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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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»Bei den Eiern des Vermummten«, murmelte er leise vor sich hin.
     
    Iskaral Pustl schob den Besen ein Stück weiter den Schornstein hinauf und schrubbte wie ein Wahnsinniger. Schwarze Wolken sanken auf den Herd herab und legten sich auf das graue Gewand des Hohepriesters.
    »Habt Ihr Holz?«, fragte Mappo, der auf der erhöhten steinernen Plattform hockte, die er als Bett benutzt hatte.
    Iskaral hielt inne. »Holz? Ist Holz denn besser als ein Besen?«
    »Für ein Feuer schon«, erklärte der Trell. »Um die Kühle aus den Zimmern zu vertreiben.«
    »Ah, Holz! Nein, natürlich nicht. Aber Dung, oh, ja, viel, sehr viel Dung. Ein Feuer! Wunderbar! Verbrennt sie zu Asche. Sind Trell für ihre Gerissenheit bekannt? Ich kann mich nicht erinnern, etwas dergleichen gelesen zu haben, wenn hier und dort einmal Trell erwähnt wurden, was ohnehin nur selten der Fall war. Es ist sehr schwierig, Schriftstücke über ein unkultiviertes Volk zu finden. Hm.«
    »Trell sind sehr kultiviert«, sagte Mappo. »Waren es zumindest für einige Zeit... So sieben, acht Jahrhunderte lang.«
    »Ich muss meine Bibliothek auf den neuesten Stand bringen, ein teures Unterfangen. Schatten großziehen, um die großen Bibliotheken der Welt zu plündern.« Er hockte sich vor die Feuerstelle und runzelte die Stirn, die genau wie der Rest seines Gesichts mit einer Rußschicht bedeckt war.
    Mappo räusperte sich. »Was zu Asche verbrennen, Hohepriester?«
    »Spinnen natürlich. Dieser Tempel wimmelt nur so von Spinnen. Tötet sie, wann immer Ihr sie seht, Trell. Benutzt Eure dicksohligen Füße, Eure ledrigen Hände. Tötet sie alle, habt Ihr mich verstanden?«
    Mappo nickte und zog dabei die Felldecke enger um sich; er zuckte nur ganz leicht zusammen, als das Fell die eitrigen Wunden in seinem Nacken streifte. Das Fieber war gebrochen, wobei er annahm, dass das mindestens ebenso sehr seinen eigenen Reserven zu verdanken war wie dem zweifelhaften Heilmittel, das Iskarals schweigsamer Diener aufgetragen hatte. Die Fänge und Klauen von Vielwandlern und Wechselgängern übertrugen eine ungemein ansteckende Krankheit, die oft zu Halluzinationen, bestialischem Wahnsinn und schließlich zum Tod führte. Viele, die überlebt hatten, litten noch immer unter Wahnanfällen, die regelmäßig neun- oder zehnmal im Jahr für ein, zwei Nächte wiederkehrten. Es war ein Wahnsinn, der die Befallenen oft zu Mördern werden ließ.
    Iskaral Pustl glaubte, dass Mappo von diesem Schicksal verschont geblieben war – doch der Trell würde erst wirklich daran glauben, wenn mindestens zwei Mondzyklen verstrichen waren, ohne dass sich irgendwelche Symptome gezeigt hätten. Er wollte nicht darüber nachdenken, wozu er fähig wäre, wenn ihn eine mörderische Raserei erfassen sollte. Vor vielen Jahren, als er noch ein Mitglied jener kriegerischen Bande gewesen war, die die Jhag-Odhan verwüstet hatte, hatte er sich willentlich in einen solchen Zustand versetzt, wie es Krieger öfter taten, und die Erinnerung an jene, die er damals getötet hatte, war noch immer lebendig und würde es auch immer bleiben.
    Wenn das Gift des Wechselgängers in ihm aktiv werden sollte, würde Mappo sich lieber selbst umbringen, als dem Willen des Gifts zu gehorchen.
    Iskaral Pustl stieß den Besen in jede Ecke der kleinen Bettelmönch-Zelle, die dem Trell als Quartier diente, und wandte sich dann der Decke zu, um das Gleiche zu tun. »Töte, was beißt, töte, was sticht, dieser geheiligte Bezirk des Schattens muss unbefleckt bleiben! Töte alles, was gleitet, alles, was flitzt. Ihr seid auf Ungeziefer untersucht worden, alle beide, oh, ja. Es sind keine unwillkommenen Besucher erlaubt. Laugenbäder waren vorbereitet worden, aber ihr hattet beide nichts an euch. Ich bleibe natürlich trotzdem misstrauisch.«
    »Residiert Ihr schon lange hier, Hohepriester?«
    »Keine Ahnung. Ist nicht wichtig. Bedeutung kommt ausschließlich den Taten zu, die vollbracht werden, den Zielen, die erreicht werden. Zeit ist Vorbereitung, sonst nichts. Man bereitet sich so lange vor wie nötig. Dies zu tun heißt zu akzeptieren, dass die Planung bei der Geburt beginnt. Du wirst geboren, und vor allem anderen wirst du in den Schatten eingetaucht, wirst im Innern der heiligen Ambivalenz eingehüllt, um dich dort mit süßer Nahrung zu nähren. Ich lebe, um mich vorzubereiten, Trell, und die Vorbereitungen sind jetzt nahezu abgeschlossen.«
    »Wo ist Icarium?«
    »Ein Leben gegeben für eines, das genommen, sagt ihm das.

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