Das Reich der Sieben Städte
unterschwellige Ruhelosigkeit gespürt hatte –, war jetzt entfesselt und jubelte über seine Freiheit.
Mit gesenkten Köpfen trotteten die Pferde vorwärts, hin und her gestoßen von unberechenbaren Böen sandgeschwängerter Luft. Der Boden unter ihren Füßen war eine Mischung aus festem, dicht zusammengepresstem Lehm und Geröll; der dicke Mantel aus feinem weißen Sand war vom Boden gehoben worden und sang jetzt in der Luft, und mit dem Sand waren auch die geduldigen, alles überdeckenden Jahrhunderte verschwunden.
Sie stiegen ab, verhüllten die Köpfe der Pferde, und führten sie weiter.
Knochen knackten unter ihren Füßen. Rostende Rüstungsteile, Streitwagenräder, Reste von Pferde- und Kamelgeschirren, Lederstücke, die krummen Fundamente längst verfallener Wände – was einst eine nichts sagende Wüste gewesen war, zeigte jetzt ihre Gebeine, und sie bedeckten den Boden in solcher Fülle, dass Fiedler von Ehrfurcht ergriffen wurde. Er konnte nicht einen einzigen Schritt machen, ohne etwas unter seinen Stiefeln zu zermalmen.
Eine hohe, von Steinen eingefasste Böschung versperrte ihnen plötzlich den Weg. Sie war abgeschrägt und deutlich mehr als mannshoch. Fiedler überlegte eine ganze Weile, dann packte er die Zügel seines Reittiers fester und führte es die Schräge hinauf. Halb kriechend, halb stolpernd mühten sie sich hangauf, erreichten schließlich das obere Ende und fanden sich auf einer Straße wieder.
Die Pflastersteine waren sorgfältig bearbeitet und exakt eingepasst, sodass nur eine hauchdünne Fuge zwischen den einzelnen Steinen blieb. Nachdenklich kauerte Fiedler sich hin, versuchte, sich auf einen Punkt zu konzentrieren, während er die Oberfläche der Straße musterte – eine Aufgabe, die von den Sandfahnen, die der Wind beständig heranwehte, nicht leichter gemacht wurde. Er konnte nicht sagen, wie alt die Straße war. Er hatte geglaubt, dass sie Zeichen von Abnutzung aufweisen musste, selbst wenn sie lange unter dem Sand verborgen gewesen war – doch er konnte keine finden. Darüber hinaus wies die ganze Konstruktion auf Fähigkeiten hin, die weit über das hinausgingen, was er bis jetzt im Reich der Sieben Städte an Steinmetzarbeiten jemals gesehen hatte.
Zu seiner Rechten und zu seiner Linken verlief die Straße kerzengerade wie ein Speerschaft, so weit der Blick aus seinen blinzelnden Augen reichte. Sie stand da wie ein riesiger Wellenbrecher, den selbst dieser magische Sturm nicht durchbrechen konnte.
Crokus beugte sich dicht zu ihm. »Ich dachte, es gibt keine Straßen in der Raraku?«, schrie er über das schrille Heulen des Sturms hinweg.
Der Sappeur schüttelte den Kopf; er konnte es sich selbst nicht erklären.
»Sollen wir ihr folgen?«, fragte Crokus. »Hier oben ist der Wind nicht ganz so schlimm ...«
Soweit Fiedler das beurteilen konnte, führte die Straße in Richtung Südwesten, tief ins Herz der Raraku. Richtung Nordosten würde sie nach ungefähr zehn Längen die Pan'potsun-Hügel erreichen – in dieser Richtung würden sie vielleicht fünf Längen weiter südlich wieder in den Hügeln ankommen, die sie zuvor verlassen hatten. Das schien nicht allzu viel Sinn zu haben. Er starrte erneut die Straße zu seiner Rechten entlang. Das Herz der Raraku. Man sagt, dass es dort eine Oase geben soll, wo auch Sha'ik und ihre Abtrünnigen lagern. Wie weit ist es bis zu dieser Oase? Werden wir irgendwo zwischen hier und dort Wasser finden? Ganz sicher würde eine Straße, die dazu gedacht war, eine Wüste zu durchqueren, an Wasserstellen vorbeiführen. Es wäre Wahnsinn, etwas anderes anzunehmen, und die Erbauer dieser Straße hatten sich als viel zu geschickt erwiesen, um Narren zu sein. Tremorlor ... Wenn die Götter wollen, wird diese Straße uns zu dem legendären Tor fuhren. Die Raraku hat ein Herz, hat der Schnelle Ben gesagt – Tremorlor, ein Azath-Haus.
Fiedler stieg wieder in den Sattel des Gral-Wallach. »Wir folgen der Straße«, schrie er seinen Gefährten zu und deutete in Richtung Südwesten.
Sie beklagten sich nicht, sondern wandten sich ihren Pferden zu. Sie hatten sich ihm untergeordnet, wie Fiedler plötzlich bewusst wurde, weil sie sich beide in diesem Land verloren fühlten. Sie verließen sich vollständig auf ihn. Beim Atem des Vermummten, sie glauben, ich weiß, was ich tue. Soll ich ihnen jetzt etwa erzählen, dass der Plan, Tremorlor zu finden, einzig und allein auf der Überzeugung basiert, dass dieser sagenhafte Ort tatsächlich
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