Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
hin. »Ich hab dir doch gesagt, du solltest den Rucksack mit unseren Vorräten nehmen«, sagte er und blinzelte gen Osten.
    Dann hatte es also nichts damit zu tun, dass du den alten Mann besonders nett findest. »Du wirst eben losgehen und die Sachen suchen müssen, oder?«
    Baudin streckte sich, starrte einen langen Augenblick zum östlichen Horizont. Fliegen schwirrten in der immer noch kühlen Luft um ihn herum.
    Sie sah zu, wie er sich in Bewegung setzte, und sie keuchte auf, als er in einen gleichmäßigen Laufschritt verfiel, sowie er die Felsen hinter sich hatte. Zum ersten Mal jagte Baudin ihr richtig Angst ein. Er hat Essen beiseite geschafft – er hat einen versteckten Schlauch voller Wasser –  sonst könnte er unmöglich noch solche Reserven haben. Sie mühte sich auf die Beine und huschte hinüber zum anderen Rucksack.
    Die Zelte waren aufgeschlagen, die Decken in ihrem Innern ausgerollt. Der Rucksack selbst lag als leeres Bündel daneben. In ihm befand sich noch ein verschlossener Beutel, von dem sie wusste, dass er ihre Erste-Hilfe-Ausrüstung enthielt; außerdem eine zerschrammte Büchse mit Feuerstein und Zunder, die sie noch nie zuvor gesehen hatte – sie muss Baudin gehören –, und, unter einer Klappe, die an einer Seite am Boden des Rucksacks angenäht war, ein kleines, flaches Päckchen aus Hirschfell.
    Kein Schlauch mit Wasser, keine verborgenen Taschen mit Nahrungsmitteln. Unerklärlicherweise ließ das ihre Furcht nur noch größer werden.
    Felisin hockte sich neben dem Rucksack in den nachgiebigen Sand. Sie zögerte einen Augenblick, dann griff sie nach dem Hirschfellbündel, löste die Schnüre und wickelte es aus. Es enthielt einen Satz hervorragend gearbeiteter Diebeswerkzeuge – eine Sammlung von Dietrichen, winzigen Sägen und Feilen, und Wachsklumpen, außerdem ein kleines Säckchen mit feinem Staub und zwei auseinander genommene Stilette. Letztere besaßen tief gebläute nadelspitze Klingen, die einen bitteren, beißenden Geruch verströmten, polierte und mit dunklen Flecken übersäte Griffe aus Knochen, aus zwei miteinander verbundenen Stücken bestehende, wie ein X geformte Parierstangen und mit einem Bleikern beschwerte Knäufe aus Eisen. Wurfmesser. Die Waffen eines Assassinen. Der letzte Gegenstand in dem Päckchen war in eine Lederschlinge gewickelt: die Kralle einer großen Raubkatze, bernsteinfarben und glatt. Sie fragte sich, ob sie womöglich vergiftet war, ob unsichtbar auf der Oberfläche ein Gift aufgetragen worden war. Der Gegenstand wirkte gleichermaßen bedrohlich und geheimnisvoll.
    Felisin wickelte alles wieder ein und packte es zurück in den Rucksack. Sie hörte schwere Schritte aus östlicher Richtung näher kommen und stand auf.
    Baudin tauchte zwischen den Kalkstein-Vorsprüngen auf, den Rucksack auf dem Rücken und Heboric in den Armen.
    Der Schläger schien noch nicht einmal außer Atem zu sein.
    »Er braucht Wasser«, sagte Baudin, als er den Lagerplatz erreichte und den Bewusstlosen in den weichen Sand gleiten ließ. »Es ist in diesem Packen, Mädchen. Mach schnell...«
    Felisin rührte sich nicht. »Warum? Wir brauchen es dringender, Baudin.«
    Der Hüne verharrte einen Herzschlag, dann zog er die Arme aus den Tragschlaufen und zerrte den Rucksack herum. »Würdest du wollen, dass er dasselbe sagt, wenn du da liegen würdest? Sobald wir von dieser Insel verschwunden sind, können wir alle unserer Wege gehen. Aber im Augenblick brauchen wir einander, Mädchen.«
    »Er stirbt. Gib's doch endlich zu.«
    »Wir sterben alle.« Er zog den Stöpsel aus der Blase und schob Heboric die Trinköffnung zwischen die aufgesprungenen Lippen. »Trink, alter Mann. Schluck's runter.«
    »Dann sind das deine Rationen, die du ihm da gibst, Baudin«, sagte Felisin. »Nicht meine.«
    »Nun«, sagte er mit einem kalten Grinsen, »niemand wird dich für etwas anderes als eine Adlige halten. Erinnere dich nur an Schädelmulde. Für jeden die Beine breit zu machen war wohl Beweis genug, würde ich sagen.«
    »Ich habe dafür gesorgt, dass wir alle am Leben geblieben sind, du verdammter Bastard.«
    »Du hast dafür gesorgt, dass du rund und faul geblieben bist, wolltest du wohl sagen. Das meiste von dem, was Heboric und ich gegessen haben, haben wir für die Gefälligkeiten bekommen, die ich den Dosii-Wachen erwiesen habe. Beneth hat uns den Bodensatz gegeben, damit du weiter schön nett zu ihm warst. Er hat gewusst, dass wir dir nichts davon sagen würden. Und er hat sich

Weitere Kostenlose Bücher