Das Reich der Sieben Städte
über deine edlen Absichten köstlich amüsiert.«
»Du lügst.«
»Ganz wie du meinst«, erwiderte er, noch immer grinsend.
Heboric hustete, öffnete die Augen. Er blinzelte im Licht der Dämmerung.
»Du solltest dich mal sehen«, sagte Baudin zu ihm. »Aus fünf Fuß Entfernung bist du eine einzige Tätowierung, so dunkel wie ein Magier aus Dal Hon. Aus dieser Nähe kann ich jede einzelne Linie erkennen, jedes Haar vom Pelz des Ebers. Es bedeckt auch deinen Stumpf... nicht den, der geschwollen ist, sondern den anderen. Hier, trink noch was ...«
»Bastard!«, schnappte Felisin. Sie sah zu, wie der letzte Rest ihrer Wasservorräte in den Mund des alten Mannes rann. Er hat Beneth einfach liegen gelassen, damit er stirbt. Und jetzt versucht er auch noch, die Erinnerung an ihn zu vergiften. Es wird nicht klappen. Was ich getan habe, habe ich getan, um die beiden am Leben zu erhalten, und sie hassen diese Tatsache – alle beide. Sie fühlen sich schuldig angesichts des Preises, den ich bezahlt habe. Und diese Schuldgefühle fressen sie auf. Genau das versucht Baudin jetzt zu leugnen. Er befreit sich von seinem Gewissen, damit er nichts spürt, wenn er mich mit einem von diesen Messern durchbohrt. Nur eine weitere tote Adlige. Eine weitere Lady Gaesen.
Sie blickte Heboric in die Augen, als sie wieder sprach. »Ich träume jede Nacht von einem Fluss aus Blut. Ich schwimme darin. Am Anfang seid ihr beide auch da, aber nur am Anfang. Denn ihr werdet beide in dem Fluss ertrinken. Glaubt, was ihr wollt. Ich bin diejenige, die das alles überleben wird. Ich. Ich ganz allein.«
Sie drehte sich um, kehrte den beiden Männern den Rücken zu und ging zu ihrem Zelt.
In der nächsten Nacht fanden sie die Quelle eine Stunde, bevor der Mond aufging. Sie verbarg sich am Grund einer felsigen Senke und wurde wohl von unten durch einen unsichtbaren Riss im Felsgestein gespeist. Die Oberfläche bestand aus grauem Schlamm. Baudin kauerte sich an den Rand, machte jedoch keinerlei Anstalten, ein Loch zu graben und das Wasser zu trinken, das sich darin sammeln würde. Um Felisin drehte sich alles vor Schwäche, und nach einem Augenblick ließ sie ihr Bündel fallen und kniete sich neben ihn.
Das Grau leuchtete schwach und kam von einer Schicht ertrunkener Kapmotten; sie hatten die Flügel ausgebreitet, die sich gegenseitig überlappten und so die ganze Oberfläche bedeckten. Felisin streckte einen Arm aus, um den schwimmenden Teppich beiseite zu wischen, doch Baudins Hand zuckte vor, schloss sich um ihr Handgelenk.
»Es ist verseucht«, sagte er. »Voller Kapmotten-Larven, die die Leichen ihrer Eltern fressen.«
Beim Atem des Vermummten, nicht noch mehr Larven! »Dann seihen wir das Wasser durch ein Stück Stoff«, sagte Felisin.
Er schüttelte den Kopf. »Die Larven pissen Gift, reichern das Wasser damit an. Das schaltet die Rivalen aus. Es wird einen Monat dauern, bis sich das Wasser wieder trinken lässt.«
»Wir brauchen es, Baudin.«
»Es wird dich umbringen.«
Sie starrte hinunter auf den grauen Schlamm; der verzweifelte Wunsch zu trinken beherrschte sie, ein schmerzhaftes Brennen in ihrer Kehle, in ihren Gedanken. Das kann einfach nicht sein. Ohne dieses Wasser werden wir sterben.
Baudin wandte sich ab. Heboric war angekommen. Er winkte, während er den felsigen Abhang heruntergestolpert kam. Seine Haut war so schwarz wie die Nacht, schimmerte jedoch silbern, da das eingravierte Eberfell das Licht der Sterne über ihren Köpfen reflektierte. Die Infektion – oder was auch immer es gewesen war – des Stumpfes an seinem rechten Handgelenk war mittlerweile wieder zurückgegangen und hatte ein eiterndes, zerrissenes Geflecht aus tief eingerissener Haut zurückgelassen. Es verströmte einen merkwürdigen Geruch nach pulverisiertem Stein.
Er hatte etwas Gespenstisches an sich, und angesichts seiner albtraumhaften Erscheinung begann Felisin zu lachen. Sie war kurz davor, hysterisch zu werden. »Erinnerst du dich an den Ring, Heboric? In Unta? Der Akolyth des Vermummten, der Priester, der über und über von Fliegen bedeckt war ... der nur aus Fliegen bestanden hat. Er hatte eine Botschaft für dich. Und, was sehe ich jetzt? Wer stolpert in mein Blickfeld? Ein Mann, der aus einem Schwarm besteht. Kein Fliegenschwarm, sondern einer aus Tätowierungen. Es sind verschiedene Götter, aber es ist die gleiche Botschaft, so sehe ich das. Lass Fener durch deine rissigen Lippen sprechen, alter Mann! Wird die Botschaft deines
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