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Das Reich der Traeume

Das Reich der Traeume

Titel: Das Reich der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santiago García-Clairac
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haben, muss ich herausfinden, was mein Vater und Sombra da tun. Aber sie dürfen mich jetzt noch nicht entdecken, auch wenn sie morgen von Mahania sowieso erfahren werden, dass ich hier war.
    Ich spähe in den hinteren Raum. Die beiden Männer stehen neben dem Sarkophag, auf dem Boden liegt ein großes beschriebenes Pergament. Sombra hat Hammer und Meißel in der Hand – es sieht aus, als wollten sie etwas in den Marmorblock meißeln. Mein Vater hält ein Papier, dann zeigt er auf das Pergament und flüstert etwas, das ich nicht verstehen kann. Sombra klopft mit dem Hammer behutsam auf den Meißel. Er geht so präzise vor wie ein Chirurg. Er will sich nicht vertun, das würde vermutlich seine ganze Arbeit zunichtemachen. Wenn man etwas in Stein meißelt, eine Zeichnung zum Beispiel, darf man sich keinen Fehler erlauben – wie beim Tätowieren.
    Ich überlege, was ich machen soll.
    Mehr als eine halbe Stunde vergeht und ich beobachte jede kleinste Bewegung. Offensichtlich haben sie den Inhalt eines Pergamentes, den mein Vater vorher entschlüsselt hat, kopiert und meißeln ihn nun auf die noch freie Seite des Sarkophags. Mir ist zwar nicht klar, warum sie die Worte von einem Pergament auf Marmor übertragen, aber ich gehe davon aus, dass sie es aus einem wichtigen Grund tun.
    Als ich einen Schritt zurückgehen will, um mich davonzuschleichen, trete ich auf etwas Weiches. Erschrocken schreie ich auf.
    Stille. Sombra hat seine Arbeit unterbrochen.
    Â»Wer ist da?«, fragt mein Vater. »Mahania?«
    Stille. Ich sehe eine Ratte in die Dunkelheit davonhuschen. Wahrscheinlich hat sie sich noch mehr erschrocken als ich.
    Â»Nur eine Ratte«, sagt Sombra.
    Â»Nein, da war noch was anderes«, zischt mein Vater. »Ich habe eine Stimme gehört.«
    Ich rühre mich nicht vom Fleck. Mit etwas Glück bleibe ich unentdeckt. Vielleicht glaubt er, er habe sich getäuscht, und konzentriert sich wieder auf seine Arbeit … Nein! Er hat den Hammer genommen und kommt direkt auf mich zu, überzeugt davon, dass da jemand ist.
    Â»Komm raus, wer immer du bist!«, sagt er befehlend. »Komm sofort raus!«
    Ich schätze, es ist besser rauszukommen, bevor alles noch schlimmer wird.
    Â»Arturo!«, ruft mein Vater überrascht, als er mich erkennt. »Was machst du hier? Woher wusstest du, dass …«
    Sombra fährt wie elektrisiert auf. Ihm ist klar, dass ich das große Geheimnis entdeckt habe, das sie seit meiner Geburt vor mir verborgen haben.
    Â»Ich will, dass ihr mir genau erklärt, was ihr hier macht«, sage ich ärgerlich. »Ich will wissen, was ihr vor mir geheim haltet. Warum macht ihr das? Was darf ich nicht wissen? Ich will, dass ihr mir sagt, was das mit mir zu tun hat!«
    Â»Du gehst jetzt besser wieder auf dein Zimmer«, sagt mein Vater. »Hier gibt es nichts für dich zu sehen. Das ist nur was für Erwachsene.«
    Â»Nein, Papa, ich gehe nicht, bis du mir alles erzählt hast. Ich bin jetzt alt genug, um etwas über mein Leben zu erfahren.«
    Â»Da gibt es nichts zu erzählen, Arturo. Sombra hilft mir bei meiner Forschungsarbeit. Du weißt doch, wie wichtig mir das ist.«
    Â»Hat es auch was mit deiner Forschungsarbeit zu tun, Worte in einen tausend Jahre alten Sarkophag zu meißeln? Wer ist diese Frau, die Mama so ähnlich sieht?«
    Â»Das ist doch Quatsch, die Gesichter von Skulpturen sehen doch alle gleich aus, du steigerst dich da in was rein. Es ist sehr schwierig, eine Marmorskulptur zu fertigen.«
    Â»Wenn ich mir das alles nur einbilde, hast du doch sicher nichts dagegen, wenn ich sehe, was ihr da geschrieben habt, oder?«, erwidere ich und nähere mich dem Sarkophag.
    Sombra stellt sich mir in den Weg und versucht, mich zurückzudrängen.
    Â»Arturo, bitte …«
    Â»Lasst mich sehen, was da draufsteht! Und das Pergament da, woher habt ihr das? Ich habe es noch nie gesehen.«
    Ich bücke mich, um es aufzuheben, aber mein Vater versucht, mich daran zu hindern.
    Â»Fass es nicht an! Fass es um Himmels willen nicht an!«
    Â»Warum denn nicht?«
    Â»Es ist sehr alt«, erklärt Sombra. »Es könnte zerfallen. Man muss es sehr vorsichtig behandeln.«
    Â»Gut, dann sehe ich es mir nur an …«
    Â»Besser, du lässt es, Arturo«, sagt Sombra und hält mich fest.
    Â»Nein, Sombra. Ich muss wissen, was hier abläuft.«
    Ich schiebe ihn zur

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