Das Reich des dunklen Herrschers - 8
einem so großen Trupp erfahrener Krieger entkommen - nicht, wenn sie sich heimlich anschlichen und das Moment der Überraschung auf ihrer Seite hatten. Schließlich hatte man sie eigens auf Grund ihrer hervorragenden Qualitäten ausgewählt. Diese Soldaten wußten, was sie taten.
Auf kräftigen Schwingen glitt er durch die Nacht und suchte mit Augen, die das Dunkel zu durchdringen vermochten, versuchte mit Hilfe von Geschöpfen, die selbst aus großer Entfernung ihre Beute finden konnten, ihre Witterung aufzunehmen.
Da - er erblickte ihren Wagen. An seinem Gespann aus kräftigen Pferden erkannte er ihn sofort wieder. Er hatte ihn zuvor bereits gesehen - und die beiden ganz in seiner Nähe. Auf lautlosen Schwingen zogen seine Schützlinge ganz in der Nähe ihre Kreise und gingen tiefer, um in Augenschein zu nehmen, worauf Nicholas es abgesehen hatte.
Doch sie waren fort, wie vom Erdboden verschluckt. Es mußte ein Täuschungsmanöver sein. Vermutlich hatten sie den Wagen fortgeschickt, um ihn auf eine falsche Fährte zu locken.
Der Zorn verlieh ihm frische Kräfte, als er mit wuchtigem Flügelschlag höher stieg, um das Gelände abzusuchen. Jagt sie, laßt sie nicht entkommen, findet sie. Er ließ seine fünf Begleiter immer weiter ausschwärmen, um das Gelände unter dem nächtlichen Himmel abzusuchen. Unbeirrbar zogen sie ihre Bahn, unentwegt auf der Suche. Sein Begehr war jetzt das ihre. Jagt sie, sucht.
Da - zwischen den Bäumen gab es Bewegung.
Die Dunkelheit war gerade erst hereingebrochen; sie würden ihre Verfolger nicht bemerken - nicht im Dunkeln -, er dagegen glaubte sie jetzt deutlich zu erkennen. Er zwang seine fünf Begleiter, kreisend tiefer zu gehen und ganz dicht heranzufliegen. Diesmal würde er nicht versagen, diesmal würde er nahe genug herangehen, bis er sie deutlich vor sich sah.
Sie war es tatsächlich! Die Mutter Konfessor! Dann erblickte er die anderen. Die Frau mit den roten Haaren und ihre kleine vierbeinige Freundin. Dann auch die übrigen. Er mußte ebenfalls darunter sein; vermutlich bei der kleinen Gruppe, die derzeit Richtung Westen zog.
Sie zogen tatsächlich nach Westen. Von der Stelle, wo er sie zuletzt gesichtet hatte, waren sie wahrhaftig weiter Richtung Westen gezogen.
Nicholas konnte ein stummes Lachen nicht unterdrücken. Die Soldaten, die sie hatten gefangen nehmen sollen, lagen alle tot im Staub, aber sie zogen dessen ungeachtet einfach weiter.
Dorthin, wo er sie bereits erwartete.
Er würde sie alle in seine Gewalt bringen, den Lord Rahl, die Mutter Konfessor, alle. Anschließend würde Jagang sie bekommen.
In diesem Augenblick wurde ihm schlagartig klar, was er als Belohnung fordern würde - als Gegenleistung für den Fang, den er abliefern würde.
D’Hara.
Als Gegenleistung für diese zwei erbärmlichen Gestalten würde er die Herrschaft über D’Hara verlangen. Wenn Jagang dieser zwei tatsächlich habhaft werden wollte, würde er ihm den Wunsch gewähren; niemals würde er es wagen, ihm, dem Schleifer, eine Bitte abzuschlagen. Nicht, wenn er im Gegenzug seinen sehnlichsten Wunsch erfüllt bekam. Für diese zwei wäre Jagang bereit, jeden Preis zu zahlen.
Ein plötzlicher Schmerz, gefolgt von einem Aufschrei. Schock, Entsetzen und Verwirrung durchführen ihn. Er fühlte den Wind, denselben Wind, der ihn eben noch so mühelos getragen hatte, plötzlich wie mit gierigen Händen an seinem Gefieder zerren, während er hilflos unter Schmerzen in die Tiefe trudelte.
Einer seiner fünf Begleiter stürzte mit rasender Geschwindigkeit der Erde entgegen und klatschte auf den Boden.
Nicholas stieß einen Schrei aus. Er hatte eine der fünf Seelen seines Schwarms verloren. Irgendwo weit hinter ihm in einem fernen Raum mit holzgetäfelten Wänden, mit Läden vor den Fenstern und blutigen Marterpfählen, einem Ort, dessen Existenz er fast vergessen hatte, wurde eine Seele gewaltsam seiner Kontrolle entrissen.
Eines der fünf Opfer war im selben Augenblick gestorben, da die Riesenkrähe am Boden aufgeschlagen war.
Und wieder ein Aufschrei wie von einem heftigen Schmerz. Der nächste Vogel geriet unkontrollierbar ins Trudeln, eine weitere Seele entglitt seiner Gewalt und stürzte in die lauernden Arme des Todes.
Nicholas bemühte sich, in diesem Chaos den Überblick zu wahren, und zwang seine noch verbliebenen drei Begleiter, seinen Blick aufrechtzuerhalten. Jagt sie, zögert nicht, nur zu. Wo mochte er nur sein, wo? Die übrigen konnte er sehen, aber wo steckte
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