Das Reich der Sieben Städte
In der Bibliothek. Die Nonnen haben nur eine Hand voll Bücher zurückgelassen. Bücher, die dazu bestimmt waren, ihnen Vergnügen zu bereiten. Ich finde, man sollte sie am besten im Bett lesen. Der Rest der Bestände gehört mir, eine dürftige Sammlung, schrecklich geringe Bestände, ich bin peinlich berührt. Seid Ihr hungrig?«
Mappo schüttelte sich. Das Gebrabbel des Hohepriesters hatte fast schon etwas Hypnotisches. Jede Frage, die der Trell stellte, wurde mit einem ausschweifenden, bizarren Monolog beantwortet, der ihn seines Willens zu berauben schien, etwas anderes zu tun, als die nächste Frage zu äußern. Iskaral Pustls Behauptungen hatten der Wahrheit entsprochen: Er konnte wirklich das Verstreichen der Zeit bedeutungslos machen. »Ob ich hungrig bin? Ja.«
»Diener bereitet etwas zu essen vor.«
»Kann er es in die Bibliothek bringen?«
Der Hohepriester machte ein finsteres Gesicht. »Der Zusammenbruch der Etikette! Aber wenn Ihr darauf besteht...«
Der Trell gab sich einen Ruck und stand auf. »Wo ist die Bibliothek?«
»Wendet Euch nach rechts, macht vierunddreißig Schritte, geht wieder nach rechts, zwölf Schritte, dann durch die Tür zur Rechten, fünfunddreißig Schritte, durch den Korridor zur Rechten, noch einmal elf Schritte, dann ein letztes Mal rechts, fünfzehn Schritte, und dann öffnet die Tür zu Eurer Rechten.«
Mappo starrte Iskaral Pustl an.
Der Hohepriester trat nervös von einem Bein aufs andere.
»Oder«, sagte der Trell mit zusammengekniffenen Augen, »wendet Euch nach links, neunzehn Schritte.«
»Stimmt«, murmelte Iskaral Pustl.
Mappo schritt zur Tür. »Dann werde ich den kurzen Weg nehmen.«
»Wenn Ihr wollt«, grollte der Hohepriester, während er sich vorbeugte, um das zerschlissene Ende des Besens einer genauen Untersuchung zu unterziehen.
Was Pustl mit der Verletzung der Etikette gemeint hatte, wurde klar, als Mappo die Bibliothek betrat und feststellte, dass der niedrige Raum auch als Küche diente. Icarium saß ein paar Schritte rechts von der Stelle, wo Mappo stand, an einem stabilen, mit schwarzen Flecken übersäten Tisch, während Diener sich einen Schritt links von ihm über einen Kessel beugte, der an einer Kette über dem Herd hing. Dieners Kopf war fast völlig in einer Dampfwolke verschwunden; er war nass vom Kondenswasser, und Tröpfchen fielen in den Kessel, während er den Inhalt des Kessels mit einem hölzernen Schöpflöffel in langsamen, bombastischen Kreisbewegungen umrührte.
»Ich glaube, die Suppe lasse ich lieber aus«, sagte Mappo zu dem Mann.
»Diese Bücher verfaulen«, sagte Icarium, der sich zurücklehnte und Mappo betrachtete. »Geht es dir wieder besser?«
»Es scheint so.«
Icarium runzelte die Stirn. Er war immer noch damit beschäftigt, den Trell eingehend zu mustern. »Was für eine Suppe ? – Ach so«, sein Gesicht hellte sich auf, »das ist keine Suppe. Das ist Wäsche. Schmackhaftere Kost findest du auf dem Küchentisch da drüben.« Er deutete auf die Wand hinter Diener, dann wandte er sich wieder den vermoderten Seiten des alten Buchs zu, das geöffnet vor ihm lag. »Das hier ist erstaunlich, Mappo ...«
»Wenn man bedenkt, wie isoliert diese Nonnen gelebt haben«, sagte Mappo, während er auf den Tisch zuging, »bin ich überrascht über dein Erstaunen.«
»Ich spreche nicht von den Büchern der Nonnen, mein Freund. Es geht um Iskarals Bücher. Es gibt hier Werke, deren Existenz bisher nicht mehr als vage Gerüchte waren. Und es gibt einige ... wie dieses hier – von denen ich noch nie zuvor gehört habe. Eine Abhandlung über die Planung von Bewässerungsanlagen im fünften Jahrtausend vor Ararkal, von nicht weniger als vier Autoren.«
Mappo kehrte mit einem hoch mit Brot und Käse beladenen Zinnteller in den Händen zum Bibliothekstisch zurück und beugte sich über die Schulter des Freundes, um zunächst die detaillierten Zeichnungen auf den Pergamentseiten des Buches zu betrachten, dann die fremdartige, in sich verflochtene Schrift. Der Trell grunzte. Sein Mund war plötzlich trocken, doch es gelang ihm, eine Frage zu stellen. »Was ist denn daran so erstaunlich?«
Icarium lehnte sich zurück. »Die reine ... Leichtfertigkeit, Mappo. Das Material, aus dem dieser Band besteht, kostet so viel, wie ein Handwerker in einem ganzen Jahr verdient. Kein Gelehrter, der seine Sinne beisammen hat, würde derartige Materialien auf ein so sinnloses, banales Thema verschwenden – vom Zeitaufwand ganz zu schweigen. Und
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