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Das Reigate-Rätsel

Das Reigate-Rätsel

Titel: Das Reigate-Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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und Rachel war das erste Drama auf Hurlstone. Aber das zweite folgte und hat uns fast verrückt gemacht. Bevor sich das jedoch abspielte, geschah allerdings noch, daß wir den Butler entlassen mußten. Doch alles der Reihe nach. Ich habe Ihnen erzählt, daß der Mann intelligent ist. Und genau diese Intelligenz war sein Ruin. Er war unersättlich neugierig und steckte seine Nase in Dinge, die ihn nichts angingen. Ich hatte keine Ahnung, wohin ihn diese Neugier noch treiben würde, bis schließlich der Zufall mir die Augen öffnete.
    Ich habe Ihnen berichtet, daß unser Haus alt und umständlich ist. Eines Tages in der letzten Woche, es war am Donnerstag, konnte ich nicht recht einschlafen, weil ich dummerweise eine Tasse starken Kaffee nach dem Dinner getrunke n hatte. Bis zwei Uhr morgens habe ich mich hin-und hergewälzt, aber die Sache war hoffnungslos. Ich stand auf, zündete eine Kerze an und wollte lesen. Nun hatte ich aber mein Buch im Billardzimmer liegengelassen. So zog ich also den Morgenmantel an und ging, es mir zu holen.
    Um ins Billardzimmer zu gelangen, mußte ich die Treppe hinuntergehen und einen Flur überqueren, der in die Bibliothek und in das Waffenzimmer führt. Als ich die Treppe hinunterging, bemerkte ich einen Lichtstrahl, der aus der offenen Bibliothekstür drang. Sie können sich meine Überraschung sicherlich vorstellen, denn ich selbst hatte die Lampe gelöscht und die Tür verschlossen, bevor ich mich ins Bett begeben hatte. Natürlich dachte ich zunächst an Einbrecher. Die Wände der Flure in Hurlstone sind mit vielen Trophäen und Waffen geschmückt.
    So ergriff ich eine alte Kampfaxt, stellte meine Kerze ab und schlich auf Zehenspitzen durch den Flur, bis ich schließlich in der offenen Bibliothekstür stand. Brunton, der Butler, saß in der Bibliothek. Er saß, noch völlig angekleidet, auf einem der Sessel und hatte ein großes Dokument, das wie eine Karte oder ein Plan aussah, auf seinen Knien. Den Kopf stützte er in der Hand, als ob er tief in Gedanken war. Stumm vor Staunen stand ich da. Eine sehr dünne Kerze, die am Ende des Tisches befestigt war, warf ein nur schwaches Licht auf die Szene, die Tatsache jedoch, daß er völlig angekleidet war, war mir nicht entgangen. Als ich noch so dastand und staunte, erhob er sich plötzlich aus dem Lehnstuhl, ging zu der Kommode hinüber, die an der Seite stand, schloß sie auf und zog eine Schublade heraus. Er entnahm ein Dokument und ging damit zu seinem Platz zurück. Nun breitete er das Dokument neben der dünnen Kerze am Ende des Tisches aus und vertiefte sich ernsthaft in die Lektüre. Sie können sich wohl meinen Arger vorstellen, wie ich ihn da so ungeniert unsere Familienpapiere studieren sah. Der Zorn überkam mich, und ich machte einen Schritt ins Zimmer hinein. Brunton sah auf und entdeckte mich in der Nähe der Tür. Er sprang auf. Sein Gesicht wurde blau vor Angst. Das lageplanähnliche Papier, über das er sich eben noch gebeugt hatte, verkrampfte sich unter seinen Händen vor der Brust.
    >Aha<, sagte ich, >so gehen Sie also mit dem Vertrauen um, das meine Familie Ihnen entgegenbringt! Sie sind entlassen!<
    Mit dem Blick eines total niedergeschmetterten Menschen verbeugte er sich und ging ohne ein weiteres Wort hinaus. Die Kerze war immer noch auf dem Tisch. Beim Schein dieser Kerze sah ich mir das Dokument an, das Brunton aus der Kommode genommen hatte. Zu meiner großen Überraschung handelte es sich um gar kein wichtiges Papier. Es war nur die Kopie eines Frage-und Antwortspieles, das wir das Musgrave-Ritual nennen. Es gehört zu einem zeremoniellen Akt in unserer Fa milie. jedes männliche Mitglied der Familie muß sich ihm unterziehen, sobald er ins Mannesalter kommt. Die ganze Angelegenheit ist völlig privater Natur. Vielleicht interessieren sich eines Tages Archäologen dafür. Aber irgendeinen praktischen Wert hat es ganz sicherlich nicht.
    >Auf dieses Dokument können wir später noch zurückkommen<, sagte ich.
    >Meinen Sie, daß das notwendig ist?< fragte er zögernd. Nun, ich werde jetzt erst mit meinem Bericht fortfahren. Ich verschloß das Dokument wieder in der Kommode und benutzte den Schlüssel, den Brunton hatte liegen lassen. Dann wollte ich gehen. Plötzlich aber stand zu meiner Überraschung Brunton vor mir.
    >Mr. Musgrave, Sir<, rief er mit einer Stimme, die heiser vor Erregung war. >Ich kann diese Degradierung nicht ertragen. Ich bin immer ein stolzer Mann gewesen, viel stolzer, als es in meiner

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