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Das Reigate-Rätsel

Das Reigate-Rätsel

Titel: Das Reigate-Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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seinem Zimmer knöcheltief durch Gratulationsbriefe watete, befand er sich selber in tiefster, schwärzester Depression. Nicht einmal das Wissen um die Tatsache, daß ihm Erfolg beschieden war, wo die Polizei dreie r Länder versagt hatte - er hatte den größten europäischen Schwindler ausgetrickst-, konnte ihn aufheitern.
    Er war mit den Nerven am Ende. Er lag gewissermaßen flach am Boden. Drei Tage später waren wir wieder zusammen in der Baker Street, mein Freund jedoch benötigte dringend Urlaub und Entspannung. Mir persönlich erscheint der Gedanke an eine Woche auf dem Lande, zumal im Frühling, immer sehr attraktiv. Mein alter Freund, Colonel Hayter, den ich damals in Afghanistan medizinisch versorgt hatte und der sic h nun in dem Städtchen Reigate in Surrey niedergelassen hatte, hatte mich schon des öfteren eingeladen, einmal ein paar Urlaubstage bei ihm zu verbringen. Bei der letzten Einladung hatte er dazugeschrieben, daß ich meinen Freund ruhig mitbringen dürfe, da ich ja ohne ihn sowieso nirgends hinreiste, Sherlock Holmes, mein Freund, sei ihm herzlich willkommen. Ich mußte schon etwas Diplomatie aufwenden, um Holmes zu dieser Reise zu bewegen. Aber als er begriff, daß Colonel Hayter einen Junggesellenhaushalt führte und daß wir wirklich volle Freiheit hatten, zu tun und zu lassen, was immer wir wollten, da stimmte er schließlich meinem Plan zu. So kam es, daß wir uns eine Woche nach seiner Rückkehr aus Lyon unter dem Dach des Colonels befanden.
    Hayter war ein freundlicher alter Soldat, der viel von der Welt gesehen hat. Ich fand bald heraus, daß meine heimlich gehegte Vermutung sich bestätigte, daß nämlich Holmes und der Colonel viele gemeinsame Interessen hatten.
    Am Abend nach unserer Ankunft saßen wir nach dem Dinner im Waffenzimmer des Colonels zusammen. Holmes hatte sich auf dem Sofa ausgestreckt, während Hayter und ich seine kleine Sammlung östlicher Waffen betrachteten.
    »Übrigens«, sagte er plötzlich, »ich werde mir eine dieser Waffen mit in mein Schlafzimmer nehmen für den Fall, daß es hier einen Überfall geben sollte.«
    »Überfall?« fragte ich erstaunt.
    »Ja, in diesem Teil unseres Landes war es in letzter Zeit ein bißchen unruhig. Acton, einer unserer Gutsbesitzer, hatte erst am letzten Montag einen Einbruch in seinem Haus. Kein großer Schaden, aber die Kerle sind noch auf freiem Fuß. «
    »Keine Hinweise?« fragte Holmes und sah den Colonel an. »Bisher keine. Aber es handelt sich auch um eine dieser kleinen Affären, ein kleines Verbrechen in der Grafschaft, viel zu klein, Mr.
    Holmes, um von Ihnen beachtet zu werden, nachdem Sie so große internationale Affären mit Erfolg abgeschlossen haben. «
    Holmes fegte das Kompliment mit der Hand fort, obgleich ein kleines Lächeln anzeigte, daß es ihn doch gefreut hatte. »Gab es irgendwelche interessanten Züge bei der Sache?« »Ich fürchte, nein. Die Diebe haben die Bibliothek durchsucht, aber für ihre Mühe eigentlich herzlich wenig mitgenommen. Zwar ist das ganze Zimmer durchwühlt worden, das Unterste nach oben gekehrt, Schubladen herausgerissen und Schränke aufgebrochen, trotzdem fehlten nur ein Band von Popes
    >Homer<, zwei versilberte Leuchter, ein Briefbeschwerer aus Elfenbein, ein kleines eichenes Barometer und ein kleines Knäuel Bindfaden.«
    »Eine seltsame Mischung von Diebesgut!« rief ich aus.
    »Oh, die Kerle haben sich eben gegriffen, was ihnen in den Weg kam«, sagte er.
    Holmes grunzte vom Sofa her: »Die Grafschaftspolizei sollte da doch eigentlich etwas machen können, es ist doch ganz klar, daß...«
    Aber ich hielt warnend meinen Finger hoch.
    »Sie sind hier, um sich auszuruhen, mein lieber Freund. So fangen Sie um Himmels willen nicht an, Probleme aufzugreifen, solange Ihre Nerven noch nicht wiederhergestellt sind.«
    Mit einem Ausdruck komischer Resignation zuckte Holmes mit den Schultern. Der Colonel und ich sprachen von nun an über weniger gefährliche Themen. Am nächsten Morgen war ich jedoch zur Resignation verurteilt. All meine medizinische Umsicht war umsonst gewesen, denn das Problem präsentierte sich am Morgen auf eine Weise, daß es für uns unmöglich zu übersehen war. Unser Landaufenthalt verlief durchaus anders, als ich mir vorgestellt und gewünscht hatte.
    Wir saßen beim Frühstück, als der Butler des Colonels zum Zimmer hineingestürzt kam. All seine Würde schien aus ihm herausgeschüttelt zu sein.
    »Haben Sie die Nachricht gehört, Sir?« rief er, schwer

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