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Das Reigate-Rätsel

Das Reigate-Rätsel

Titel: Das Reigate-Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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Gesicht sprach auch deutlich genug von einer Nervenanspannung, die kaum noch zu steigern war. Er sah die Frage in meinen Augen, legte die Fingerspitzen zusammen, die Ellenbogen stützte er auf die Knie und begann so, die Situation zu erklären.
    »Sollte es möglich sein, daß Sie noch niemals von Professor Moriarty gehört haben?«
    »Nein, wirklich niemals.«
    »Ah, er ist ein Genie, ein wirkliches Wunder!« rief er. »Der Mann übt seinen Einfluß auf ganz London aus, und kein Mensch hat je von ihm gehört. Das bringt ihn an die Spitze aller Verbrechen. Ich sage Ihnen, Watson, in allem Ernst sage ich Ihnen, daß der Gipfel meiner Karriere erreicht wäre, wenn ich diesen Mann schlagen und die Menschheit von ihm befreien könnte. Dann könnte ich mich zurückziehen und ein friedliches Leben führen. Ganz unter uns, ich wäre im Grunde jetzt schon imstande, mich zurückzuziehen, meine letzten Aufträge haben mich in diese Position gebracht. Ich konnte der königlichen Familie in Skandinavien meine Hilfe anbieten, und ebenfalls hat die französische Regierung mich mit einigen Aufträgen bedacht. Ich könnte also ein friedliches, ruhiges Leben führen, wie es mir schon immer am besten gefallen hat.
    Dann könnte ich auch endlich meine Chemiestudien fortsetzen. Aber ich kann nicht zur Ruhe kommen. Ich kann nicht friedlich im Sessel sitzen, wenn ich weiß, daß ein Mensch wie Professor Moriarty frei und ungestraft in London lebt. «
    »Was hat er sich denn zuschulden kommen lassen?«
    »Er hat eine ganz ungewöhnliche Karriere hinter sich. Er stammt aus guter Familie und hat eine ausgezeichnete Erziehung genossen, wobei er eine überaus große Fähigkeit für Mathematik an den Tag legt. Mit einundzwanzig Jahren schrieb er einen längeren Aufsatz über das binomenale Theorem, von dem man damals in Fachkreisen ganz Europas sprach. Das half ihm, eine Professur an einer kleineren Universität zu bekommen. Wie es schien, hatte er eine glänzende, steile Karriere vor sich. Aber der Mann hatte ein teuflisches Erbgut in seinen Adern. Der Hang zum Verbrechertum ist ihm angeboren. Statt daß er ihn unterdrückte, wurde er durch seine großen geistigen Fähigkeiten noch verstärkt. So wurde der Mann wirklich gefährlich. Dunkle Gerüchte über ihn geisterten durch die kleine Universitätsstadt. Schließlich sah er sich gezwungen, seine Stellung aufzugeben. Er kam dann nach London, wo er sich als Trainer in der Armee betätigte.
    Das ist alles, was die Öffentlichkeit über ihn weiß. Nun möchte ich Ihnen allerdings noch einiges erzählen, was ich selber herausgefunden habe.
    Wie Sie wissen, Watson, keiner kennt die kriminelle Welt Londons besser als ich. Schon seit Jahren spüre ich, daß hinter vielen Verbrechen eine geheime Macht stecken muß, eine tiefgreifende Organisation, deren Macht ständig die Gerechtigkeit und das Gesetz behindert und die Verbrecher schützt. Das ist mir immer wieder und in den verschiedensten Verbrechenssparten aufgefallen, ob es sich um Fälschungen, Raubzüge, Mord oder andere Delikte handelt, immer habe ich gespürt, daß es eine geheime Macht im Hintergrund gab. Diese Macht habe ich auch bei vielen unaufgeklärten Verbrechen wahrgenommen, in Fällen, mit denen ich persönlich nichts zu tun hatte. Jahrelang habe ich versucht, den Schleier zu zerreißen. Und schließlich kam meine Stunde, in der ich die Spur entdeckte, die ich dann auch verfolgte. Sie führte in die Nähe des Ex-Professors Moriarty, dem gefeierten Mathematiker. Er ist der Napoleon des Verbrechens, Watson. Er ist der Organisator von mindestens der Hälfte allen Bösen, und er steckt hundertprozentig hinter allen Verbrechen, die in dieser großen Stadt unentdeckt bleiben. Er ist ein Genie, ein Philosoph, ein abstrakter Denker. Er hat ein Gehirn erster Güte. Er kann sich bewegungslos verhalten, wie die Spinne in der Mitte ihres dichten Netzes. Aber die Spinne hat ihre Fäden in tausend Richtungen gesponnen, und sie weiß um die Bewegung jedes einzelnen Fadens. Er selbst tut wenig. Er plant nur. Aber er hat ein Heer von Agenten, das straff durchorganisiert ist. Wenn ein Verbrechen auszuführen ist, wenn z. B. ein Dokument zu verschwinden hat, in ein Haus eingebrochen wird, ein Mensch wie vom Erdboden verschluckt wird - egal, was immer es ist, die Nachricht erreicht ihn, und er leitet die Aufträge weiter, daß sie organisiert und ausgeführt werden. Zwar kann ein Agent gefangen werden, aber in jedem Fall ist das Geld da, die Kaution zu

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