Das Reich des dunklen Herrschers - 8
vor meiner Rückkehr auf die Suche nach den Dingen mache, die nicht sofort aufzutreiben sind?«
»Nein. Ich brauche zwar alles, aber vor allem brauche ich die Männer hier. Besorgt, was ohne große Umstände aufzutreiben ist, und kehrt dann so schnell wie möglich mit Owen und seinen Leuten hierher zurück.«
»Ich bringe mit, was ich beschaffen kann. Wann wollt Ihr, daß wir aufbrechen?«
»Jetzt gleich. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
»Jetzt gleich?«, fragte Owen ungläubig. »Aber in ein, zwei Stunden wird es dunkel sein.«
»Es könnten genau jene zwei Stunden sein, die mir am Ende fehlen«, entgegnete Richard. »Vertrödelt sie nicht.«
Kahlan glaubte, daß er von dem Gift sprach, aber möglicherweise hatte er auch die Gabe im Sinn. Sie konnte sehen, wie sehr ihn die durch die Gabe verursachten Kopfschmerzen plagten.
Tom warf seinen Rucksack über die Schulter. »Paßt für mich auf sie auf, Cara, versprochen?«, fragte er augenzwinkernd. Sie gelobte es mit einem Lächeln. »Dann also bis in ein paar Tagen.« Er winkte zum Abschied, ließ seinen Blick noch einen Moment auf Jennsen verweilen, dann scheuchte er Owen um den Sockel der Statue herum und schlug den Weg zu dessen Heimat ein.
Cara. die Arme vor der Brust verschränkt, warf einen vorwurfsvollen Blick Richtung Jennsen. »Was seid Ihr doch dumm, daß Ihr ihm nicht mit einem Kuß eine gute Reise wünscht.«
Jennsen zögerte unschlüssig; ihr Blick ging zu Richard.
»Ich habe mittlerweile gelernt, Cara nicht zu widersprechen«, meinte er.
Und schon lief Jennsen über den Kamm, um Tom noch einzuholen, bevor er vollends verschwunden war.
Richard stopfte die kleine Figur von sich in seinen Rucksack und nahm seinen an der Statue lehnenden Bogen an sich. »Wir sollten jetzt besser wieder zu den Bäumen hinuntersteigen und unser Lager einrichten.«
Richard, Kahlan und Cara machten sich an den Abstieg den Hang hinunter zu ihrem Versteck im Schutz der riesigen Föhren. Für Kahlans Empfinden hatten sie sich ohnehin lange genug unter freiem Himmel aufgehalten; es war nur eine Frage der Zeit, bis die Riesenkrähen -und damit dieser Nicholas - auftauchten, um nach ihnen zu suchen.
Sie wußte, daß sie es trotz der bitteren Kälte hier oben auf dem Pass nicht riskieren konnten, ein Feuer anzuzünden; statt dessen würden sie sich einen warmen, bequemen Unterschlupf bauen müssen. Zu gern hätte sie eine Launenfichte entdeckt, die ihnen über Nacht Unterschlupf und Versteck geboten hätte, doch bislang hatte sie in der Alten Welt noch keinen einzigen dieser Bäume zu Gesicht bekommen, und ihr Wunsch allein würde schwerlich einen wachsen lassen.
Sorgfältig darauf bedacht, ihre Füße auf die trockenen, felsigen Stellen zu setzen und die Schneeflächen zu vermeiden, um keine Spuren zu hinterlassen, warf sie einen prüfenden Blick in den düsteren, wolkenverhangenen Himmel. Gut möglich, daß die Temperaturen ein wenig milder wurden und der Niederschlag in Regen überging. Doch selbst dann stand ihnen eine bitterkalte Nacht bevor.
Jennsen, dicht gefolgt von Betty, kehrte zurück und holte die anderen ein, die sich bereits im Zick-Zack zwischen den schroffen Felsvorsprüngen hangabwärts bewegten. Der Wind wurde immer eisiger, und der Schneefall hatte merklich zugenommen.
Als sie eine ebenere Stelle erreichten, bekam Jennsen Richards Arm zu fassen. »Es tut mir leid, Richard. Ich wollte nicht böse mit dir sein. Ich weiß ja, du hast diese Menschen nicht in die Verbannung geschickt. Dich trifft keine Schuld.«
»Wie man sie behandelt hat, sollte dich auch wütend machen«, sagte Richard im Weitergehen, »aber nicht, daß ihr dieses eine Wesensmerkmal gemein habt.«
Verblüfft, und fast ein wenig gekränkt über seine Bemerkung, blieb Jennsen wie angewurzelt stehen. »Was willst du damit sagen?«
Richard war ebenfalls stehen geblieben und drehte sich zu ihr um. »Das ist genau die Denkweise der Imperialen Ordnung, und genauso denken auch Owens Landsleute. Es ist der Glaube, man könnte Menschen, die ein bestimmtes Merkmal oder einen Wesenszug gemeinsam haben, ohne Ansehen der Person ein Vorrecht einräumen oder eine Schuld zuweisen.
In der Imperialen Ordnung sähe man es nur zu gerne, wenn du glaubtest, die Tugendhaftigkeit oder der Wert eines Menschen, oder selbst seine Bosheit, sei ausschließlich auf den Umstand zurückzuführen, daß er als Mitglied einer gewissen Bevölkerungsgruppe geboren wurde und daß der freie Wille auf diese Dinge
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