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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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haben das Zeug abgebaut – nur für den Fall, dass ihr das vergessen haben solltet! Was auch immer es für einen Effekt auf uns gehabt haben mag, so ist der schon vor langer Zeit eingetreten.«
    »In Schädelmulde konnten wir uns aber am Ende eines Tages waschen«, sagte Heboric, während er einen Arm unter die Verschnürung des Packens mit den Nahrungsmittelvorräten schob und ihn zu den Zelten zog.
    Sie sah, dass er den anderen Stumpf – den, mit dem er den Monolithen berührt hatte – noch immer gegen die Magengrube gepresst hielt.
    »Und du glaubst, das macht irgendeinen Unterschied?«, fragte sie. »Wenn das stimmt, warum ist dann jeder Magier, der dort gearbeitet hat, gestorben oder wahnsinnig geworden? Du denkst gerade nicht besonders logisch, Heboric ...«
    »Setz dich da hin«, schnappte der alte Mann und duckte sich unter der Zeltklappe des ersten Zelts hindurch, wobei er das Paket mit den Nahrungsmitteln mitzog.
    Felisin warf einen Blick auf Baudin. Der Schläger zuckte die Schultern und beendete ohne besondere Hast seine Arbeit am zweiten Zelt.
    Sie seufzte. Sie war erschöpft, jedoch nicht schläfrig. Wenn sie ins Zelt kroch, würde sie aller Wahrscheinlichkeit nach einfach nur mit offenen Augen daliegen und das Webmuster der Zeltplane vor ihrer Nase studieren.
    »Am besten, du gehst rein«, sagte Baudin.
    »Ich bin nicht müde.«
    Er trat näher an sie heran, seine Bewegungen waren so geschmeidig wie die einer Katze. »Es ist mir verdammt noch mal egal, ob du müde bist oder nicht. Aber wenn du draußen in der Sonne hocken bleibst, wird dich das austrocknen, was bedeutet, dass du mehr Wasser trinken wirst, was bedeutet, dass für uns weniger bleibt, was bedeutet – mach, dass du in das verdammte Zelt kommst, Schätzchen, bevor ich dir den Hintern versohle.«
    »Wenn Beneth hier wäre, würdest du nicht...«
    »Der verdammte Bastard ist tot!«, knurrte er wütend. »Und der Vermummte soll seine verfaulte Seele in den tiefsten Abgrund mitnehmen!«
    Sie grinste höhnisch. »Ah, jetzt bist du tapfer. Aber du hättest es niemals gewagt, dich ihm entgegenzustellen.«
    Er musterte sie, wie er eine Blutfliege mustern würde, die in einem Spinnennetz gefangen war. »Vielleicht habe ich es ja getan«, sagte er, und im letzten Augenblick, bevor er sich umdrehte, huschte ein verschlagenes Grinsen über seine Gesichtszüge.
    Felisin schaute ihm nach, wie er zu dem anderen Zelt ging, sich hinkauerte und hineinkroch. Ihr war plötzlich kalt. Du kannst mich nicht zum Narren halten, Baudin. Du warst ein Köter, der sich in kleinen Gässchen rumgedrückt hat, und das Einzige, was sich geändert hat, ist, dass du die Gässchen hinter dir gelassen hast. Wenn Beneth hier wäre, würdest du dich zu seinen Füßen im Sand winden. Sie wartete aus Trotz noch eine weitere Minute, ehe sie in ihr eigenes Zelt kroch.
    Sie breitete ihre Decken aus und legte sich hin. Ihre Begierde zu schlafen war so groß, dass sie sie am Einschlafen hinderte. Sie starrte nach oben auf die dunklen Webfehler in der Zeltleinwand und wünschte sich, sie hätte ein bisschen Durhang oder einen Krug Wein. Der scharlachrote Fluss ihrer Träume war zu einer Art Umarmung geworden, einer Umarmung, die sich beschützend um sie legte und sie willkommen hieß. Aus ihrer Erinnerung beschwor Felisin ein Echo dieses Bildes und all der Gefühle herauf, die es begleiteten. Der Fluss strömte mit einer ganz bestimmten Absicht dahin, gemessen und unerbittlich; wenn sie sich in den warmen Strömungen befand, fühlte sie sich, als wäre sie kurz davor, diese Absicht zu verstehen. Sie wusste, sie würde sie schon bald entdecken, und mit dem neuen Wissen würde sich ihre Welt verändern – und vor allem auch sie selbst. Dann würde sie endlich mehr sein als einfach nur ein pummeliges Mädchen in schlechter Verfassung, das missbraucht worden und dessen Vision seiner Zukunft auf Tage reduziert war, wo sie doch eigentlich in Dekaden gemessen werden sollte – ein Mädchen, das sich selbst nur mit höhnischer Ironie als jung bezeichnen konnte.
    Doch bei all dem, was der Traum versprach, hatte auch die Selbstachtung einen Wert, bildete einen Kontrapunkt zwischen den Stunden, in denen sie wach war, und denen, in denen sie schlief, zwischen dem, was gewesen war, und dem, was vielleicht sein würde. Eine Spannung zwischen Realität und Einbildung – so etwa hätte Heboric es aus der Sicht seines alles durchschauenden kritischen Auges dargestellt. Der Gelehrte in Sachen

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