Das Reich des dunklen Herrschers - 8
Anson erkennen. In ihren Augen waren sie bloß zwei weitere Feldarbeiter.
Beim Gehen zog Richard die Schultern hoch und ließ den Kopf hängen. Die beiden Torposten schenkten ihm keinerlei Beachtung.
Sie hatten die beiden Posten fast schon passiert, da streckte der nähere der beiden plötzlich den Arm vor, packte Anson am Ärmel und riß ihn mit einem Ruck zu sich herum.
»Ich will ein paar Eier«, verlangte der junge Soldat. »Gib mir einige von denen ab, die du eingesammelt hast.«
Anson stand da, die Augen weit aufgerissen, unschlüssig, wie er sich verhalten sollte. Daß man diesen zwei jungen Kerlen erlaubte, ihrer Sache zu dienen, indem sie andere schikanierten, schien absurd. Sofort war Richard an seiner Seite und mischte sich ein, stets darauf bedacht, den Kopf gesenkt zu halten, um den jungen Burschen nicht zu überragen.
»Wir haben keine Eier, Sir. Wir waren Unkraut jäten, in den Bohnenfeldern. Tut mir leid. Wenn Ihr wollt, bringen wir Euch morgen Eier mit.«
Richard hob kurz den Kopf, im selben Augenblick, als der Posten ihm den Handrücken ins Gesicht schlug und ihn glatt rücklings zu Boden streckte. Er riß sich augenblicklich zusammen und unterdrückte seinen Zorn. Statt dessen wischte er sich das Blut vom Mund und beschloß zu bleiben, wo er war.
»Es stimmt, was er sagt«, bestätigte Anson, um die Aufmerksamkeit des Postens auf sich zu lenken. »Wir haben Unkraut in den Bohnen gejätet. Wenn Ihr wollt, bringen wir Euch morgen Eier mit - so viel Ihr wollt.«
Der Posten brummte einen Fluch in ihre Richtung, ehe er, seinen Kameraden im Schlepptau, davonstolzierte. Die beiden hielten auf ein längliches, gedrungenes Gebäude zu, vor dessen niedriger Eingangstür eine Fackel an einem Pfahl festgebunden war. Im flackernden Schein der Fackel konnte Richard den Zweck des Bauwerks nicht erkennen, es schien jedoch eine Art Langhaus zu sein, teilweise in die Erde eingegraben, so daß sich die Traufe ungefähr in Augenhöhe befand. Als die beiden Soldaten in sicherer Entfernung waren, reichte Anson Richard die Hand, um ihm aufzuhelfen. Richard hatte den Schlag gar nicht als übermäßig hart empfunden, trotzdem drehte sich ihm der Kopf.
Kaum hatten sie sich wieder in Bewegung gesetzt, da tauchten in Türöffnungen und hinter dunklen Ecken Gesichter auf, die sie verstohlen beobachteten. Blickte Richard in ihre Richtung, wurden sie sofort zurückgezogen.
»Sie wissen, daß Ihr nicht von hier seid«, raunte Anson ihm zu.
Richard mochte nicht darauf vertrauen, daß keiner dieser Leute die Posten alarmierte. »Wir sollten uns beeilen und uns holen, weswegen wir hergekommen sind.«
Anson nickte und führte Richard hastig eine schmale Straße entlang, die dem Anschein nach auf beiden Seiten von eng beieinander stehenden Häusern, eigentlich eher Hütten, gesäumt war. Die Fackel vor dem länglichen Gebäude, in dem die Soldaten verschwunden waren, warf nur ein spärliches Licht in diese Straße. Soweit Richard es im Dunkeln erkennen konnte, machte der Ort - eigentlich eher eine Siedlung als eine richtige Ortschaft - einen schäbigen Eindruck. Viele Gebäude schienen Behausungen für Vieh und nicht für Menschen zu sein. Nur selten fiel ein Lichtschein aus den gedrungenen Häusern nach draußen, und die Lichter, die er sah, schienen eher von Kerzen denn von Lampen zu stammen.
Am Ende der Straße traten Richard und Anson durch eine kleine Seitentür in ein größeres Gebäude. Die Kühe drinnen protestierten laut muhend gegen die Störung. Schafe raschelten aufgeschreckt in ihren Verschlägen, ein paar Ziegen, in anderen Ställen, meckerten nervös. Richard und Anson warteten ab, bis die Tiere sich wieder beruhigt hatten, dann begaben sie sich quer durch die Scheune zu einer seitlich stehenden Leiter. Richard folgte Anson, als dieser mit schnellen Bewegungen auf einen kleinen Heuboden kletterte.
An der Rückwand des Heubodens langte Anson über einen Dachsparren und tastete sich bis zu der Stelle vor, wo dieser, hinter einer Querstrebe, in die Wand eingelassen war. »Hier ist es«, sagte er und verzog das Gesicht, während er mit gestrecktem Arm in das Versteck hineinlangte.
Er brachte ein kleines, rechteckiges Fläschchen zum Vorschein, das er Richard in die Hand drückte. »Dies ist das Gegenmittel. Trinkt es rasch aus, und dann laßt uns von hier verschwinden.«
Mit einem Knall flog die große Tür auf. Obwohl draußen völlige Dunkelheit herrschte, spendete die am Ende der Straße angebrachte
Weitere Kostenlose Bücher