Das Reich des dunklen Herrschers - 8
seinen Besucher überschwenglich gestikulierend und sprach dabei von Dingen, von denen allein er Kenntnis hatte. »Ich beobachte sie. Ich habe sie des Nachts beieinander liegen sehen, die Mutter Konfessor zärtlich den Arm um ihren Gemahl gelegt, seinen Kopf an ihrer Schulter, um seine entsetzlichen Schmerzen zu lindern. Ein rührender Anblick, in der Tat.«
»Seine Schmerzen?«
»Richtig, seine Schmerzen. Zur Zeit sind sie in Northwick, einer Ortschaft unweit nördlich von hier. Sobald sie dort fertig sind, sofern sie ihren Aufenthalt dort überleben, werden sie sich auf den Weg hierher machen, zu mir.«
Jagang, im Körper des Soldaten, blickte um sich und erfaßte die Körper der erst vor kurzem Verstorbenen, die an der Wand lehnten, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder Nicholas zuwandte.
»Ich fragte, woher Ihr die Gewißheit nehmt?«
Nicholas sah über seine Schulter und bedachte den Kaiser mit einem selbstgefälligen Blick. »Nun, seht Ihr, diese Narren hier - die Säulen der Schöpfung, die Euch so faszinieren - haben den bedauernswerten Lord Rahl vergiftet. Und zwar deshalb, weil sie sich dadurch seiner Hilfe bei der Befreiung von uns vergewissern wollten.«
»Ihn vergiftet? Seid Ihr sicher?«
Der interessierte Unterton in der Stimme des Kaisers entlockte Nicholas ein Lächeln. »Oh ja, vollkommen sicher. Der beklagenswerte Bursche leidet derzeit fürchterliche Schmerzen. Er benötigt unbedingt ein Gegenmittel.«
»Demnach wird er alles daransetzen, sich dieses Gegenmittel zu beschaffen. Richard Rahl ist ein Mann von außerordentlicher Findigkeit.«
Nicholas verschränkte die Arme. »Er mag findig sein, im Augenblick jedoch steckt er bis zum Hals in Schwierigkeiten. Seht Ihr, er benötigt zwei weitere Dosen dieses Gegenmittels. Eine davon befindet sich in Northwick; deswegen hat er sich dorthin begeben.«
»Ihr wärt überrascht, zu erfahren, zu was dieser Mann imstande ist.« Der angriffslustige Ärger in der Stimme des Kaisers war nicht zu überhören. »Es wäre überaus töricht von Euch, diesen Mann zu unterschätzen, Nicholas.«
»Oh, ich unterschätze niemals jemanden, Exzellenz.« Nicholas bedachte den Kaiser, der ihn aus den Augen eines anderen betrachtete, mit einem hintergründigen Lächeln. »Seht Ihr, ich bin einigermaßen sicher, daß dieser Richard Rahl sich das Gegenmittel in Northwick beschaffen wird. Tatsachlich rechne ich sogar fest damit. Wir werden sehen. Als ihr hereinkamt, war ich gerade dabei, ihn zu beobachten, um zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln. Das habt Ihr nun vereitelt.
Doch selbst wenn er sich das Gegenmittel in Northwick besorgt, wird er sich nach wie vor auch die letzte Dosis beschaffen müssen. Das Mittel aus Northwick allein wird nicht ausreichen, um sein Leben zu retten.«
»Und wo befindet sich diese letzte Dosis des Gegenmittels?«
Nicholas langte in eine seiner Taschen und ließ den Kaiser das rechteckige Fläschchen sehen, gepaart mit einem selbstgefälligen Lächeln.
»Das befindet sich in meinem Besitz.«
Der Mann, in dessen Körper der Kaiser steckte, lächelte. »Er könnte kommen und es euch wegzunehmen versuchen, Nicholas. Oder er läßt sich von irgend jemandem ein anderes Gegenmittel zusammenmischen, damit er sich gar nicht erst die Mühe machen muß, hierher zu kommen.«
»Nun, das denke ich nicht. Seht Ihr, Euer Exzellenz, bei allem, was ich tue, gehe ich überaus gründlich vor. Schon das Gift, das Lord Rahl verabreicht wurde, war eine komplexe, aus zahlreichen Ingredienzien zusammengesetzte Substanz, das Gegenmittel aber ist noch weitaus komplizierter. Das weiß ich, weil ich den Mann, der fähig war, es herzustellen, habe foltern lassen, bis er mir seine Zusammensetzung - bis ins letzte geheime Detail - verraten hat. Es enthält eine ganze Liste von Dingen, an die ich mich nicht einmal ansatzweise zu erinnern vermag.
Selbstverständlich habe ich den Mann beseitigen lassen. Der Scherge, der das Geständnis, die Liste mit Inhaltsstoffen, aus ihm herausgefoltert hat, wurde ebenfalls liqidiert. Ihr seht also, Euer Exzellenz, es gibt niemanden mehr, der Lord Rahl das Gegenmittel herstellen könnte.« Er faßte das Fläschchen an seinem Hals und ließ es vor den Augen des Soldaten hin und her pendeln. »Dies hier ist die letzte existierende Dosis, die letzte Chance Lord Rahls, zu überleben.«
Jagang betrachtete das Fläschchen, das Nicholas vor seinem Gesicht schwingen ließ, mit den Augen des jungen Soldaten. Aus seinem Gesicht war jeder
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