Das Reich der Sieben Städte
Glück auf ihrer Seite hatten die dort stationierten Truppen sich zurückziehen können. Obwohl Duiker in Wahrheit wenig Hoffnung hatte. Viel wahrscheinlicher war, dass sie versucht hatten, die malazanischen Bürger zu schützen – und sich zu den Leichenbergen gesellt haben.
Es war leicht, der Spur zu folgen, die Coltaines Armee und die Flüchtlinge hinterlassen hatten. Sie führte nach Südwesten, landeinwärts, in die Sialk-Odhan. Die nächste Stadt, in der sie vielleicht Hilfe finden konnten – Caron Tepasi – war sechzig Längen entfernt, und die Steppen, die sie auf dem Weg dorthin durchqueren mussten, waren von feindseligen Tithansi-Clans bevölkert. Und außerdem ist ihnen Kamist Reloes Apokalypse auf den Fersen. Duiker wusste, dass er die Armee zwar sehr wohl einholen mochte – dann jedoch mit den Soldaten sterben würde.
Nichtsdestotrotz konnte die Rebellion an anderen Orten bereits niedergeschlagen sein. Es gab eine Faust in Caron Tepasi, und eine andere in Guran. Wenn es einer davon – oder gar beiden – gelungen war, den Aufstand in ihrer Stadt zu unterdrücken, dann hatte Coltaine ein Ziel, das zu erreichen durchaus möglich war. Ein Zug quer durch die Odhan würde allerdings Monate dauern. Zwar gab es genug Grasland für das Vieh, doch es gab nur wenige Wasserstellen, und die Trockenzeit hatte gerade begonnen. Nein, selbst eine solche Reise nur in Erwägung zu ziehen hat schon nichts mehr mit Verzweiflung zu tun. Es ist der nackte Wahnsinn.
Damit blieb nur noch... ein Gegenangriff. Ein schneller, tödlicher Schlag, um Hissar wieder einzunehmen. Oder Sialk. Selbst eine zerstörte Stadt bot mehr Möglichkeiten zur Verteidigung als die offene Steppe. Überdies konnte die malazanische Flotte sie dann unterstützen. Pormqual mag ein Narr sein, aber Admiral Nok ist ganz eindeutig keiner. Die Siebte Armee konnte nicht einfach aufgegeben werden, denn ohne sie war jede Hoffnung, die Rebellion vielleicht doch noch schnell niederzuschlagen, dahin.
Im Augenblick allerdings war klar, dass Coltaine den Treck nach Dryj-Quelle führte, und trotz ihres Vorsprungs ging Duiker davon aus, dass er sie noch vorher einholen würde. Das, was die Malazaner jetzt am dringendsten brauchten, war Wasser. Kamist Reloe würde das genauso gut wissen. Er hatte Coltaine in eine Position gebracht, in der jeder Zug vorhersehbar war – und das war etwas, das kein Kommandeur sich wünschte. Je weniger Möglichkeiten der Faust blieben, desto schlimmer war die Situation.
Duiker ritt weiter. Die Sonne wanderte langsam westwärts, während er der schuttübersäten Spur folgte. Bei dem seelenlosen Anblick fühlte Duiker sich unbedeutend; all seine Hoffnungen und Befürchtungen schienen ihm plötzlich sinnlos. Gelegentlich lag die Leiche eines Soldaten oder eines Flüchtlings am Straßenrand – Männer und Frauen, die an ihren Wunden gestorben und ohne große Zeremonie einfach liegen gelassen worden waren. Die Sonne hatte die Leichname anschwellen lassen, und ihre Haut hatte sich tiefrot und schwarz verfärbt. Diese Toten einfach zurückzulassen, ohne sie zu begraben, war ganz sicher nicht leicht gewesen. Duiker spürte etwas von der Verzweiflung, die in dem von Feinden umgebenen Treck herrschen musste.
Eine Stunde vor der Abenddämmerung erschien eine halbe Länge landeinwärts eine Staubwolke. Der Historiker vermutete, dass sie von berittenen Tithan-Kriegern stammte, die unterwegs nach Dryj-Quelle waren. Für Coltaine und seine Leute würde es keine Ruhe geben. Duiker ahnte, was ihnen bevorstand: blitzschnelle Überfälle von berittenen Gruppen, um die Wachposten des Lagers immer aufs Neue aufzuschrecken; plötzliche Treibjagden, um das Vieh davonzutreiben; Brandpfeile, um die Wagen der Flüchtlinge in Brand zu stecken... Es würde eine Nacht des unaufhörlichen Schreckens werden.
Er sah die Tithansi langsam weiterziehen und erwog kurz, sein müdes Reittier zum Galopp anzutreiben. Die Stammeskrieger hatten allerdings ohne Zweifel Ersatzpferde dabei, und der Historiker würde bei dem Versuch, Coltaine vor ihnen zu erreichen, sein Pferd zu Tode schinden müssen. Und dann würde er nichts anderes tun können, als vor dem Unausweichlichen zu warnen. Außerdem müsste Coltaine eigentlich wissen, was geschehen wird. Er weiß es, weil er früher selbst der Anführer eines Trupps von Renegaten gewesen ist und einer sich auf dem Rückzug befindlichen imperialen Armee auf den wickanischen Ebenen Nadelstich um Nadelstich versetzt hat.
Er
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