Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Reich des dunklen Herrschers - 8

Das Reich des dunklen Herrschers - 8

Titel: Das Reich des dunklen Herrschers - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
Vom Netzwerk:
verängstigten Kinder.

39
    »Sie sind nicht mehr weit«, verkündete Richard, als er wieder unter die Bäume trat. Schweigend sah er Kahlan beim Zurechtrücken der Schultern ihres Kleides zu.
    Das lange Eingepacktsein in ihrem Rucksack hatte dem Kleid offenbar nicht geschadet. Der fast weiße, samtigglatte Stoff schimmerte im gespenstischen Licht des aufgewühlten Wolkenhimmels. Die fließenden Linien mit dem schlichten, rechteckigen Halsausschnitt wiesen weder Spitzen noch Rüschen noch sonst etwas auf, das von seiner schlichten Eleganz abgelenkt hätte. Sie in diesem Kleid zu sehen verschlug ihm nach wie vor den Atem.
    Auf Caras Pfeifen hin spähte sie zwischen den Bäumen hindurch. Das Warnsignal, das Richard der Mord-Sith beigebracht hatte, entsprach dem klagenden, hellen, klaren Pfiff des gemeinen Fliegenjägers, allerdings war ihr dieser Umstand nicht bewußt. Sie hatte sich zunächst geweigert, den Pfiff eines so harmlosen Vogels zu erlernen, bis Richard zum Schein nachgegeben und ihr weisgemacht hatte, der Pfiff stamme von dem kleinen gefährlichen Föhrenhabicht. Zufrieden, ihren Willen durchgesetzt zu haben, hatte sie schließlich nachgegeben und den einfachen Pfiff bereitwillig geübt. Bis zu diesem Tag hatte er ihr verschwiegen, daß es diesen kleinen Föhrenhabicht gar nicht gab - und daß Habichte ohnehin nicht solche Pfiffe von sich gaben.
    Draußen, jenseits des schützenden Dickichts, bewachte die dunkle Silhouette der Statue jenen Teil des Passes, auf den seit Tausenden von Jahren kein Mensch mehr seinen Fuß gesetzt hatte. Die Frage, warum die Menschen damals vor so langer Zeit auf einem Paß, den voraussichtlich nie wieder jemand benutzen würde, eine Statue errichtet hatten, ließ Richard nicht mehr los. Er dachte über diese urzeitliche Gesellschaft nach, die sie dort errichtet hatte, und welche Überlegung diese Leute dazu gebracht haben konnte, Menschen nur wegen des Verbrechens, von der Gabe völlig unbeleckt zu sein, hinter diesen Paß zu sperren.
    »Warte, halt still.« Er bürstete ihr ein paar Föhrennadeln von der Rückseite ihres Ärmels. »Laß dich anschauen.«
    Kahlan drehte sich um, die Arme locker an den Seiten, während er den Stoff an ihren Oberarmen glatt strich. Ihre furchtlosen grünen Augen - unter Brauen, die an die elegant geschwungenen Flügel eines Raubvogels im Flug erinnerten - begegneten seinem Blick. Seit ihrer ersten Begegnung schienen ihre Züge noch edler geworden zu sein; ihr gesamtes Äußeres, ihre Körperhaltung, ihre Art ihn anzusehen, so als könnte sie auf den Grund seiner Seele blicken, rührte ihn zutiefst. Aus ihren Augen sprach deutlich jene Intelligenz, die ihn gleich vom ersten Augenblick an für sie eingenommen hatte.
    »Warum siehst du mich so an?«
    Trotz allem vermochte er sein Lächeln nicht zu unterdrücken. »So wie du dastehst, in diesem Kleid, mit deinem wunderschönen langen Haar, im Hintergrund die grünen Bäume … ich mußte plötzlich daran denken, wie wir uns zum ersten Mal begegnet sind.«
    In ihren strahlenden, bezaubernden Augen blitzte jenes ganz besondere Lächeln, das sie sich nur für ihn aufsparte. Sie verschränkte ihre Hände hinter seinem Kopf, zog ihn zu sich heran und gab ihm einen Kuß.
    Wie stets, zog ihr Kuß ihn so sehr in ihren Bann, daß er vor Verlangen nach ihr fast verging und alles rings um sich her vergaß. Sie ließ sich in seine Arme gleiten. In diesem Augenblick gab es weder die Imperiale Ordnung noch Bandakar oder das d’Haranische Reich, kein Schwert der Wahrheit, keine Chimären, keine Gabe, die im Begriff war, ihre Macht gegen ihn zu kehren, keine Riesenkrähen, keinen Jagang, keinen Nicholas und keine Schwestern der Finsternis. Ihr Kuß ließ ihn alles außer ihr vergessen; in diesem Augenblick existierten nur sie beide. Kahlan war die Erfüllung seines Lebens und ihr Kuß eine Bekräftigung dieses Bundes.
    Sie löste sich von ihm und sah ihm in die Augen. »Mir scheint, als hättest du seit jenem Tag nur Ärger gehabt.«
    Richard schmunzelte. »An dem Tag hat mein Leben überhaupt erst angefangen. Erst nachdem ich dir begegnet war, war mir klar, was ich im Leben wollte.«
    Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und küßte sie erneut.
    »Seid ihr zwei endlich so weit?«, rief Jennsen den Hang hinunter. »Sie werden gleich hier sein. Habt ihr Caras Pfeifen nicht gehört?«
    »Doch, haben wir«, rief Kahlan zu Jennsen hinauf. »Wir sind gleich da.«
    Sie drehte sich um und musterte ihn lächelnd von Kopf

Weitere Kostenlose Bücher