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Das Reich des dunklen Herrschers - 8

Das Reich des dunklen Herrschers - 8

Titel: Das Reich des dunklen Herrschers - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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Glaubensgebäude.
    Kaja-Rang mag einen Zusammenhang gesehen haben zwischen ihrer völligen Unbeflecktheit von der Gabe und ihrer Unfähigkeit, Magie wahrzunehmen, was er aber fürchtete, war, daß sie mit ihren Vorstellungen andere infizieren könnten. Denken erfordert Mühe; diese Leute jedoch hatten einen Glauben zu bieten, der von den Menschen keinerlei Überlegung, sondern lediglich das Nachbeten weihevoll klingender Phrasen verlangte.
    Kaja-Rang erkannte diesen Glauben als das, was er war: eine freiwillige Hingabe an den Tod statt an das Leben. Der Rückschritt von wahrer Erleuchtung zur Illusion von Erkenntnis erzeugte ein heilloses Durcheinander, wurde zu einer Bedrohung für die gesamte Alte Welt und beschwor das Gespenst eines Rückfalls in die Unwissenheit herauf.«
    Richard tippte mit dem Finger auf den oberen Rand der Felsleiste. »Hier oben, rings um den Sockel, gibt es eine weitere Inschrift, die diesen Schuß zuläßt und andeutet, wie man des Problems schließlich Herr wurde: Kaja-Rang ließ sämtliche Anhänger dieses Glaubens -nicht nur alle von der Gabe völlig Unbefleckten, die bereits aus der Neuen Welt verbannt worden waren, sondern auch die fanatischen Eiferer, die ihrer wahnhaften Ideologie erlegen waren - zusammentreiben und schickte sie samt und sonders ins Exil. Die Menschen in der Alten Welt fühlten sich diesem großartigen Mann so sehr zu Dank verpflichtet, daß sie ihm zu Ehren dieses Monument errichteten - als Dank für alles, was er getan hatte, um sie vor einem Glauben zu beschützen; der, davon waren sie überzeugt, eines Tages ihr ganzes Gemeinwesen gefährdet hätte. Und diese Gefahr war keineswegs von der Hand zu weisen.
    Selbst im Tod wacht Kaja-Rang noch über diese Grenze, und nun hat er mir, aus der Welt der Toten, eine Warnung zukommen lassen, daß die Sperre durchbrochen worden ist.«
    Richard wartete in der spannungsgeladenen Stille, bis die Augen aller Männer wieder auf ihn gerichtet waren, ehe er seinen Vortrag mit ruhiger Stimme beendete.
    »Kaja-Rang hat eure Vorfahren nicht nur deswegen verbannt, weil sie keine Magie wahrzunehmen vermochten, sondern auch und vor allem, weil sie unfähig waren, das Böse zu erkennen.«
    Die Männer, nervös und zutiefst beunruhigt, sahen sich nach ihren Gefährten um. »Aber was Ihr das Böse nennt ist nichts weiter als Ausdruck einer inneren Qual«, wandte einer ein; es klang jedoch eher nach einer Ausflucht, denn nach einem echten Argument.
    »Er hat recht«, klärte ein anderer Richard auf. »Jemanden für böse zu erklären, das ist doch nichts als Voreingenommenheit. Man setzt jemanden herab, der sich ohnehin bereits wegen einer Sache grämt. Solchen Menschen muß man mit Offenheit begegnen und sie lehren, ihre Furcht vor den Mitmenschen abzulegen, dann werden sie bestimmt nicht auf den Abweg der Gewalt geraten.«
    Richard ließ den Blick über die ihm entgegenblickenden Gesichter schweifen. Er deutete hinauf zur Statue.
    »Kaja-Rang fürchtete euch, weil ihr für jeden eine Gefahr darstellt -und zwar nicht deswegen, weil ihr nicht mit der Gabe gesegnet seid, sondern weil ihr mit euren Lehren dem Bösen Vorschub leistet. Dadurch, durch euer Bestreben, stets freundlich, uneigennützig und unvoreingenommen zu bleiben, gebt ihr dem Bösen eine Macht, die es sonst niemals besäße. Mit eurer Weigerung, das Böse zu erkennen, öffnet ihr ihm Tür und Tor. Ihr laßt zu, daß es existiert, und gebt ihm Macht über euch. Ihr, als Volk, habt den Tod mit offenen Armen willkommen geheißen und es versäumt, ihm eine Abfuhr zu erteilen. Euer Reich ist dem Schatten des Bösen hilflos ausgeliefert.«
    Nach einem Augenblick bedrückten Schweigens ergriff schließlich einer der Älteren das Wort. »Dieser Glaube an das Böse, wie Ihr es nennt, ist eine sehr intolerante Haltung und eine zu vereinfachende Sichtweise, denn letztendlich bedeutet er nichts anderes als eine unaufrichtige Verdammung Eurer Mitmenschen. Keiner, nicht einmal Ihr, darf sich erlauben, einen anderen Menschen zu verurteilen.«
    Kahlan wußte, daß Richard zwar über ein großes Maß an Geduld verfügte, seine Langmut dagegen wenig ausgeprägt war. Er hatte diesen Männern gegenüber große Geduld bewiesen; doch jetzt sah sie, daß er mit seiner Nachsicht am Ende war. Fast erwartete sie, er werde sein Schwert ziehen.
    Er trat mitten unter die Männer, einzelne im Vorübergehen mit seinem Raubtierblick zur Seite scheuchend. »Ihr dünkt euch selbst erleuchtet, glaubt, über

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