe solche Menschen gesehen. Einheimische. Hier und da ...«
    »Hm. Normalerweise treten Blutfliegen nicht in Schwärmen auf. Es müssen die Flammen gewesen sein. Hör zu, ein guter Heiler – einer, der sich des Denul-Gewirrs zu bedienen weiß – kann die Narben beseitigen. Wir werden so einen Heiler finden, Felisin, das schwöre ich bei Feners Hauern ... ich schwöre es!«
    »Mir ist schlecht.«
    »Das kommt von der Tinktur. Herzrasen, Frösteln, Übelkeit. Es ist der Saft einer Pflanze aus dem Reich der Sieben Städte. Wenn du den Rest, der jetzt noch in dem Fläschchen ist, trinken würdest, wärst du innerhalb weniger Minuten tot.«
    Dieses Mal lachte sie laut auf, das Geräusch klang zittrig und brüchig. »Vielleicht würde ich das Tor des Vermummten freudig begrüßen, Heboric.« Sie warf einen Blick zu ihm hinüber. Der blaue Schimmer verblasste allmählich. »Fener muss sehr viel verzeihen.«
    Bei diesen Worten runzelte er die Stirn. »Um ehrlich zu sein, ich kann mir keinen Reim auf das machen, was da geschehen ist. Mir fällt mehr als ein Hohepriester Feners ein, dem das Kotzen käme, wenn man zu ihm sagen würde, der Eber-Gott wäre ... nachsichtig.« Er seufzte. »Aber es hat den Anschein, als hättest du Recht.«
    »Willst du ihm vielleicht deinen Dank erweisen? Ein Opfer darbringen?«
    »Vielleicht«, grollte er und sah dabei weg.
    »Es muss ein schwerwiegender Verstoß gewesen sein, der dich von deinem Gott weggetrieben hat, Heboric.«
    Er antwortete nicht. Einen Augenblick später stand er auf, die Augen auf die immer noch in Flammen stehende Stadt gerichtet. »Da kommen Reiter.«
    Sie setzte sich ein bisschen aufrechter hin; um aufzustehen, fühlte sie sich noch zu benommen. »Beneth?«
    Er schüttelte den Kopf.
    Wenige Augenblicke später kam eine Gruppe Malazaner herangeritten. Sie machten genau gegenüber von Heboric und Felisin Halt. An der Spitze der Reiter war Hauptmann Sawark. Eine Dosii-Klinge hatte ihm eine Wange aufgeschlitzt. Seine Uniform war voller dunkler Blutflecken. Unwillkürlich zuckte Felisin zurück, als der Blick seiner kalten Eidechsenaugen auf ihr verweilte.
    »Wenn ihr oben auf dem Kamm seid – schaut nach Süden«, sagte der Hauptmann schließlich.
    Heboric entschlüpfte vor Überraschung ein leiser Fluch. »Ihr

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