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Das Reich des dunklen Herrschers - 8

Das Reich des dunklen Herrschers - 8

Titel: Das Reich des dunklen Herrschers - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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alles, wofür sie so hart gearbeitet hatte, nachzudenken. Jahrhundertelang war sie den Schwestern des Lichts in ihrem Bemühen, dem Licht des Schöpfers in der Welt zum Triumph zu verhelfen und dafür zu sorgen, daß der Hüter der Unterwelt blieb, wo er hingehörte - in seinem Reich, der Welt der Toten -, ein Vorbild gewesen.
    Jahrhundertelang hatte sie mit Bangen jene Zeit erwartet, die ihnen laut Prophezeiungen nun bevorstand.
    Fünfhundert Jahre hatte sie auf die Geburt des Einen gewartet, der es vermochte, sie erfolgreich in den Kampf um das Überleben der Gabe des Schöpfers, der Magie, zu führen - gegen den Widerstand all jener, die dieses Wissen aus der Welt zu verbannen suchten. Fünfhundert Jahre lang hatte sie darauf hingearbeitet, ihm die Möglichkeit zu geben zu tun, was er tun mußte: den Kräften, die die Magie auslöschen wollten, Einhalt zu gebieten.
    Die Prophezeiungen besagten, nur Richard habe eine Chance, ihre Sache vor dem Untergang zu bewahren und ihre Feinde daran zu hindern, ein graues Leichentuch über die Menschheit zu breiten, nur er könne ein Aussterben der Gabe verhindern. Keine Rede davon, daß er obsiegen werde, nur daß er die Möglichkeit habe, ihnen zum Sieg zu verhelfen. Ohne Richard - so viel galt als sicher - war alle Hoffnung verloren. Aus diesem Grund hatte Ann ihm lange vor seiner Geburt und lange, bevor er zu ihrem Führer wurde, ihr Leben gewidmet.
    Kahlan hingegen sah in Anns Tun vor allem die ebenso unzulässige wie unbeholfene Einmischung in das Leben eines anderen. In ihren Augen waren Anns Bemühungen vielmehr die Ursache dessen, was sie am meisten fürchtete. Der Gedanke, Kahlan könnte womöglich sogar Recht haben, verstörte Ann manchmal zutiefst. Vielleicht war es eine Fügung des Schicksals, daß Richard auf die Welt gekommen war und aus freien Stücken beschlossen hatte, zu tun, was ihnen im Kampf um den Erhalt der Gabe zum Sieg verhelfen würde. Zumindest Zedd war absolut sicher, daß Richard nur aufgrund seines Verstandes, seines freien Willens und in bewußter Absicht ihr Führer hatte werden können.
    Wenn das zutraf, dann hatte Ann sie mit ihrem Versuch, auf Dinge Einfluß zu nehmen, die man weder beeinflussen konnte noch durfte, an den Rand des Untergangs geführt.
    Die Schritte kamen naher. Vielleicht war es Essenszeit? Sie verspürte keinen Hunger.
    Wenn sie ihr Essen bekam, wurde es auf das Ende eines langes Stabes plaziert, den man dann durch die kleine Öffnung in der äußeren Tür, durch den mit einem Schutzschild versehenen Vorraum, anschließend durch die Öffnung in der zweiten, inneren Tür und schließlich bis zu Ann schob. Nathan war nicht bereit, das geringste Fluchtrisiko einzugehen, indem er die Wachen ihre Zellentür öffnen ließ, nur um ihr die Mahlzeiten zu bringen.
    Bislang hatte man ihr verschiedene Brotsorten, Fleischgerichte, Gemüse und Wasserschläuche in die Zelle geschoben. Obwohl keineswegs schlecht, empfand sie das Essen als unbefriedigend. Auch die erlesensten Speisen vermochten nicht zu befriedigen, wenn man sie in einem Verlies zu sich nehmen mußte.
    Als Prälatin hatte sie sich bisweilen als Gefangene ihres Amtes empfunden. Nur selten hatte sie das Refektorium aufgesucht, wo die Schwestern des Lichts - vor allem in den späteren Jahren - für gewöhnlich ihre Mahlzeiten einnahmen. Die Prälatin beim Abendessen unter sich zu wissen, erzeugte bei allen eine angespannte Nervosität. Und kam es gar zu häufig vor, ging etwas von ihrer natürlichen Beklommenheit, von ihrem Unbehagen in Gegenwart einer Autoritätsperson verloren.
    Nach Anns fester Überzeugung war eine gewisse Distanz, ein gewisser schuldiger Respekt, zur Aufrechterhaltung der Disziplin unverzichtbar - insbesondere an einem Ort, wo ein Bann den Lauf der Zeit für die dort Lebenden verlangsamte. Äußerlich wirkte Ann etwa wie eine Siebzigjährige, aber da während ihrer Zeit unter dem Bann, mit dem der Palast der Propheten belegt war, ihr Alterungsprozeß drastisch verlangsamt worden war, stand in Kürze bereits ihr tausendster Geburtstag an.
    Natürlich hatte all ihre Disziplin letztendlich kaum etwas genutzt. Unter ihrer Obhut als Prälatin hatten die Schwestern der Finsternis ihre Gemeinschaft unterwandert. Es gab Hunderte von Schwestern, und niemand vermochte genau zu sagen, wie viele insgeheim einen Eid auf den Hüter geleistet hatten; offenbar jedoch hatten seine verlockenden Versprechungen Wirkung hinterlassen. Natürlich waren sie nichts als blanke

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