Das Reich des dunklen Herrschers - 8
der Neuen Welt trieben sämtliche nicht mit der Gabe gesegneten Nachkommen des Hauses Rahl sowie deren Nachkommen zusammen und schickten sie geschlossen durch die Große Barriere in die Alte Welt, deren Bewohner erklärt hatten, sie wollten eine Menschheit frei von jeglicher Magie.«
Die Ironie der Geschichte ließ Richard trotz aller Schrecklichkeit schmunzeln. »Im Wesentlichen gaben sie ihren Feinden damit, was sie angeblich wollten und wofür sie gekämpft hatten: eine Menschheit bar jeder Magie.«
Sein Lächeln erlosch. »Kannst du dir vorstellen, wir müßten über Jennsens Verbannung in eine furchterregende, unbekannte Welt entscheiden, nur weil sie unfähig ist, Magie wahrzunehmen?«
Kahlan versuchte, sich in die Situation zu versetzen, und schüttelte den Kopf. »Welch grauenhafte Vorstellung, entwurzelt und einfach fortgejagt zu werden, obendrein noch zu den Feinden des eigenen Volkes.«
Richard ritt eine Zeit lang schweigend weiter, ehe er schließlich mit der Geschichte fortfuhr. »Für die Verbannten bedeutete dies ein grauenhaftes Erlebnis, aber auch für die Zurückgebliebenen war es eine fast unerträglich traumatische Erfahrung. Kannst du dir überhaupt vorstellen, wie das gewesen sein muß: all die Freunde und Verwandten, die plötzlich aus deinem Leben, aus deiner Familie gerissen wurden, der Abbruch von Handelsbeziehungen, die Einbrüche im Auskommen?« Richards Worte waren erfüllt von bitterer Endgültigkeit. »Und das alles nur, weil man einen bestimmten Wesenszug für wichtiger hielt als das menschliche Leben.«
Allein schon das Zuhören hatte für Kahlan etwas unendlich Quälendes. Sie betrachtete Richard, der neben ihr ritt, den Blick gedankenverloren starr nach vorn gerichtet.
»Und was geschah dann?«, fragte sie schließlich. »Hat man je wieder von den Verbannten gehört?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, nicht das Geringste. Sie lebten fortan jenseits der großen Barriere und existierten somit praktisch nicht mehr.«
Kahlan strich über den Hals ihres Pferdes, nur um das tröstliche Gefühl eines lebenden Wesens zu spüren. »Und was geschah mit all denen, die danach geboren wurden?«
Sein Blick war noch immer starr nach vorn gerichtet. »Sie wurden getötet.«
Kahlan schluckte angewidert. »Mir ist unbegreiflich, wie sie zu so etwas fähig sein konnten.«
»Unmittelbar nach der Geburt eines Kindes ließ sich feststellen, ob es mit der Gabe gesegnet war oder nicht. Angeblich war es einfacher, solange die Kinder noch keinen Namen hatten.«
Für einen Moment verschlug es Kahlan die Sprache, ehe sie mit matter Stimme wiederholte: »Es ist mir völlig unbegreiflich.«
»Nichts anderes haben Konfessorinnen nach der Geburt eines männlichen Konfessors getan.«
Seine Bemerkung traf sie ins Mark. Sie erinnerte sich nur äußerst ungern an diese Zeiten, an die Male, da eine Konfessorin ein männliches Kind zur Welt gebracht hatte, das schließlich auf Geheiß der Mutter getötet worden war.
Angeblich hatte es keine andere Möglichkeit gegeben, denn den männlichen Konfessoren der damaligen Zeit war es unmöglich, ihre Kraft zu beherrschen. Sie verwandelten sich in menschliche Ungeheuer, die Kriege vom Zaun brachen und unvorstellbares Leid über die Menschen brachten.
Angeblich hatte es auch in diesen Fällen keine andere Wahl gegeben, als die männlichen Nachkommen einer Konfessorin zu töten, ehe man ihnen einen Namen gab.
Kahlan brachte es nicht über sich, Richard in die Augen zu sehen. Die Hexe Shota hatte ihnen einst geweissagt, sie würden ein männliches Kind bekommen; doch weder Kahlan noch Richard kämen auch nur einen Moment auf den Gedanken, einem Kind etwas anzutun, das aus ihrer Liebe füreinander und für das Leben hervorgegangen war.
»Irgendwann, nachdem dieses Buch geschrieben worden war, änderte sich dann die Situation. Als dieses Buch verfaßt wurde, war der Lord Rahl von D’Hara gewöhnlich verheiratet, und im Allgemeinen erfuhr man, wenn er einen Nachkommen zeugte. War das Kind von der Gabe völlig unbeleckt, wurde seinem Leben so schonend wie möglich ein Ende bereitet.
Irgendwann wurden die herrschenden Zauberer des Hauses Rahl schließlich so wie Darken Rahl - sie nahmen sich jede Frau, die sie begehrten, wann immer ihnen danach zumute war - völlig ungeachtet der möglichen Folgen. Ob ein nicht mit der Gabe geborenes Kind aus einer solchen Verbindung tatsächlich eine Säule der Schöpfung war, verlor für sie jede Bedeutung. Sie töteten einfach
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