Das Reich des dunklen Herrschers - 8
Unterwelt. Erbittet man ihre Hilfe, läßt sich verhindern, daß jemand ins Reich des Todes hinüberwechselt.
Unglücklicherweise - vielleicht war es ja auch ein Glück - war mir damals darüber hinaus nichts über diese drei Chimären bekannt. Wie sich herausstellte, waren sie während des Großen Krieges zur Abschaffung aller Magie erschaffen worden. Sie stammen aus der Unterwelt und vermögen die Magie in dieser Welt aufzuheben.«
Jennsen schien verwirrt. »Aber wie können sie so etwas bewerkstelligen?«
»Wie sie funktionieren, weiß ich selbst nicht genau. Da sie jedoch dem Totenreich entstammen, setzt ihre Anwesenheit in dieser Welt den Prozeß der Vernichtung aller Magie in Gang.«
»Konntest du diese Chimären denn nicht verjagen - sie wieder zurückschicken?«
»Das habe ich inzwischen längst getan«, sagte Richard. »Doch solange sie in dieser Welt weilten, verlor die Magie immer mehr an Kraft.«
»Offenbar habe ich an jenem Tag, als ich die Chimären in die Welt des Lebens rief, eine Flut von Ereignissen ausgelöst, die sich unaufhaltsam weiterentwickeln, obwohl die Chimären längst wieder in die Unterwelt zurückgesandt wurden.«
»Das wissen wir nicht«, warf Richard, mehr an Kahlan denn an Jennsen gewandt, ein.
»Richard hat wohl Recht«, bestätigte Kahlan. »Mit Sicherheit können wir das nicht sagen, doch haben wir allen Grund, es zu vermuten. Die Grenze, die Bandakar von der Außenwelt abriegeln sollte, ist gefallen.
Der Zeitpunkt deutet darauf hin, daß es kurz nach der Befreiung der Chimären durch mich passierte. Das ist übrigens so ein Fehler, von denen ich dir erzählte. Du erinnerst dich?«
Jennsen starrte Kahlan entgeistert an, schließlich nickte sie. »Aber das hast du doch nicht getan, um jemandem zu schaden. Du wußtest ja nicht einmal, daß es so kommen würde. Du konntest nicht wissen, daß die Grenze fallen und die Imperiale Ordnung in das Land einmarschieren und die Menschen mißbrauchen würde.«
»Wo liegt da der Unterschied? Ich habe es getan, ich habe es verursacht. Ich könnte schuld daran sein, daß die Magie versiegt. Damit hätte ich erreicht, was herbeizuführen die Imperiale Ordnung keine Mühe scheut. Mein Tun hatte zur Folge, daß all diese Menschen in Bandakar gestorben sind, während andere frei herumlaufen und das tun, was sie auch damals, vor so langer Zeit schon getan haben - die Gabe durch gezielte Fortpflanzung auszumerzen.
Wir stehen am Rande der Abschaffung aller Magie, und das ist allein meine Schuld.«
Jennsen stand da wie versteinert. »Und deshalb bereust du jetzt, was du damals getan hast? Daß durch dein Tun möglicherweise alle Magie versiegen könnte?«
Kahlan spürte Richards Arm auf ihrer Taille. »Ich kenne nur eine Welt, in der Magie existiert«, meinte sie schließlich. »Ich wurde - jedenfalls zum Teil - Mutter Konfessor, weil ich helfen wollte, Menschen mit Magie zu beschützen, die sich nicht selbst schützen konnten. Letztendlich bin auch ich ein Geschöpf der Magie - sie ist mit meiner Person unentwirrbar verbunden. Ich kenne magische Dinge von überwältigender Schönheit, die ich sehr liebe; sie sind ein unveräußerlicher Bestandteil der Welt des Lebens.«
»Demnach befürchtest du, das Ende dessen herbeigeführt zu haben, was du am meisten liebst?«
Kahlan lächelte. »Nicht, was ich am meisten liebe. Ich wurde Mutter Konfessor weil ich an Gesetze glaube, welche die Menschen schützen und allen Individuen das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben zugestehen. Ich möchte weder, daß einem Künstler die Fähigkeit zum Bildhauern beschnitten, die Stimme eines Sängers zum Schweigen gebracht oder der Geist eines Menschen brachgelegt wird, noch möchte ich, daß die Menschen ihrer Fähigkeit beraubt werden, mit Hilfe von Magie ihr Bestes zu geben.
Im Grunde geht es gar nicht so sehr um die Magie selbst. Ich möchte, daß alle Blumen die Möglichkeit haben, in ihrer bunten Vielfalt zu erblühen. Auch du bist schön, Jennsen, deswegen möchte ich dich ebenso wenig verlieren. Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben. Die Vorstellung, ein Leben müsse einem anderen vorgezogen werden, widerspricht allem, woran wir glauben.«
Als Kahlan ihr mit der Hand über die Wange strich, meinte Jennsen lächelnd: »Ich schätze, in einer Welt ohne Magie könnte ich sogar Königin sein.«
Cara, den Arm voller Balsamtannenzweige, meinte im Vorübergehen: »Auch Königinnen müssen ihr Haupt vor der Mutter Konfessor beugen, vergeßt das
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